Google löscht alte „Street-View“-Aufnahmen: Was Bielefeld damit verloren geht

Bielefeld. Bis vor wenigen Monaten war es vom heimischen Computer aus möglich, einen Streifzug durch die Vergangenheit von Bielefeld zu unternehmen. Alte Aufnahmen des Online-Dienstes &bdquo;Google Street View“ aus den Jahren 2008 bis 2010 haben den Betrachter immerhin knapp 16 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Alle diese Bilder sind jetzt für immer verloren. Spannend war es, mit dem Mauszeiger durch das alte Bielefeld zu navigieren und zu sehen, wie markante Umbauten das Stadtbild verändert haben – ob große Kreuzungen, wie die am neuen Foodcourt an der Kreuzung Eckendorfer Straße/Am Stadtholz oder entlang der Detmolder Straße (damals noch in der Bauphase der Ausfallstraße). Bei vielen Bielefeldern hat es Erinnerungen an alte Zeiten geweckt. Auch wenn manche baulichen Zustände niemand vermisst. Längst abgerissene Häuser und gerodete Grünflächen konnten mit dem heutigen Bielefeld verglichen werden. Schlecker, Ihr Platz, Plus – Geschäfte, die längst nicht mehr existieren, waren in den Bildern vermeintlich verewigt. Die meisten Straßen waren erfasst, zahlreiche Gebäude auf Wunsch der Eigentümer jedoch verpixelt. Neue Bielefelder Stadtbilder verdrängen die alten Aufnahmen Google hat seine Karten 2022 begonnen zu aktualisieren. Durch zahlreiche Städte fuhren die Kameraautos und zeichneten frische Bilder auf. Doch mit der Veröffentlichung der neuen Stadtbilder 2023 sind die alten Aufnahmen aus dem Internet verschwunden. Google bestätigt dies auf Anfrage: &bdquo;Das alte Bildmaterial, welches in den Jahren 2008, 2009 und 2010 aufgenommen wurde, haben wir entfernt und es kann nicht mehr darauf zugegriffen werden.“ Lesen Sie dazu: Google-Auto mit neuer Mission in Bielefeld unterwegs Im Vergleich mit unseren Nachbarländern ist das eine Besonderheit. Denn in Frankreich zum Beispiel bleiben die alten Bilder erhalten und lassen sich mit einem Zeitstrahl anzeigen. In Polen und Österreich klappt es genauso. Google dazu: &bdquo;In anderen Ländern haben wir regelmäßige Aktualisierungen durchführen können und zeigen dort eine Historie an.“ In mehr als 100 Ländern auf der ganzen Welt sei Google Street View mittlerweile verfügbar. Eine Navigation nach Straßburg ermöglicht es, beinahe jährlich aktualisierte Bilder von 2008 bis 2023 nebeneinander zu betrachten. Die Entwicklung der Straßenzüge und Gebäude wird deutlich. Riesige Wohn- oder Geschäftskomplexe, unbebaute Grundstücke und leer stehende Geschäfte verschwinden und neue Gebäude entstehen. Ganze Viertel haben sich stark verändert. Datenschutz steht alten &bdquo;Street-View“-Bildern im Weg Der historische Wert ist für viele Bielefelder groß. Doch Google hält sich auf Nachfrage der NW mit Antworten zur Ursache sehr bedeckt und verweist auf den Datenschutz in Deutschland: &bdquo;Wir nehmen den Schutz eurer Privatsphäre ernst, deshalb aktualisieren wir in enger Abstimmung mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit: Vor der Veröffentlichung der neuen Street View-Bilder werden wir die mehr als 13 Jahre alten Street View-Bilder inklusive der Unkenntlichmachungen entfernen.“ Von einer gewissen historischen Verantwortung ist nichts zu spüren. Zahlreiche Internetforen bieten jedoch Erklärungsversuche. So soll die einstige große Diskussion um den Datenschutz zunächst zu keinen weiteren Aufnahmen in Deutschland geführt haben. Der Widerstand der Datenschützer gegen Google und Co. war groß. Lesen Sie dazu: Erwischt: Was macht Apple denn da in Bielefeld? Zu den Anfangszeiten von &bdquo;Google Street View“ war es für viele Menschen erschreckend, ihr Haus im Internet anschauen zu können. Während international immer mehr Bildmaterial dazukam, blieb Deutschland in den vergangenen Jahren auf der Strecke und die Nutzer mussten mit alten – inzwischen schon &bdquo;historischen“ – Ansichten auskommen. Beschwerden über die veralteten Aufnahmen und das Aufkommen von Mitbewerbern hätte Google schließlich zu einem Update bewogen. Auch, weil die Vorbehalte gegenüber den neuen Technologien in der Gesellschaft heute geringer als damals sind. Google: &bdquo;Ihr könnt vor und jederzeit auch nach Veröffentlichung des neuen Bildmaterials darüber entscheiden, ob ihr die Ansichten eurer Häuser oder Wohnungen auf den neuen Bildern unwiderruflich unkenntlich machen möchtet. Und wie überall auf der Welt machen wir Gesichter und Nummernschilder automatisch unkenntlich.“ Ob die heutigen Aufnahmen bei einem erneuten Update als Zeitzeugen erhalten bleiben, ist ungewiss. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

Meistgelesen