Völlig orientierungslos: Fußgänger haben in Bielefeld ein echtes Problem

Bielefeld. Wer aus dem Hauptbahnhof tritt, zum ersten Mal in Bielefeld ist und in die Innenstadt möchte, der hat ein Problem: Hinweise sind Fehlanzeige, dafür gibt’s gleich drei mögliche Richtungen zur Auswahl. So oder ähnlich ist das an vielen Stellen in der Leineweberstadt, auch wenn es hier keineswegs an Schildern mangelt. Es gibt eine Fülle an Verkehrszeichen, dazu Wegweiser für Wanderungen und Radfahrer-Freizeitrouten. Passanten aber, die zu Fuß unterwegs sind, finden nur Minimal-Informationen. Da ist die Nachbarstadt Gütersloh inzwischen weiter, und in Stuttgart hilft orientierungslosen Menschen sogar digitale Technik. &bdquo;Fußgängerleitsystem“ heißt das Zauberwort, das in Gütersloh fünf Jahre, nachdem der erste Wunsch dazu laut wurde, im Sommer 2022 endlich Realität wurde. Seitdem weisen über 300 Schilder den Weg zu Plätzen und Sehenswürdigkeiten, zu wichtigen Einrichtungen wie Rathaus, Museum und Fachhochschule. Und zum Hauptbahnhof. Rund 140.000 Euro hat das neue System gekostet. Vorbild Stuttgart In der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart ist man längst weiter. Smarte Wegweiser zeigen Anwohnern und auswärtigen Besuchern den Weg zu aktuellen Veranstaltungen, zu Events und Sehenswürdigkeiten. Eine Ballett-Aufführung in einer halben Stunde - und das nur zwei Minuten Fußweg entfernt? Frische Blumen vom Markt in 200 Metern Entfernung - die Stelen informieren schnell und aktuell. Die Pfeile können bei Bedarf ihre Richtung wechseln, und unten am Mast ist ein QR-Code angebracht. Damit können weitere Infos abgerufen und sogar Tickets erworben werden. Das innovative System wurde 2023 mit dem zweiten Platz beim jährlich ausgelobten Deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet. &bdquo;Das digitale Leitsystem verknüpft Wegweisung auf Basis aktueller Datenstandards mit moderner Technik und dynamischen Inhalten“, heißt es in der im Internet beim Deutschen Tourismusverband nachzulesenden Begründung. &bdquo;In Echtzeit“ informierten die smarte Stelen per GPS und LED-Displays Fußgängerinnen und Fußgänger, inklusive Angaben zur Entfernung sowie zur Nutzung des Nahverkehrs. Das alles verbessere nicht nur die Orientierung, sondern animiere auch zu &bdquo;spontanen Veranstaltungsbesuchen“, befindet die Jury und lobt: &bdquo;Ein wegweisender Ansatz für eine moderne, gezielte Besucherlenkung“ im öffentlichen Raum. Nur &bdquo;minimale Hinweise“ für Fußgänger Ist das nicht auch etwas für Bielefeld? Das hat sich jetzt der Seniorenbeirat gefragt. Bürgerinnen und Bürger, Besucherinnen und Besucher würden hier &bdquo;nur unzureichend und sporadisch auf kulturelle und historische Orte sowie Sehenswürdigkeiten“ aufmerksam gemacht, heißt es in dem Antrag, den Beiratsmitglied Michael Menzhausen in der jüngsten Sitzung stellte. Für Fußgänger gebe es lediglich &bdquo;minimale Hinweise“, sagt er und verweist auf einen Optimierungsbedarf nach dem Stuttgarter Vorbild. Das sahen auch die anderen Beiratsmitglieder so und gaben dem Antrag grünes Licht. Als Nächstes sollen sich nun der Kultur- sowie der Stadtentwicklungsausschuss damit beschäftigen. Danach solle die Verwaltung beauftragt werden, in der Leineweberstadt ebenfalls ein digitales Fußgängerleitsystem zu installieren. Anklang findet die Idee auch bei Martin Knabenreich von Bielefeld Marketing, den der Seniorenrat bereits zurate gezogen hat: Ein Leitsystem, &bdquo;wo man immer wieder aktuelle Dinge draufpacken kann“, sei sehr spannend. &bdquo;Und über die Datensätze zu den Veranstaltungen verfügen wir ja bereits.“ Reizvoll sei zudem, dass es sich nicht um ein starres System handele, sondern dass die Informationen wechselten. &bdquo;Das sorgt immer wieder für Aufmerksamkeit“ - sowohl bei Bielefeldern als auch bei Besuchern. Doch die Entscheidung liege nicht bei Bielefeld Marketing oder bei der Verwaltung: &bdquo;Der Ball liegt bei der Politik.“ Wie die sich dazu stellt - und ob eine Umsetzung in Bielefeld schneller geht als im nahen Gütersloh -, wird die Zukunft zeigen.

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