Warum Bielefelds Kultläden schließen

Bielefeld. Die Bäckerei Kisker in Senne, Papier-Bröker in Brackwede, die Schwanen-Apotheke in Senne oder das Juweliergeschäft Plettenberg in der Innenstadt – viele bekannte Geschäfte haben in den Stadtbezirken und in der City im Jahr 2024 geschlossen. Die Gründe sind vielfältig: Oft wurden keine Nachfolger oder überhaupt Personal gefunden, explodierte Energie- und Rohstoffpreise, wachsende Konkurrenz aus dem Onlinehandel oder das Ausbreiten der großen Filialketten. Das freundliche &bdquo;Guten Morgen“ an der Ladentür, das Gespräch mit der teilweise seit der Kindheit vertrauten Verkäuferin – all das wird immer seltener. &bdquo;Als Kind morgens in die alte Backstube zu kommen (50 Jahre ist das her) und frische Brötchen zu holen, war immer eine schöne Erinnerung. Ebenso wie die Kojak-Cola-Lollis, die Oma Alma verkauft hat oder nach dem Bolzen im Wäldchen einen Trüffel zu essen – Danke für die vielen schönen Jahre und vielen Erinnerungen an den besten Apfelkuchen aus ganz Bielefeld. Alles Gute“, kommentierte Leser &bdquo;diggerpader“ das Aus der Bäckerei Kisker hier auf nw.de. Lesen Sie dazu: Das Aus für Bielefelder Familienbetrieb: Bäckerei schließt an Heiligabend für immer Den Tante-Emma-Laden gibt es nicht mehr Gerade in der Weihnachtszeit beim Besuch der Eltern in der Heimatstadt sind viele Menschen durch die Orte ihrer Kindheit gestreift, konnten sich noch genau daran erinnern, welcher Laden an welcher Ecke war oder in welchem Tante-Emma-Laden die Süßigkeiten nach der Schule gekauft wurden. Alles verbunden mit viel Wehmut, denn die Läden gibt es schon längst nicht mehr.Doch warum? Spätestens mit der Corona-Pandemie kippte das gute Geschäftsklima, 2022 war ein Tiefpunkt erreicht. &bdquo;Wir haben sehr viel Geld verloren“, erinnert sich Roland Kisker. Er investierte sein Privatvermögen, um Bäckerei und Mitarbeiter zu halten, doch die Fixkosten etwa für Energie und Rohstoffe stiegen weiter. Und auch der bürokratische Aufwand nahm immer mehr zu. Die Reißleine gezogen Kisker zog nun mit 60 Jahren die Reißleine. Er hat 40 Jahre lang sieben Tage die Woche gearbeitet, stand morgens um ein Uhr in der Backstube, am Wochenende um drei. Zeit für Familie und Hobbys gab’s immer nur zwischendurch, Urlaube waren rar. In Zeiten von Work-Life-Balance, dem Trend zum Homeoffice oder der Vier-Tage-Woche Personal zu finden, die sich solch einen Knochenjob antun, ist fast aussichtslos. Auch Steffen Hauptmeier hat rund 60 Stunden in der Woche für seine Schwanen-Apotheke gearbeitet und nun die Konsequenzen gezogen: Er hat seine Apotheke zum Jahresende aufgegeben. Lesen Sie dazu: Unterversorgung droht: Alteingesessene Bielefelder Apotheke vor Schließung 30 Prozent weniger Apotheken &bdquo;In den vergangenen 20 Jahren ist die Vergütung für verschreibungspflichtige Medikamente ein einziges Mal angehoben worden, um plus drei Prozent.“ Der Medikamentenverkauf aber sei die Haupteinnahmequelle. Demgegenüber stehe eine Kostensteigerung von 55 bis 60 Prozent – bei Miete, Gehältern, Energie. &bdquo;Doch das Geld muss man erst einmal verdienen.“ Vor 15 Jahren gab es in Bielefeld noch 87 Apotheken, jetzt nur noch um die 60 – fast 30 Prozent weniger. Mit Bäckerei, Apotheke und einem Getränkemarkt haben 2024 in Senne gleich drei Anker-Geschäfte geschlossen, der Ortsteil blutet so langsam aus. Das ist besonders schlimm für ältere Menschen, für die der Laden um die Ecke ein Fixpunkt in ihrem Leben war. Oft stehen Stammkunden weinend vor den scheidenden Inhabern. Oder sind verzweifelt, wie der Herr, der 58 Jahre Stammkunde in der Schwanen-Apotheke war: &bdquo;Was sollen wir dann nur machen?“ Die Teilhabe am Leben wird gerade für Senioren schwieriger. Lesen Sie dazu: Inventar verschenkt: Bekanntes Bielefelder Traditionsgeschäft schließt nach 124 Jahren Doch was ist die Lösung? Doch was ist die Lösung? Anstatt der Vergangenheit hinterher zu weinen, sollten wir uns lieber an die eigene Nase fassen. Wenn beispielsweise der Buchhändler um die Ecke bestehen bleiben soll, sollten wir das Buch lieber bei ihm kaufen und nicht mit ein paar Klicks im Internet bestellen. Das dauert zwar etwas länger, aber der Buchhändler berät und kann vielleicht auch noch eine Empfehlung für weitere lesenswerte Bücher geben. Oder vielleicht auch mal einen Euro mehr ausgeben und damit die Arbeit der Händler vor Ort honorieren, die oft unter hohem persönlichen Einsatz für ihre Kunden da sind – sonst gibt es sie bald nicht mehr. Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Textes konnte der Eindruck entstehen, dass Holzweilers Schnellimbiss-Spezialitäten in Brake komplett schließen würde. Das Geschäft hatte allerdings nur vorübergehend geschlossen und nun einen neuen Besitzer. Wir haben die entsprechende Stelle verändert.

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