Politiker fassungslos: Hochwasserschutz funktioniert nicht in Bielefeld

Bielefeld. Innerhalb von nur sechs Stunden sind in Heepen am 12. September 75 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen – so viel wie sonst in einem Monat. Etliche Keller liefen voll, zum wiederholten Male wurde der historische Meierhof überflutet, nachdem heftiger Starkregen Lutter und Baderbach über die Ufer treten ließ. In den Räumen der Naturfreunde richteten die Wassermassen große Schäden an, auch der Leithenhof war wieder betroffen. Der Stadtbezirk stand unter Schock, denn 2012 und 2013 war Heepen bereits besonders stark vom Hochwasser gebeutelt. Seitdem ist auch viel in Sachen Hochwasserschutz passiert. Aber scheinbar nicht genug. Das wurde jetzt in der Sitzung der Bezirksvertretung Heepen deutlich. Ulrike Giese-Grohmann, Leiterin des Bereichs Oberflächengewässer beim Umweltamt der Stadt, und Projektleiter Christoph Mittmann hatten die Politiker über den aktuellen Stand informiert und erklärt, warum es zu Verzögerungen beim Hochwasserschutz gekommen war: neue Vorschriften bei der Entsorgung von Bodenaushub, Abstimmungen mit der Bezirksregierung, Grunderwerb, aber auch Pläne für den Radwegeausbau. Denn eigentlich sollte nach den Hochwasser-Ereignissen von 2012 und 2013 alles ganz schnell gehen: So sollte die Weser-Lutter zwischen der Straße Am Venn und der Eckendorfer Straße verbreitert und naturnah umgestaltet werden, die Brücken an der Heeper und der Vogteistraße mit größeren Durchflussöffnungen versehen werden. Außerdem sollte das Wehr am Meierteich ersetzt werden. 2016 waren die Pläne der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Doch es gab Verzögerungen beim Grunderwerb, weshalb die Arbeiten immer wieder nach hinten geschoben werden mussten. Erst ab 2020 ging es dann los. Dabei wurde die Weser-Lutter zunächst zwischen dem Wohnbaugebiet Fohlenwiese und der Eckendorfer Straße auf einer Strecke von etwa 750 Metern verbreitert und naturnah ausgebaut. Beim Starkregen vom 12. September hat das ausgereicht. &bdquo;Aber es war ganz knapp“, sagte Heepens Bezirksbürgermeister Holm Sternbacher (SPD) in der Sitzung. &bdquo;Zwei Zentimeter mehr und das Wasser wäre über die Ufer getreten.“ Bezirksregierung hatte neue Berechnungen gefordert Eigentlich sollten die Arbeiten, nachdem der erste Bauabschnitt abgeschlossen war, auch zügig weitergehen, aber die Bezirksregierung hatte neue Berechnungen für den geplanten Neubau der Brücke an der Vogteistraße gefordert, so Christoph Mittmann. &bdquo;Es gab einen Planungsstopp“. Denn der Neubau drohte teurer, als ursprünglich angenommen, zu werden. Erst Anfang September sei dann klar gewesen, dass die Brücke tatsächlich neu gebaut werden muss. &bdquo;Uns wurde empfohlen, den Brückenneubau zu forcieren“, so Mittmann. &bdquo;Wir machen weiter.“ Vor 2025 sei allerdings nicht mit einer neuen Brücke zu rechnen, da in dem Bereich viele Versorgungsleitungen liegen würden. Das mache die Arbeiten nicht einfacher. Die Brücke an der Heeper Straße könne hingegen so bleiben. Zwischen der Straße Am Venn und der Einmündung Baderbach soll die Lutter in einem etwa 650 Meter langen Bauabschnitt ebenfalls naturnah und hochwassersicher ausgebaut werden. Dort sind bereits Bäume und Gehölzgruppen gefällt worden, um das Bachbett zu verbreitern. Aber die Arbeiten stocken. Ausgebaggert ist die Lutter laut Mittmann in dem Bereich noch nicht, da es neue Vorschriften für die Entsorgung des Aushubs gebe. Verzögerungen gab es auch bei der geplanten Verbreiterung der Fußgänger- und Radfahrer-Brücke am Zusammenfluss von Baderbach und Lutter. Hier soll der Durchfluss für das Wasser von zehn auf 14 Metervergrößert werden. Das konnte allerdings wegen der Radwegeplanung nach Heepen noch nicht umgesetzt werden, sagte Mittmann. Das Wehr am Meierhof sei zwar inzwischen erneuert, es war aber am 12. September nicht in der Lage, die Fluten zu regulieren, so Mittmann. Der Druck durch die Wassermassen, die aus dem Zusammenfluss Baderbach/Lutter kamen, waren zu stark. Das Wasser lief über den Meierhof. Betroffen waren wieder die Naturfreunde Bielefeld, die dort ihr Domizil haben. Vorsitzender Gerd Weichynik war extra in die Sitzung gekommen, um sich über den Sachstand zu informieren. Für den Verein wird es wohl teuer werden. &bdquo;Eine Elementarversicherung, die bei Wasserschäden durch Unwetter aufkommen würde, nimmt unsere Gebäude nicht mehr auf“, sagt er. Er sprach von einem Schaden im vierstelligen Bereich. &bdquo;Von unseren Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 60 Euro im Jahr können wir das nicht zahlen“, so Weichynik. &bdquo;Wem können wir das jetzt in Rechnung stellen?“, wollte er in der Sitzung wissen. Politiker machen Druck Die Politiker drücken aufs Tempo. &bdquo;Es kann nicht angehen, dass wir Radkonzepte planen und sich das Hochwasser wiederholt“, sagte Elke Grünewald (CDU) in der Sitzung. Auch SPD-Vertreter Selcuk Solmaz zeigte sich &bdquo;fassungslos“. &bdquo;Es sind Existenzen gefährdet“, sagte er. Doch es wird noch einige Zeit dauern, bis die Arbeiten abgeschlossen sind.

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