Schließung von AWO-Seniorenzentrum in Bielefeld: Stadt drohte mit Untersagung der Nutzung

Bielefeld. 16 Millionen Euro. So lautet der Betrag, den eine Sanierung des AWO-Seniorenzentrums Wilhelm-Augusta-Stift nach dem Entdecken &bdquo;versteckter Mängel“ laut des Trägers kosten würde. Investitionen in der Höhe könne die in der selbst verwalteten Insolvenz befindliche AWO OWL nicht leisten, erklärte ihr Vorstandsvorsitzender Thomas Euler Mitte Mai – und sie seien mutmaßlich auch für keinen anderen Träger refinanzierbar. Die logische Konsequenz aus diesem Dilemma sei somit die Schließung des Hauses. Was die Verantwortlichen des Wohlfahrtskonzerns allerdings bei der Präsentation der Schreckensbotschaft nicht erwähnten, ist eine seitens der Stadt Bielefeld bereits angedrohte Nutzungsuntersagung für das Pflegeheim am Fuße der &bdquo;Sieker Schweiz“ und am Rande der begehrten Wohnlage &bdquo;Musikerviertel“. Das teilte das Bauamt auf Anfrage mit. &bdquo;Das ist keine Sache, die wir öffentlich kommentieren“, teilte die Pressestelle der AWO OWL mit. Demnach hätten Arbeiten zum Brandschutz längst erledigt werden müssen. Weil das offenbar über Jahre nicht im erforderlichen Umfang geschah, fungieren seit geraumer Zeit die Honorarkräfte eines Personaldienstleisters als abendliche &bdquo;Brandwachen“, um den Betrieb der Einrichtung vorerst zu sichern: Das berichten langjährige Mitarbeiter des Seniorenzentrums. Baugenehmigung bleibt in der Schublade Die Brandschutz-Experten der Feuerwehr prüfen solche Einrichtungen mindestens alle drei Jahre, heißt es in einer eigenen Mitteilung, das städtische Bauamt mindestens alle sechs Jahre. In der 30-jährigen Geschichte des Hauses sei der Träger seinen Verpflichtungen immer zur Zufriedenheit der Behörden nachgekommen. 2016 sei dann erstmals ein verbindliches Brandschutzkonzept erstellt worden – und genehmigt in Form eines Bauantrags. Lesen Sie auch: Plötzliches Aus für Bielefelder Seniorenheim: Mieter unterm Dach wurden einfach vergessen Für 2017 finden sich auch frisch eingetragene Grundschulden im Grundbuch, was auf eine Kreditaufnahme zur Finanzierung der Sanierungsarbeiten schließen lassen könnte. &bdquo;Wir können keine Auskunft über interne Entscheidungsprozesse geben. Das Grundbuch ist kein öffentliches Register“, teilte die AWO OWL zu dem Sachverhalt mit. Die Verantwortlichen des Grundbuchamtes dagegen erkannten ein öffentliches Interesse und gewährten Einblick. Die Eintragung der Grundschuld muss mit Billigung der Stadt geschehen sein, die das Grundstück 1994 in 100-jähriger Erbpacht an die AWO OWL übertrug. Maßgebliche Arbeiten sind offenbar erst dieses Frühjahr begonnen worden, als die Flanken der Häuser plötzlich vollverzinkte Fluchttreppen erhielten sowie passend dazu auf jeder Etage entsprechende Brandschutztüren installiert wurden. Versteckte Mängel in Millionenhöhe Anfang April konnten die Angehörigen den Besucherparkplatz nicht mehr nutzen, weil dort die Fahrzeuge der Handwerker parkten. Diese montierten und installierten – völlig umsonst, wie sich nun herausstellte. Denn die plötzlich entdeckten &bdquo;versteckten Mängel“ in Millionenhöhe ruinieren offenbar die Rentabilität des Hauses. Wobei solche notwendigen wie kapitalintensiven Sanierungen oder Renovierungen am Ende nicht vom Träger, sondern von den Bewohnerinnen und Bewohnern bezahlt werden – über die monatlichen Investitionskosten als fixer Teil der Heimkosten-Rechnung. Und das funktioniert so: Der Träger stellt beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) einen Antrag auf Erhöhung der Investitionskosten und legt dazu die kalkulierten Kosten der Sanierung vor. Der LWL prüft die Zahlen und schickt dem Träger einen Bescheid mit der Höhe der neuen Investitionskosten zur langfristigen Refinanzierung der Renovierung. Lesen Sie auch: Bohrende Fragen von Bielefelder Seniorenheim-Bewohnern treffen auf vage Antworten vom AWO OWL-Chef Nach dem Muster funktionierte es beim geplanten Umbau des AWO-Seniorenzentrums Rosenhöhe (2014–2022) ebenso wie bei der außerplanmäßigen Sanierung des mit Legionellen kontaminierten AWO Seniorenzentrums Baumheide (2021–2023). Kein Antrag auf Erhöhung der Investitionskosten Laut des AWO OWL Geschäftsberichts 2020 hatte das Projekt Rosenhöhe 16 Millionen Euro gekostet. Das Projekt Baumheide soll 9 Millionen Euro gekostet haben, hieß es zur Wiedereröffnung vor einem Jahr. In beiden Fällen beantragte die AWO OWL beim LWL eine Erhöhung der relevanten Investitionskosten. Für das Wilhelm-Augusta-Stift sei jedoch bis heute kein Antrag auf Erhöhung gestellt worden, teilten die Münsteraner mit. &bdquo;Hier gehen Sie von falschen Tatsachen aus“, heißt es dazu von der AWO OWL: Man stehe im engen Kontakt zum LWL, könne aber zu internen Prozessen keine weiteren Auskünfte erteilen. &bdquo;Eine gutachterliche Bewertung liegt dem LWL nicht vor. Die Kostenermittlung wurde im April durch die AWO erläutert“, erklärte LWL-Pressesprecher Frank Tafertshofer. Auch im Bauamt kenne niemand das Gutachten, heißt es aus der Behörde: &bdquo;Dem Bauamt liegt bisher noch kein Gutachten vor, es wurde jedoch eine Begutachtung durch den Brandschutzsachverständigen eingefordert.“ 16 Millionen Euro: Was im Seniorenzentrum Rosenhöhe noch leistbar war, scheint für das Wilhelm-Augusta-Stift zu teuer.

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