Ungewöhnlicher Frühjahrsputz in Bielefelder Wassermühle

Bielefeld. Monatelang war Niemöllers Mühle fest verschlossen, ebenso wie das kleine Backhaus daneben. Für ein wenig Bewegung sorgte nur das große Mühlrad, das sich unermüdlich im Lutterwasser dreht. Am Samstag aber ist Schluss mit der Winterruhe: Überall auf dem Gelände wuseln Menschen, es wird geharkt, gejätet und gefegt, gewischt, gescheuert und geputzt. Denn am Wochenende, 20./21. April, jeweils 14 bis 17 Uhr, startet in dem weiß verputzten Gebäude-Ensemble im idyllischen Lutter-Grünzug, an der kleinen Straße Niemöllershof, der Saisonbetrieb: mit kräftigem Mühlenbrot und feinem Butterkuchen, mit Führungen in der historischen Anlage und mit einer neuen Ausstellung rund um die Vielfalt der Wassermühlen. Dirk Joneleit balanciert auf den dicken Holzbohlen der Flutbühne oberhalb des Wasserrads, unter ihm die munter sprudelnde Lutter, und stochert mit einem langen Stab in die Öffnung, dort, wo das Flüsschen unter der Straße verschwindet. Dort haben sich jede Menge Blätter, Äste und Sand festgesetzt. &bdquo;Das muss alles weg“, sagt Jan-Hendrik Hausmann (50), Kassenwart im Verein der &bdquo;Freunde und Förderer der Mühle Niemöller in Quelle“ und im eigentlichen Beruf IT-Fachmann. Alte Inschrift wiederentdeckt Im kleinen Beet an der Straße zupft Regine Kopp-Herr das Laub aus dem sprießenden Grün. Dort sollen demnächst neue Stauden gepflanzt werden. Schon fertig ist der gemauerte Sockel unter dem gesprungenen alten Mühlrad, das an der Wand lehnt und jahrelang durch sein eigenes Gewicht immer weiter in den Boden gedrückt worden war. Nun wurde es ausgegraben. Wiederentdeckt wurde dabei der Schriftzug &bdquo;Glück zu“. &bdquo;Das ist der traditionelle Müllergruß“, berichtet Hausmann. Er geht auf die Wandertätigkeit der Müllerburschen zurück, die das Glück von Mühle zu Mühle tragen sollten, und sollte den Betrieb vor Unglück bewahren. Gusseisen statt Edelstahl Neben dem Eingang lehnt eine hohe Leiter, um hoch zum Dach zu klettern. Denn auch die Rinne steht auf der Putzliste. An der Wand entlang geht`s zwischen Mühle und Backhaus über Pflastersteine hinunter zur Lutter, deren Ufer die Vereinsmitglieder im vergangenen Jahr neu befestigt haben. Der schwarze Handlauf aus historisch korrektem Gusseisen ist ebenfalls neu. &bdquo;Edelstahl wäre pflegeleichter“, meint der Kassenwart und lacht. &bdquo;Aber das passt hier echt nicht hin.“ Immerhin hat die Mühle schon einige Jahrhunderte hinter sich gebracht: 1535 wurde sie als &bdquo;nuwere mole“ an der &bdquo;Lütteren Dyken“ in einer Auflistung des Brackweder Vogts Samson Homberg erstmals erwähnt. Benannt ist sie nach Johan Niemolner, der 1556 in einem Abgabeverzeichnis (Urbar) als Mühlenbesitzer genannt wird. &bdquo;In elf Jahren haben wir die 500 voll“, bekräftigt Hausmann. &bdquo;Das werden wir locker hinkriegen.“ Denn der über 100 Mitglieder starke Verein hat in den vergangenen Jahren den Generationswechsel gut gemeistert, viele Jüngere sind dazugekommen. &bdquo;So viel Zulauf wie im vergangenen Jahr habe ich hier noch nie gesehen“, meint Hausmann, selbst seit fünf Jahren aktiv. Die Ehrenamtlichen sind gut beschäftigt – beim Frühjahrsputz an diesem Samstag genau wie bei den Aktivitäten übers Jahr. &bdquo;Ein gut besuchtes Mühlencafé ist schön für die Vereinskasse, aber das geht nur, wenn man genug Leute hat“, weiß der 50-Jährige. Derweil steht Jürgen Grimme im Backhaus vor einer Seifenlaugen-Pfütze. Auch dort wird sorgfältig geschrubbt. Der große Steinbackofen steht noch kalt in der Mitte des Raumes. 135 Brote werden hier für ein Mühlen-Wochenende gebacken, plus drei große Bleche Butterkuchen, erzählt der Backhaus-Chef. Die Zutaten - Sauerteig und Hefe, Roggen und Weizen, stammen aus der Region. Das Korn wird in einer elektrischen Mühle im Hauptgebäude gemahlen. Das ginge zwar auch mit der historischen Mahltechnik, doch dem steht heute das Lebensmittelrecht entgegen - und die Hygienevorschriften. Die alte Technik im Keller ist gleichwohl voll funktionsfähig. Ein Sammelsurium an gusseisernen Rädern mit Zähnen aus hartem Hainbuchenholz greift dort ineinander. Damit sich durch die Wasserkraft nichts unvermittelt in Bewegung setzt, hat der Verein eine Lkw-Scheibenbremse eingebaut. Hausmann: &bdquo;Das hält das Mühlrad stabil.“ Die Maschinerie wird sorgfältig gewartet - auch eine der zahllosen Aufgaben der Vereinsmitglieder. Wer sich nicht nur Kaffee und Kuchen schmecken lassen, ein Brot ergattern und die Wassermühle bestaunen möchte, sondern selbst mitmachen will, ist dazu herzlich eingeladen. Interessierte können sich beim Vereinsvorsitzenden Jesse Oppenhäuser (48) unter Tel. 0173 5184190 melden. &bdquo;Im Moment läuft es zwar echt gut“, resümiert der Kassenwart. &bdquo;Aber weitere Unterstützung können wir jederzeit gebrauchen.“ Termine und Zeiten Sämtliche Termine und Zeiten finden sich auf der Internetseite des Vereins. Die Mühle ist auch am Deutschen Mühlentag (20. Mai) und am Tag des offenen Denkmals (8. September) geöffnet.

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