Eltern in großer Sorge: Vielen Bielefelder Kitas droht die Pleite

Bielefeld. Das Drohszenario schreckt besonders Eltern von kleinen Kindern: Wenn die Kitas in NRW nicht mehr Geld bekommen, als jüngst von der schwarz-grünen Landesregierung in einem sogenannten Rettungspaket beschlossen, dann sei es durchaus realistisch, dass 50 Prozent der freien Träger in finanzielle Schieflage geraten oder direkt in die Insolvenz schlittern. Während Ministerin Josefine Paul den Kita-Trägern mit 100 Millionen Euro helfen will, kamen die Rechner der Freien Wohlfahrtspflege NRW auf einen Finanzbedarf von 590 Millionen Euro, um den Betrieb der Kitas auf dem bisherigen Niveau zu gewährleisten. Um der Dramatik dieser finanziellen Diskrepanz weiter Nachdruck zu verleihen, mobilisieren die Träger der Freien Wohlfahrtspflege für den Donnerstag zu einer Demonstration vor dem Landtag in Düsseldorf – und in Bielefeld für eine kollektive Kundgebung auf dem Rathausvorplatz. Dafür warben am Donnerstag unter dem Dach der Kita Nestfalken sieben Vertreterinnen und Vertreter eben dieser Freien Träger: Detlef Müller sprach für die Kitas der katholischen Kirche, die in Bielefeld 10 Kitas unterhält, seine Kollegin Melanie Hoffmann repräsentierte 32 Kitas vom evangelischen Kirchenkreis Bielefeld. Lisa Sommer von der bereits in der Insolvenz in Eigenverwaltung befindlichen AWO OWL betreut in Bielefeld 20 Kitas. Das DRK Bielefeld komme auf 11 Kitas, wie Geschäftsführer Marco Eltner sagte und Falken-Geschäftsführer Ulrich Gödde kümmert sich um den Betrieb von 6 eigenen Kitas. Andrea Thulke und Björn Wasielke-Buschkamp von der Von-Lear-Stiftung als Experten für Betriebs-Kitas managen 11 Einrichtungen in Bielefeld. Die sechs Träger der größten Organisationen kommen allein auf 90 Kitas, was in Bielefeld bei einer Gesamtzahl von 209 Kitas rund 43 Prozent entspricht, weitere 42 Kitas betreibt die Stadt in Eigenregie (20 Prozent). Die verbliebenen 77 Kitas verteilen sich auf die restlichen 40 Träger im Stadtgebiet, die alle im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband organisiert sind. Alle eine gegenwärtig dieselbe Problematik: Während nach dem jüngsten Tarif-Abschluss im Öffentlichen Dienst die Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher um 11 Prozent gestiegen seien, habe die Regelanpassung für die Zahlungen vom Land nur etwas über 3 Prozent betragen. Kürzung von Öfnugszeiten oder Schließungen Die daraus resultierende Differenz müssten nun die Träger aus ihren Reserven bezahlen, die wegen der generellen Preissteigerungen kaum noch vorhanden seien, schilderte Ulrich Gödde die Situation. Eine weitere Bürde für die Kita-Träger sei gezwungenermaßen die Vorfinanzierung vieler Leistungen, weil sie immer erst nachträglich vom Land vergütet würden, erklärte Marco Eltner. Das habe jetzt schon zur Folge, dass beim Personal-Budget das Geld fehle für Springer oder Aushilfen. Käme es dann etwa krankheitsbedingt zu Ausfällen, müssten eventuell Gruppen geschlossen werden, im Extremfall komplette Einrichtungen. Folgen wären Kürzungen der Öffnungszeiten oder Schließungen, das Horror-Szenario vieler berufstätiger Eltern. Zu den finanziellen Problemen käme dann noch der Fachkräftemangel, sagte Melanie Hoffman. Die verbesserte Bezahlung sei der richtige Schritt, um die Attraktivität des Berufs zu steigern, doch fehle es schon jetzt an Nachwuchs in den Häusern: Thema Ausbildung. Die müsse zu 100 Prozent vom Land bezahlt werden, den Trägern fehle dafür das Geld. Die sechs Träger der Freien Wohlfahrtspflege haben nicht nur für die Kundgebung am kommenden Donnerstag einen Katalog mit Forderungen formuliert, in dem sie unter anderem den Abbau von belastender Bürokratie verlangen sowie die Kostenübernahme für Hilfskräfte oder Quereinsteiger. Damit sich möglichst viele Mitarbeitende an der Kundgebung beteiligen können – die keine Demo sei, wie die sieben betonen, denn die finde zeitgleich in Düsseldorf vorm Landtag statt, sondern eine Info-Veranstaltung – gebe es an dem Tag in den teilnehmenden Einrichtungen nur eine Notbetreuung. Regulär sei dort um 10.30 Uhr Schluss, denn die Kundgebung beginne symbolträchtig um fünf vor 12 Uhr und ende um 13 Uhr. Es gebe Info-Ständen, eine Podiumsdiskussion und viel Musik von der Kinder-Rockband &bdquo;Randale“ für die erwarteten 1.000 Besucher. Vielleicht würden es auch 3.000, sagte DRK-Mann Marco Eltner: Gerade bei den Eltern gebe es viel Gesprächsbedarf.

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