Kündigungen drohen: Krise erreicht Bielefelder Baubranche und Handwerk

Bielefeld. Alle ausgebucht, Fachleute nur schwer zu bekommen: Was noch vor einigen Monaten im Handwerk galt, ist längst nicht mehr selbstverständlich hier in der Stadt. &bdquo;Wenn sich bald nichts tut, muss ich im kommenden Jahr über Entlassungen nachdenken“, sagt der Chef eines Bielefelder Trockenbauunternehmens mit aktuell sieben Mitarbeitern. Aufgrund der gestiegenen Kosten würden immer weniger Menschen bauen. Das könne sich kaum noch jemand leisten. Die Aufträge im Neubausektor hätten sich halbiert, sagt auch Max Kley vom gleichnamigen Bielefelder Malerfachbetrieb mit 30 Mitarbeitern. Aber durch Renovierungen und Instandhaltungen - auch aufgrund der Gesetzesvorgaben - könne einiges aufgefangen werden. &bdquo;Wir stellen aber definitiv eine Verlagerung fest“, ergänzt Kley. In diesem Jahr sei das Geschäftsklima in der Bauhauptbranche auf seinen niedrigsten Stand seit Jahren gesunken, heißt es von der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld auf Nachfrage. Neben äußeren Faktoren wie dem Ukraine?Krieg und den enorm gestiegenen Materialkosten lähme und verteuere die überbordende Bürokratie viele Projekte. Das Handwerksparlament OWL fordert deshalb jetzt in einer Resolution an die Politik eine Abschaffung beziehungsweise Absenkung der Grunderwerbssteuer sowie eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für Bauinvestoren. Problem in Bielefeld: die 2019 beschlossene Baulandstrategie Der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) rechnet für das kommende Jahr nicht nurmit einem Rückgang beim Wohnungsbau, sondern auch bei den Beschäftigten, so jetzt ZDB-Präsident Wolfgang Schubert-Raab. Während man für 2023 noch davon ausgehe, bundesweit 271.000 Wohnungen fertigzustellen, seien es 2024 nur noch 235.000 - meilenweit entfernt vom Ziel der Ampel-Regierung, jährlich 400.000 Wohnungen zu errichten. Gestiegene Baukosten und Zinsen, realitätsferne Qualitätssiegel-Vorgaben für nachhaltige Gebäude statt attraktiver Förderprogramme, fehlende Steuervorteile: &bdquo;Wir haben vor 18 Monaten schon alles auf Eis gelegt“, sagt der Bielefelder Projektentwickler und Investor Heiko Hädrich, der seit Jahren große Wohnneubauten in verschiedenen Stadtteilen realisiert. Sechs bis neun Monate später merkten das dann die Architekten, weitere sechs bis neun Monate die Handwerker. Das Problem in Bielefeld sei zudem die 2019 beschlossene Baulandstrategie. Die laufe in erster Linie darauf hinaus, dass Grundstücke möglichst preiswert angeboten werden sollen und mit einer Quote für den sozialen Wohnungsbau verknüpft sind. Zudem habe die Stadt auf einen Teil der Grundstücke Zugriffsrecht. Die gedeckelten Verkaufspreise führten dazu, dass Landwirte kaum freiwillig ihr Land abgäben. Das Kerngeschäft eines Bauträgers zur Erstellung von frei finanzierten Wohnungen sei aufgrund des Zwangs zum Bau von Sozialwohnungen nicht mehr möglich. Viel neuer Wohnraum in Bielefeld im und rund um das Quartier Grünewaldstraße Generell müsse in der Stadt mehr und vor allem schneller Bauland geschaffen werden, das Angebot also vergrößert werden. Solche Prozesse dauerten amtsintern leider Jahre statt Monate. Der Prozess eines B-Plan-Verfahrens müsste ganz dringend entschlackt werden. Bezirkspolitiker - letztendlich normale Bürger der Stadt, die ihre Freizeit opfern - sei durch die Verwissenschaftlichung überfordert. Das Amt für Wohnbauförderung in Bielefeld sei hingegen &bdquo;wirklich klasse und ein absolutes Vorbild, wie man Bauherren und Investoren für den nicht so einfachen Förderweg gewinnen kann“, ergänzt Hädrich. Leider seien aber weitere Möglichkeiten der Stadt begrenzt, da Bundes- und Landesgesetze, Förderprogramme und &bdquo;das große Delta aus Wunschmiete zu den hohen Kosten“ nicht in Einklang ständen. Viel neuer Wohnraum ist in Bielefeld in den vergangenen Monaten entstanden im und rund um das Quartier Grünewaldstraße hinter der Hochschule Bielefeld. Verzögerung gibt es dort beim großen Neubauprojekt der Gemeinnützige Baugenossenschaft Brackwede (gbb). Der ursprünglich für April 2023 anvisierte Bezugstermin für die ersten 19 der insgesamt 87 Wohnungen musste deutlich verschoben werden. Allerdings sei das Projekt keinesfalls auf Eis gelegt, dementiert der geschäftsführende Vorstand der Genossenschaft, Markus Fleer, Gerüchte. Er gehe jetzt von Mitte 2024 für die Fertigstellung der ersten Einheit aus. BGW will 2024 insgesamt 245 Wohnungen fertigstellen Die Bielefelder Gesellschaft für Wohnen und Immobiliendienstleistungen (BGW), mit rund12.000 Wohnungen nach eigenen Angaben das größte Unternehmen der Immobilienwirtschaft in Bielefeld und auch in OWL, baut zurzeit vier Projekte: an der Sperberstraße, Ernst-Rein-Straße, Rabenhof und am Lipper Hellweg. Diese würden unverändert weitergeführt. &bdquo;Wir werden in 2024 insgesamt 245 Wohnungen fertigstellen können“, sagt Geschäftsführerin Sabine Kubitza. Neben der energetischen Modernisierung der Gebäude bleibe die Schaffung von neuem Wohnraum auch in Zukunft ein wichtiges Anliegen des Unternehmens mit 180 Mitarbeitern. In diesem Jahr sei dafür ein Grundstück im Norden von Bielefeld gekauft worden.

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