Albtraum endet nicht: Bielefelderin traut sich nach Attacke nicht mehr allein auf die Straße

Bielefeld/Lemgo. Sie trafen sich zufällig vor einem beliebten Döner-Laden und genauso zufällig wurden zwei Bielefelder Geschwister Opfer einer brutalen Prügelattacke am Oberntorwall /Notpfortenstraße. Nicht nur die brutale Tat am 21. Oktober 2021 hat sie psychisch stark beeinträchtigt, das sich ewig hinziehende Strafverfahren fühlt sich noch zusätzlich wie ein nie enden wollender Albtraum an. Zwei Jahre dauert es allein, bis es vor dem Amtsgericht Lemgo zum Prozess kommt. Weil Minderjährige unter den Angeklagten sind, wird in Lemgo verhandelt. Doch von den drei angeklagten jungen Männern wird am Ende nur einer verurteilt. Zwar gibt es Videoaufnahmen der Tat, die von einer gegenüberliegenden Überwachungskamera aufgezeichnet wurden. Die Bilder belegen das Tatgeschehen und zeigen, wie mehrere Personen im Oktober 2021 auf die heute 24-Jährige und ihren 26-jährigen Bruder einschlagen. Mit der nötigen Sicherheit nachweisen, dass die beiden jugendlichen Angeklagten an dem Übergriff beteiligt waren, konnte das Jugendschöffengericht aber nicht. 30 Sozialstunden für den Minderjährigen und ein Urteil gegen den Haupttäter Deshalb stellte der Jugendrichter das Verfahren gegen die beiden Jugendlichen bereits am ersten Prozesstag im November ein. Einer von beiden sollte als Auflage 30 Stunden gemeinnützige Arbeit innerhalb von drei Monaten leisten, teilte das Amtsgericht Lemgo damals mit. Am Dienstag, 27. Februar, ging somit nur noch der Prozess gegen den 26-jährigen mutmaßlichen Haupttäter weiter. Der junge Mann aus Bad Salzuflen soll ebenfalls auf dem Video zu erkennen sein, sei aber nach Angaben seines Verteidigers Jerrit Schöll erst mitten im Tatgeschehen dazugekommen. Ihm zufolge habe er mit den anderen mutmaßlichen Angreifern nichts zu tun. Angeklagter erhält Bewährungsstrafe Das Amtsgericht Lemgo verurteilte den Angeklagten angesichts der Beweislage wegen einfacher Körperverletzung zu 16 Monaten Haft auf Bewährung – der Richter bezog dabei ein vorheriges Urteil gegen ihn wegen Beleidigung und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz mit ein, sagte der Verteidiger. Daneben soll der 26-Jährige jeweils 900 Euro Schmerzensgeld an die beiden Bielefelder Geschwister zahlen. Diese Auflage habe der Angeklagte ab sofort in monatlichen Raten von 50 Euro zu begleichen. &bdquo;Wenn er sich nicht daran hält, wird die Bewährung widerrufen“, erklärt sein Strafverteidiger Jerrit Schöll. Für die vom Übergriff schwer gezeichneten Geschwister ist das Urteil nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. &bdquo;Es ist schon schwer, dass sich alles so lange hinzieht und dann am Ende so eine milde Strafe dabei rumkommt“, sagt der 26-jährige Bielefelder. Er und insbesondere seine Schwester, die damals ein gerissenes Trommelfell, Kieferverletzungen und eine Gehirnerschütterung vom Angriff davon trug, leiden noch heute psychisch sehr an den Nachwirkungen der Tat. &bdquo;Ich habe nach dem langen Verfahren das Gefühl, dass man mehr hätte aufklären können, wenn damals schneller verhandelt worden wäre.“ Die Bielefelder Opfer fühlen sich nicht ernstgenommen Nun fühle sich das Ergebnis nach drei angesetzten Prozesstagen, wobei am zweiten wegen Krankheit des Angeklagten gar nicht erst weiterverhandelt werden konnte, unfertig an, auch wenn es letztendlich zu einem Schuldspruch des Angeklagten gekommen sei. Die anderen Personen, die damals gemeinsam auf den Bielefelder eingeschlagen hätten, seien bis heute nicht zur Verantwortung gezogen worden. &bdquo;Wir fühlen uns nicht ernstgenommen“, sagt der 26-Jährige. Nach der Gewalttat blieben viele Fragen offen. Und nicht nur das. Während der Verurteilte nur noch das Schmerzensgeld abstottern muss, bleibt auf der anderen Seite die Angst: &bdquo;Gerade jetzt kommt alles wieder hoch. Ich bin seit dem Angriff nicht mehr derselbe und auch meine Schwester hat einen großen Teil ihrer Lebensqualität eingebüßt. Sie hat bis heute Angst, alleine rauszugehen.“

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