"Das ist doch verrückt": Ex-Ratsfrau macht ihrem Ärger über Bielefelder Politiker Luft

Bielefeld. Zum Zaudern sei keine Zeit, findet Dorothea Becker. Die ehemalige Ratsfrau ärgert sich über die Zögerlichkeit vieler Kommunalpolitiker, mutige Entscheidungen zu treffen. Für Becker ist das der Grund, warum Bielefeld in vielen Bereichen nicht vorankomme. Die Beispiele, die sie aufzählt, sind die Dauerbrenner der Stadt: Das Problem mit der Drogen- und Trinkerszene an der Tüte, das gleiche Problem am Kesselbrink und am Treppenplatz in Brackwede. Auch die in die Jahre gekommene Bahnhofstraße, die stockende Radwegeplanung oder das Vorhaben, die Aufenthaltsqualität in der Altstadt noch attraktiver zu machen, gehören dazu. Zu guter letzt nennt sie den Gewerbeflächenmangel in der Stadt. Es scheint, als wolle Becker noch mehr Probleme aufzählen. Doch sie hält inne, schüttelt den Kopf und tippt sich mit dem Finger an ihre Stirn. Die Ex-Fraktionschefin der Bielefelder Bürgergemeinschaft BfB kommt zurück auf das Altstadt-Thema. &bdquo;Was da passiert, ist doch verrückt“, sagt sie. Ihr sei unklar, warum ein so genanntes Kernteam von 50 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Handel, Gastronomie und dem Dienstleistungssektor gebildet worden sei. Dass seien zu viele Menschen. Sie kritisiert ebenfalls, dass dieses Team im nächsten Schritt Vorgaben erarbeite, die &bdquo;nur“ dazu dienten, sie Planungsbüros vorzulegen. &bdquo;Warum müssen das gleich drei Planungsbüros sein? Reicht nicht eines?“, fragt sie. Gar nicht mehr nachvollziehen könne sie den dritten Teil des Projektes, in dem eine Jury wiederum aus Mitgliedern des Kernteams gebildet werde, um aus den Ideen ein Siegerkonzept auszuwählen. Bürgerbeteiligung darf nicht dazu führen, das Politiker sich vor Entscheidungen drücken &bdquo;Das ganze Prozedere dauert jetzt schon ewig, ist teuer und hat noch nichts entscheidendes gebracht“, moniert Becker. Bürgerbeteiligung sei wichtig und gut. Sie dürfe aber nicht bedeuten, dass Politik sich vor Entscheidungen drückt. Becker hat eine lange und wechselvolle Geschichte in der Kommunalpolitik hinter sich. Dem Stadtrat hat sie ab 1989 mit Unterbrechungen bis 2020 angehört. Von 1980 bis 1984 war sie Mitglied der FDP bevor sie sich entschied, der Bürgergemeinschaft beizutreten. Diese war am Ende so zerstritten, dass Becker mit weiteren Mitstreitern die Fraktion verließ und die Bielefelder Mitte gründete. Sie galt stets als konservative Kommunalpolitikern, die sich nicht scheute, ihre Meinung zu sagen. Ihre Schwerpunktthemen waren Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt. &bdquo;Früher hat man im Bielefelder Stadtrat um die Sache gerungen“ Ein bisschen vermisse sie die alten Zeiten. &bdquo;Früher hat man im Stadtrat um die Sache gerungen und die überzeugendsten Argumente setzten sich durch.“ Hinzu käme das Problem des festgefahrenen Koalitionszwanges. Als die Grünen zum ersten Mal in den Stadtrat gewählt worden seinen, sei das das Ende der wechselnden Mehrheiten gewesen. &bdquo;Danach gab es immer Rathauskoalitionen“, erinnert sich Becker. Das sei nicht gut. Politiker seien oft in Fraktionen und Koalitionen eingebunden, die an eine einheitliche Linie gebunden seien. Dieser Zwang könne dazu führen, dass individuelle Meinungen geopfert werden, um den Konsens aufrechtzuerhalten. Die Vermeidung von Konflikten könne dazu führen, dass dringend benötigte Entscheidungen aufgeschoben oder verwässert werden, so Becker. Der Stadtrat sei kein Parlament, dort würden keine Gesetze beschlossen. Deshalb brauche es keine Koalitionen. &bdquo;In der Kommunalpolitik geht es ausschließlich um Sachfragen.“ Sie sei heilfroh, dass sie im jetzigen Stadtrat mit so vielen Fraktionen, Gruppen und Einzelkämpfern nicht mehr sitze. &bdquo;Vernünftige Entscheidungen werden immer schwieriger.“

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