Hunderte Bielefelder beim Arzt: Wann sind Insektenstiche wirklich gefährlich?

Bielefeld. 584 Bielefelderinnen und Bielefelder suchten im Jahr 2023 eine Praxis auf, um sich wegen Stichen von Mücke, Biene oder Wespe behandeln zu lassen. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der AOK Nord-West unter ihren Versicherten. Doch wann ist ein Arztbesuch wirklich angebracht? Nur in zwei Fällen müssten Stiche dringend ärztlich behandelt werden, sagt Hausarzt Hans-Ulrich Weller von der Praxis für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Rheumatologie an der Deckertstraße. Er erklärt, wann ein Stich gefährlich werden kann. Was ist bei einem Insektenstich normal? Wegen jedem Mückenstich zum Arzt? Bestimmt nicht. &bdquo;Jeder, wirklich jeder Insektenstich löst erst einmal eine sogenannte lokale Reaktion aus“, erklärt Weller. Das sei völlig normal. Rund um die Stiche zeige sich dann eine Rötung, die Stelle könne sich warm anfühlen und jucken. Bienen- und Wespenstiche können auch stärker schmerzen. &bdquo;Das ist erst einmal harmlos.“ Ein Arztbesuch sei dann noch nicht notwendig, sagt der erfahrene Hausarzt. Manche Menschen reagierten auch mit einer leichten Allergie auf Insektenstiche. Dann könnten sich etwas dickere Quaddeln bilden. Auch das sei zunächst unbedenklich. Besonders schmerzhaft ist der Stich der Hornisse Welche Reaktionen des Körpers sind Alarmzeichen? Es gebe zwei Reaktionen des Körpers auf Insektenstiche, die einen Arztbesuch notwendig machten, erklärt Hausarzt Weller. &bdquo;Wenn die lokale Reaktion stetig zunimmt, die Rötung und/oder Schwellung um den Stich immer stärker und größer wird, ist das ernst zu nehmen.“ Bei manchen Menschen könnte nach einem Insektenstich dann zum Beispiel ein ganzer Knöchel dick anschwellen. &bdquo;Dahinter steckt entweder eine starke, individuelle allergische Neigung, oder es sind Bakterien durch den Stich in den Körper eingeschleust worden, die eine große Weichteilinfektion auslösen können.“ Beides sei eher selten, müsse aber schnell behandelt werden. Lesen Sie auch: Tigermücke trägt das neue West-Nil-Virus bis nach Bielefeld und OWL Wann kann ein Insektenstich lebensbedrohlich werden? Eine akute, starke allergische Reaktion auf Insektengift müsse sofort behandelt werden, sagt Weller. Diese trete meistens unmittelbar nach dem Stich auf und könne dann lebensbedrohlich werden. Außerdem sollten Personen schnell in ärztliche Behandlung, wenn sie in Mund oder Rachen – zum Beispiel durch Verschlucken einer Wespe – gestochen worden seien. &bdquo;Dann kann durch einen Insektenstich ein wichtiger Luftweg versperrt werden.“ Dann werde es gefährlich. Insbesondere bei Kleinkindern und Kindern sei besondere Vorsicht geboten. Es könne notwendig sein, den Rettungsdienst (Tel. 112) zu alarmieren. Was hilft im ersten Moment bei Stichen im Mundraum? Die AOK Nord-West rät dazu, Stiche in Rachen oder Mund umgehend von innen und außen zu kühlen – mit kalten Umschlägen oder Kühlpacks. Auch ein Eiswürfel, der im Mund gelutscht wird, könne dabei helfen, eine Schwellung zu verhindern. Erste Hilfe bei einem anaphylaktischen Schock Welche Symptome weisen auf eine starke allergische Reaktion hin? Wenn nach einem Stich Luftnot, Blutdruckabfall, Schweißigkeit, Fieber oder Hautrötungen am ganzen Körper auftreten, sollte man umgehend zum Arzt oder die 112 wählen, sagt Hausarzt Weller. Im schlimmsten Fall könne es dann durch eine starke allergische Reaktion zu einem anaphylaktischen Schock kommen mit Herz-Kreislauf-Stillstand. &bdquo;Das ist aber der ,worst case’ und superselten. Viele Menschen, die derartig allergisch auf Stiche reagieren, wissen das oft bereits und tragen ein Notfallset bei sich.“ Das bestehe aus einem Adrenalin-Pen für die Sofortinjektion, Kortison sowie einem Antihistaminikum, die umgehend verabreicht werden können. Können Menschen, die bisher keine Allergie hatten, plötzlich eine starke allergische Reaktion entwickeln? Das sei möglich, sagt Weller, aber sehr selten. Eine Allergie gegen Insektenstiche könne sich jedoch grundsätzlich bei Menschen jeden Alters entwickeln. &bdquo;Wenn man bisher auf Insektenstiche nicht allergisch reagiert hat, kann man sich nicht darauf verlassen, dass das nie passieren wird.“ Was ist zu tun, wenn sich ein Insektenstich infiziert hat? Bei zunehmenden Anzeichen einer Infektion rät Weller ebenfalls zum sofortigen Arztbesuch. &bdquo;Wir schauen uns den Stich dann genau an und entscheiden, ob eine antibiotische Behandlung notwendig ist. Manchmal legen wir aber auch nur einen Wundverband an und der Patient kommt am Tag danach noch einmal zur Kontrolle.“ Wichtig sei in jedem Fall, dass die Tetanusimpfung im regelmäßigen Abstand von zehn Jahren aufgefrischt werde. Denn Tetanus-Bakterien können durch Tierbisse oder -stiche leicht übertragen werden. Entzündet sich ein Insektenstich, sei daher ein Blick in den Impfpass angebracht, sagt Weller. Die Impfung kann bei Bedarf kurzfristig nachgeholt werden. Lesen Sie auch: Mückenstiche behandeln: Diese Hausmittel können helfen Als besonders gefährlich gelten Hornissenstiche. Stimmt das? Weller beruhigt. &bdquo;Ein einziger Hornissenstich kann keinen Menschen töten“, weiß der erfahrene Mediziner. Hornissen seien eigentlich sehr friedliebende Tiere, die auch nicht direkt zustächen, wenn man sie in Ruhe lasse. &bdquo;Nach einem Hornissenstich können die lokalen Reaktionen aber stärker ausfallen als nach einem Bienen- oder Wespenstich.“ Und wenn mehrere Tiere angreifen, weil ein Nest gestört worden ist, und zustechen, könne das durchaus gefährlich werden. &bdquo;Das ist bei vielen Wespen- oder Bienenstichen gleichzeitig aber auch der Fall.“ Nervig sind Insektenstiche aber ohne Frage. Was hilft am besten gegen Jucken, Schmerzen, Schwellungen? Kühlen, kühlen, kühlen. Weller rät zu Quarkwickeln, Gelen aus der Apotheke oder Kühlpacks. Auch spezielle Sprays können Juckreiz und Rötung bei Insektenstichen lindern. Bei leichteren allergischen Reaktionen an der Einstichstelle könnten auch niedrigdosierte Kortisoncremes aus der Apotheke eine gute Idee sein. Die gibt es auch ohne Rezept. Und ganz wichtig: nicht kratzen! Damit sich der Stich nicht doch noch entzündet. Unser Linktipp: Mehr Infos zu Insektengiftallergien gibt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit.

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