Bielefelder CDU-Politiker Elmar Brok ist überzeugt: „Dank EU können wir uns wehren“

Bielefeld. In Brüssel und Straßburg sieht man Elmar Brok seltener, seitdem er 2019 als Europaparlamentarier mit der längsten Dienstzeit in Rente ging - nach 39 Jahren als Abgeordneter. Doch weil &bdquo;Mr. Europa“ die Geschichte der EU so gut kennt wie niemand sonst, ist der 78-Jährige als Gesprächspartner weiterhin gefragt. Gern auch in Bielefeld, wo er präsenter ist als je zuvor. Seine Mission ist jetzt die Rettung der EU, deren Kern er durch Populismus und wachsenden nationalen Egoismus in vielen Mitgliedsländern bedroht sieht. In der Stadtteilbibliothek Schildesche stellte er ein neues Buch mit einem etwas sperrigen Titel vor: &bdquo;Verspielt Europa nicht! Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg“. Warum brauchen wir überhaupt einen weiteren Wälzer über die Europäische Union, fragte Moderator Thomas Seim, der Chefredakteur der Neuen Westfälischen, gleich zum Auftakt. &bdquo;Wir brauchen die EU heute noch mehr als zu Beginn der europäischen Einigung in den 50er Jahren“, erklärte Brok seine Motivation. Noch im Eindruck des Zweiten Weltkriegs sei damals auf Betreiben der Alliierten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet worden. Mit großem persönlichen Mut der beteiligten Politiker, die Ressentiments in der eigenen Bevölkerung überwinden mussten, sei damals das Misstrauen überwunden und die heutige EU aufgebaut worden. Den Mut von Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer (Westbindung), Willy Brandt (&bdquo;neue Ostpolitik“), Helmut Schmidt (NATO-Doppelbeschluss) oder Helmut Kohl (Aufgabe der D-Mark für den Euro), die mit ihrer Politik auch Risiken eingegangen seien, vermisse er heute, klagte Brok. Europa wichtiger als Parteipolitik Ihm selbst sei die EU sogar wichtiger gewesen als die Parteipolitik der CDU, bekannte Brok ganz nebenbei. Doch statt die europäische Einigung weiterzuentwickeln, setzten Politiker nicht nur in Ungarn inzwischen auf Egoismus. Als positive Ausnahme nannte er den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der die EU leistungsfähiger machen wolle. Dabei seien selbst die europäischen Großmächte aus Washington oder Peking betrachtet nur noch Zwerge, sagte Brok und machte sich dabei über Vorstellungen in den Köpfen von Vordenkern lustig, &bdquo;die glauben, dass in Berlin Weltpolitik gemacht wird“. Die EU biete den einzigen Weg für Europa, auf globaler Ebene weiterhin eine Rolle zu spielen - gerade jetzt nach dem Ausbruch von Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten. &bdquo;Wir sind von den Amerikanern abhängig und haben Angst vor den Russen“, fasste Brok trocken die aktuelle sicherheitspolitische Lage Deutschlands zusammen. Hohe Militärausgaben mit kläglichem Ergebnis Zwar seien die Verteidigungsbudgets der EU-Ländern mit rund 300 Milliarden Euro jährlich doppelt so hoch wie die Ausgaben Russlands - doch die Summe zeige nur ein &bdquo;klägliches Ergebnis“ wegen enormer Verwaltungskosten und einer übergroßen Zahl unterschiedlicher (und überteuerter) Waffensysteme. &bdquo;Warum erkennen die nationalen Verantwortlichen nicht die Ineffizienz der Waffenbeschaffung“, wunderte sich Brok. Immer wieder müssten gemeinsame Standpunkte und Werte gefunden werden, mahnte Brok. Hoffnungsschimmer sieht der CDU-Politiker darin, dass der erfolgreiche EU-Binnenmarkt (&bdquo;im Handel ist die EU weiter eine Macht“) und die gemeinsame Währung eine bindende Wirkung haben - kein Land könne hier ohne eigene Verluste ausscheiden. Damit Europa auch in den Zeiten eines US-Präsidenten Donald Trump, der sich mit einer medienmächtigen Wirtschaftselite aus Milliardären wie Elon Musk oder Mark Zuckerberg verbündet habe, konkurrenzfähig bleibe, müssten entsprechende Instrumente entwickelt werden. &bdquo;Wir können uns wehren“, zeigte sich Brok kämpferisch. In der Diskussion in Schildesche wurde klar, dass Aufklärung über die Rolle der EU wichtig ist, um in der Bevölkerung, die nötige Unterstützung für die Union zu finden. &bdquo;Deswegen mache ich die gleiche Veranstaltung auch noch einmal mit Schülern“, kündigte die Europa-Legende unter dem Applaus der Zuhörer an. ? Elmar Brok: &bdquo;Verspielt Europa nicht! Ohne die EU ist Deutschland ein Zwerg“, Europa-Verlag, 272 Seiten, 24 Euro

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