Notorischer Raser und Drängler: Jungem Bielefelder Millionenerbe droht Gefängnisstrafe

Bielefeld. Er wurde bekannt durch eine ganze Reihe von gefährlichen Raser-Fahrten. Mit PS-starken Sportwagen (Mercedes AMG GT S, BMW i8, AMG A45) hatte sich der reiche Unternehmersohn 2020 – damals gerade erst 18 Jahre alt – mehrfach grob verkehrswidrig verhalten, hat andere Verkehrsteilnehmer weggedrängt, ausgebremst, beleidigt, gefährdet und in einem Fall sogar verletzt. All diese Tatvorwürfe gestand der Millionenerbe aus Bielefeld nun vor der vierten großen Jugendkammer des Landgerichts. Damit hofft der Millionenerbe, einer drohenden Gefängnisstrafe zu entgehen. Im Mai 2022 war er bereits wegen all dieser Verkehrsstraftaten vom Amtsgericht zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden. Das Problem für den Angeklagten: Bei einer Haft von mehr als zwei Jahren ist keine Bewährung mehr möglich. Deshalb hatte er mit seinem Strafverteidiger Peter Wüller gegen dieses Urteil Rechtsmittel eingelegt. &bdquo;Ich war dumm, dann kamen Freunde und noch blödere Ideen“ In der Berufungsverhandlung am Donnerstag zeigte sich der Verkehrsrüpel, der vor dem Amtsgericht laut seinem Verteidiger noch nach dem Motto &bdquo;Ich kann mir für Geld alles kaufen“ wiederholt renitent und uneinsichtig aufgetreten sein soll, von einer ganz anderen Seite: &bdquo;Ich war dumm, habe viel Blödsinn gemacht. Dann habe ich andere kennengelernt, die auch viel Zeit und Geld hatten. Dann kamen noch blödere Ideen.“ Zu diesen dummen Ideen, die der Bielefelder alle gesteht: Am 11. Juli 2020 drängelt er im Mercedes AMG Gran Turismo S (730 PS) einen Wagen vor ihm auf der A33 bei Dissen von der linken Spur, zeigt dem Fahrer anschließend den Mittelfinger, zieht rechts rüber und bremst ihn aus. Am 30. Juli 2020 schlägt er aus einem Porsche Geländewagen einem Rennradfahrer in Osnabrück bei voller Fahrt auf den Hintern. Als dieser an einer Ampel ein Foto von dem Wagen machen will, stürzt der Radler und verletzt sich leicht. Am 19. August 2020 lässt er sich von einem Freund im BMW i8 über die Gütersloher Straße in Bielefeld fahren. Bei bis zu 170 km/h im Ort und mit verdeckten Kennzeichen rasen sie in sieben Minuten fünfmal in den dortigen Blitzer. Der Unternehmersohn streckt bei einer Fahrt seinen nackten Hintern aus dem Cabrio. Die Fahrt wird als illegales Autorennen bewertet. Am selben Abend bremst er im Mercedes Gran Turismo zwei Autofahrer auf der A33 aus. Mit einem Mietwagen der Marke Mercedes A45 AMG fahren der Angeklagte und sein Begleiter unter größtmöglichem Motorenlärm durch ein Wohngebiet in Halle. Als sich plötzlich an der Moltkestraße ein Anwohner vor den Wagen stellt, fährt der Bielefelder auf ihn zu. Der Zeuge wird am Bein getroffen, springt auf die Motorhaube und wird noch 60 Meter weit mitgenommen. Mit einem abgebrochenen Scheibenwischer schlägt der Anwohner schließlich eine Scheibe des Wagens ein. Am 7. September 2020 fällt der Bielefelder in seinem AMG Gran Turismo auf der A7 in Bayern und Hessen negativ auf. Er drängelt, überholt rechts und fährt schließlich mit hoher Geschwindigkeit über den Standstreifen an allen anderen Fahrzeugen vorbei. Am 17. September 2020 zeigt er im BMW i8 auf der A33 einem Verkehrsteilnehmer, den er rechts überholt, den Mittelfinger. Am 25. September 2020 bremst der Unternehmersohn auf der A33 bei Halle-Künsebeck ein weiteres Fahrzeug, das ihn nicht schnell genug passieren ließ, aus. 17-jährigen Bielefelder trifft der Tod seines Vaters hart Wüller betonte, dass der unerwartete Tod seines Vaters den damals 17-Jährigen schwer getroffen habe. Während andere in so einer Situation Alkohol oder Drogen nehmen würden, sei sein Mandant &bdquo;salopp gesagt: steil gegangen“. Er habe Partys gefeiert, mit Geld um sich geworfen, habe sich mit falschen Freunden abgetan und habe sich letztlich auch am Steuer danebenbenommen: &bdquo;Es war seine Art und Weise, den Tod des Vaters zu verarbeiten“, sagte Wüller. Dass sein Verhalten rücksichtslos und strafwürdig gewesen sei, stünde dabei nicht in Frage. Seit dem ersten Urteil habe sich die Einstellung des jungen Mannes aber deutlich geändert. Im Laufe des Verfahrens machte der inzwischen 21-Jährige deutlich, dass er in der Zwischenzeit sein komplettes Erbe verloren hat. Die drei Industriefirmen mit insgesamt 150 Mitarbeitern seines Vaters hatte er zwischenzeitlich als Geschäftsführer übernommen, dann aber doch verkauft. Doch über den Verkauf im Wert von 2 Millionen Euro kam es zum Streit. Lesen Sie auch: Notorischer Raser kauft trotz Führerschein-Entzugs einen Lamborghini Der Käufer verweigerte nach der Anzahlung von 150.000 Euro die übrige Kaufsumme. Der Bielefelder versuchte, den Kauf gerichtlich rückgängig zu machen. Doch zu spät: Die angeschlagenen Unternehmen von Käufer und Verkäufer gingen darüber insolvent. Über den Misserfolg im Geschäft folgten bald auch privat Probleme. Plötzlich war der junge Bielefelder einsam: &bdquo;Als das Geld und die Autos weg waren, wollte niemand mehr mit mir zu tun haben.“ Seitdem habe er sich geändert. Ein väterlicher Freund und ein alter Schulkollegen hätten ihm geholfen, wieder in die Spur zu kommen. Jugendhilfe, Staatsanwalt und Richter nahmen dem Angeklagten seine geschilderte Reue nicht ganz ab, erkannten aber eine Besserung in seinem Verhalten seit dem ersten Urteil. Deshalb korrigierte die Kammer das Urteil von 2 Jahren und 6 Monaten im neuen Urteil nach unten und verurteilten den 21-Jährigen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren. Ob der ehemalige Raser und Verkehrsrüpel diese Strafe hinter Gitter absitzen muss oder nicht, das ließ der Vorsitzende Richter Carsten Glashörster offen. Bielefelder Unternehmersohn muss sich jetzt eine Bewährung verdienen Denn auf Hinweis von Oberstaatsanwalt Stephan Poerschke hatte die Jugendkammer eine Vorbewährung ausgesprochen – eine Maßnahme, die nur das Jugendstrafrecht kennt. Der Verurteilte muss nun innerhalb von sechs Monaten zeigen, dass er sich die Bewährung verdient hat. In diesem Fall muss er 70 Stunden unentgeltlich für einen Sozialbetrieb arbeiten. Gelingt dies nicht, sitzt der 21-Jährige anschließend hinter Gittern. Beweist er aber ein Umdenken, dann bleibt er frei - natürlich unter den üblichen Bewährungsauflagen. Seinen Führerschein, den er bereits vor gut drei Jahren abgeben musste, kriegt der 21-Jährige erst nach Ablauf eines weiteren Jahres wieder. Sein Mercedes AMG Gran Turismo S wurde als Teil der Strafe eingezogen und für insgesamt 76.000 Euro zugunsten der Staatskasse versteigert.

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