Hilferuf aus dem Bunker: Bielefelder Kult-Veranstaltungsort kämpft ums Überleben

Bielefeld. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bunker Ulmenwall Alarm schlägt und um seine Existenz bangen muss. Immer wieder gerät der einst weltberühmte Jazzkeller an der Kreuzstraße in den Fokus der Öffentlichkeit. Aber dieses Mal ist es noch ernster: Der Bunker Ulmenwall hat Anfang des Monats eine Startnext-Kampagne gestartet, um 25.000 Euro akquirieren zu können, die der Club als Konzertort dringend benötigt. Eine &bdquo;Friss-oder-stirb-Kampagne, wenn’s nicht klappt, dann war’s das!“ Nun hat vor wenigen Tagen die Musikerin Mina Richman bei der &bdquo;Abmoderation“ ihres Release-Konzerts im Forum die beruhigende Kunde überbracht, dass dieses erste Crowdfunding-Ziel erreicht ist. Der Bunker kann sich über Wasser halten – vorerst. Gefühlt schon immer hing der Bunker am Tropf öffentlicher Gelder. Als soziokulturelle Einrichtung mit pädagogischem Auftrag ist das nichts Außergewöhnliches. Diese öffentlichen Gelder versiegen zunehmend, auf kommunaler Ebene (der Bunker wird aus dem Topf des Jugendamtes unterstützt) ist die Situation für das laufende Jahr noch gesichert. Förderzuschüsse auf Landes- und Bundesebene werden aber drastisch eingedampft, das weiß Frieda Wieczorek, Geschäftsführerin des Bunkers allzu gut. Nach der Kommunalwahl könnte es noch schlimmer kommen Sie, die einen beachtlichen Teil ihres Arbeitstages damit verbringt, Förderanträge auszufüllen um, wie sie sagt, &bdquo;Brände zu löschen“, hat sich gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen Merle Meuleneers und Anna Kaufmann sowie mit dem gesamten Vorstand des Vereins dazu entschlossen, den Weg über die Internet-Plattform &bdquo;Startnext“ zu gehen. Auch weil zu befürchten sei, dass es, so Wieczorek, nach den Kommunalwahlen Mitte September noch schlimmer werde. Frieda Wieczorek erklärt: &bdquo;Das System Bunker steht auf zwei Beinen, zum einen die musikalische Ausbildung und Förderung junger Menschen, zum anderen der Konzertbetrieb und wenn dieses Bein nun wegfällt . . .“ – auf einem Bein kann man nicht stehen. &bdquo;Hier ist alles auf Kante genäht“, ergänzt die Geschäftsführerin, &bdquo;Und das machen alle anderen Kultureinrichtungen auch so“. Es werde an den entsprechenden Stellen auch nicht über Kürzungen gesprochen, sondern über Umstrukturierungsmaßnahmen. Das meint aber das Gleiche. Betroffen seien hier nicht nur die freien Kultureinrichtungen wie in Bielefeld das Alarmtheater, Tor 6 oder die Theaterwerkstatt Bethel, auch das Stadttheater und die Bielefelder Philharmoniker müssten wohl den Gürtel deutlich enger schnallen. Misswirtschaft und fehlendes Engagement kann man dem Bunkerteam wahrlich nicht vorwerfen. So greift auch die Chefin mal zum Wischmopp, feudelt den Jazzkeller aus und merkt dabei an: &bdquo;Es ist noch kein Totentanz, aber wir röcheln gewaltig“. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Bunker Ulmenwall e.V. (@bunkerulmenwall) Konzeptionell wird bereits der Rotstift angesetzt Konzeptionell wird der Rotstift angesetzt: Die Reihe &bdquo;Curtain Concerts“ mit einem Überraschungsmusiker (oder Band) hinter dem Vorhang, wird begraben und findet am Mittwoch, 23. April, zum letzten Mal statt. Auch die Tage des &bdquo;Electric Ulmenwall“ sind gezählt. &bdquo;Wir wollen nun vermehrt die Marke ,Bunker’ nach draußen bringen, sublokal bis in die Stadtteile“, sagt die 2. Vorsitzende des Bunker-Vereins mit 320 Mitgliedern, Merle Meuleneers, und der Anfang sei gemacht. Vertiefte Kooperationen mit der Uni und der Musik- und Kunstschule sollen dabei helfen. Der Bunker Ulmenwall hat sich längst von einem reinen Spielort für Jazz für nahezu alle Spielrichtungen der Musik gewandelt – nicht nur zum Wohlwollen einiger Vereinsmitglieder. Bereits in den 90er Jahren öffnete die Kellertür für lokale Kellerbands, die vornehmlich hart in die Gitarrensaiten griffen und beherzt ihre Schlagzeugfelle malträtierten. Formate wie &bdquo;Zeitgeisty“ (eine revue-ähnliche Rolle rückwärts in vergangene Jahrzehnte), der &bdquo;Highlander-Slam“ (das erste Slam-Format in Ostwestfalen), &bdquo;Queer up your life“ oder die Open-Air-Formate &bdquo;Bunker unter Ulmen“ und die, vom Bunker initiierten und sehr beliebten Sonnenaufgangskonzerte klingen &bdquo;catchy“, sind &bdquo;Up to date“ und ziehen auch heute Nicht-Jazzer in den Club und an die frische Luft. &bdquo;Wir haben aber noch sieben bis acht Jazzkonzerte im Monat“, rechnet Wieczorek vor. Diese seien aber alle defizitär. &bdquo;Wir können nicht einfach die Eintrittspreise erhöhen, so wie es andere tun, sondern wollen möglichst niedrigschwellig bleiben“. Wirtschaften also zwischen Baum und Borke und das vor dem Hintergrund, dass Energie- und Allgemeinkosten steigen und Corona-Förderungen zurückgezahlt werden müssen. Die Shirts mit der Aufschrift &bdquo;Es wird besser“ sind vergriffen Dem wollen, dem müssen die Bunkerleute nun was entgegensetzen. Die Startnext-Kampagne soll dabei helfen. Die 25.000 Euro als erreichtes Stratnext-Ziel sichern die Existenz des Bunker Ulmenwall – vorerst. Weit über 500 Unterstützerinnen und Unterstützer haben ihr Erspartes in den Hut geworfen. Für kleines Geld (zehn Euro) kann man auf weiterhin auf https://www.startnext.com/bunker-retten eine Grußkarte kaufen, für etwas mehr (1.000 Euro) einen professionellen Song aufnehmen und für 1.500 Euro eine Privatparty im Jazzkeller veranstalten. Aber auch Retter-Hoodies (50 Euro), das Bunker-Kompendium &bdquo;These walls are soaked with music“ (50 Euro) oder Soli-Beutel (30 Euro) können auf dieser Plattform für eine gute Sache den Besitzer wechseln. Die T-Shirts mit der knallroten Aufschrift &bdquo;Es wird besser“ sind bereits ausverkauft. Merle Meuleneers produziert diese Shirts selbst und kommt aktuell mit der Produktion nicht nach. Die Kampagne läuft bis 18. Mai, dann zeigt sich, ob wirklich alles besser wird. Das zweite Ziel ist anvisiert, next Level: 37.700 Euro. Frieda Wieczorek im Überschwang der Glücksgefühle: &bdquo;Im nächsten Schritt wollen wir den Leuten da draußen per Video zeigen, was wir alles mit der Kohle machen werden“.

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