Hotspot der Verspätungen: Warum so viele Züge an Bielefelds Hauptbahnhof unpünktlich sind

Bielefeld. Freitag, 19. Januar 2024: Ein ganz normaler Tag am Bielefelder Hauptbahnhof. Kein Streik, auch die Wetterkapriolen der vergangenen Tage haben sich gelegt. Wegen des bevorstehenden Wochenendes ist das Fahrgastaufkommen höher als sonst. Doch die Menschen müssen Geduld haben. 103 Fernverbindungen stehen an diesem Tag auf dem Fahrplan. Elf davon erreichen den Bahnhof gar nicht erst. Sie sind ausgefallen. Nur 34 Prozent der Züge kommen pünktlich. Wobei pünktlich im Verständnis der Deutschen Bahn bedeutet: maximal fünf Minuten zu spät. Die durchschnittliche Verspätung an diesem Tag beträgt jedoch 19 Minuten. Das Verspätungs-Ranking führt am 19. Januar der ICE 1545 von Aachen Hauptbahnhof nach Berlin-Ostbahnhof. Er erreicht den Hauptbahnhof um 10.06 Uhr und damit 135 Minuten später, als es im Fahrplan steht. Viele Züge fallen ganz aus Nachzulesen sind die Daten im Portal Zugfinder. Für Spiegel Online hat der Servicedienstleister ermittelt, wie pünktlich im vergangenen Jahr die ICEs und ICs an den deutschen Fernbahnhöfen angekommen sind. Das Ergebnis für Bielefelds zentrale Bahnstation ist ernüchternd und spiegelt wider, was viele Fahrgäste täglich erleben. Nur durchschnittlich 40 Prozent der Züge haben den Bahnhof fahrplangemäß erreicht. Ausgewertet wurden dabei die Daten von 20.828 Fernzügen, die 2023 im ostwestfälischen Oberzentrum Station machten. Noch ernüchternder ist ein Blick auf diese Zahl: An den übrigen knapp 88 Prozent der Fernbahnhöfe kamen die Züge pünktlicher an als in Bielefeld. Noch 2020 sah das ganz anders aus. Da gab es mal eine Phase, wo knapp 90 Prozent der Fernzüge pünktlich waren. Seitdem geht die Kurve immer weiter in den Keller, bis sie zum Jahreswechsel 2023/2024 bei 40 Prozent angekommen ist. Woran liegt’s? Nach Angaben von Zugfinder waren Witterungseinflüsse im vergangenen Jahr kaum Schuld an den schlechten Zahlen. Der Hauptgrund liege an der Überlastung der Strecke, an der sich Bielefeld befindet. Es ist die wichtige Verbindung aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet weiter Richtung Hannover und Berlin. Kommt hier ein Zug aus dem Takt, leiden darunter auch die nachfolgenden Verbindungen. Immerhin: Weil die Bahn eine zusätzliche Verbindung im Zwei-Stunden-Rhythmus von Bonn und Köln über Wuppertal nach Berlin eingeführt hat, erhöht sich die Zahl der Sitzplätze auf der stark genutzten Verbindung um 25 Prozent. Außerdem besteht seit dem jüngsten Fahrplanwechsel die Hoffnung, dass die Züge weniger Verspätungen haben, weil die beiden ICE-Linien, von denen eine über das Ruhrgebiet und die andere über Wuppertal und Hagen von und nach Berlin fährt, künftig nur noch alle zwei Stunden in Hamm zu einem Zug zusammengekoppelt werden müssen. Damit wird ein Dauerproblem entschärft. Überlastete Strecke und veraltete Infrastruktur Doch es gibt weitere Verspätungsgründe. So führt Zugfinder die zunehmend marode Infrastruktur und technische Probleme beim Zugmaterial an. Eine Rückkehr zur bundesweit üblichen Pünktlichkeitsquote von 75 Prozent, wie sie noch 2022 zu erreichen gewesen sei, werde in den kommenden Jahren kaum geben, resümiert Spiegel Online. Schlechte Aussichten also auch für den Bielefelder Hauptbahnhof. Aber Bielefeld ist dabei in guter Gesellschaft. Auch die Zahlen für die Nachbarbahnhöfe entlang der Strecke, in Gütersloh, Herford oder Bad Oeynhausen, fallen ganz ähnlich aus. Noch lange Zukunftsmusik bleibt wohl die geplante und dabei hoch umstrittene Schnelltrasse zwischen Hannover und Bielefeld, die die Fahrtzeit zwischen beiden Städten auf 31 Minuten verkürzen soll. Mit in der Planung ist auch die Erweiterung des Bielefelder Hauptbahnhofs um ein weiteres Gleis, um dessen Kapazitäten zu erhöhen. Damit wäre jedoch ein massiver städtebaulicher Eingriff in Joseph-Massolle- und Nowgorodstraße auf der Seite des Neuen Bahnhofsviertels verbunden. Übrigens: Dass die Bahn auch pünktlich kann, beweist sie laut Zugfinder an der Station Rostock-Warnemünde. Dort kommen 92 Prozent der Züge fahrplangenau an. Das ist bundesdeutscher Spitzenwert.

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