Brand-Hotel in Bielefeld: Gastronomen kämpfen um ihre Existenzen

Bielefeld. &bdquo;Völlig allein gelassen“: So bezeichnen drei Familien ihre Situation und den fast ein Jahr währenden Zustand. Als am 20. Juli 2022 das Dach des Golden-Tulip-Hotels in der Altstadt brannte, mussten auch sie zur eigenen Sicherheit und der ihrer Gäste sofort die Lokalitäten schließen. Seit dem Tag habe sich kaum etwas geändert, sagen die Gastronomen bei einem Treffen im Luttergrill. Zum Leineweber Mitte Mai wagte Familie Kozan den Neustart – und kämpft seitdem gegen die Unsichtbarkeit. Denn das mit Planen verkleidete Baugerüst rund um die quaderförmige Immobilie wirkt wie eine gewaltige Barriere auf dem Weg zu dem einst so beliebten Imbiss. Dort traf sich eine Runde mit City-Managerin Desirée Lukowski von der städtischen Wirtschaftsförderung (WEGE) und den Betreibern des Rockcafés und des Restaurants Kohinoor. Lukowski fungiert als Ansprechpartnerin zwischen der Verwaltung und den Gastronomen, hilft und regelt, wo sie kann und überbringt am Donnerstagnachmittag nicht die gute Nachricht, auf die alle gehofft hatten: Sollte die punktuelle Fassadenprüfung zu einem positiven Ergebnis kommen, könnte das Baugerüst kurzfristig demontiert werden, sagt sie. Seien die Resultate der Prüfung jedoch weniger eindeutig, könne laut dem Ingenieurbüro ein Check der kompletten Gebäudehülle folgen – das Gerüst bliebe weitere zwei bis drei Jahre stehen. Fassaden-Prüfung dauert schon ein Jahr &bdquo;Verrät uns vielleicht einmal jemand die Ergebnisse dieser punktuellen Prüfung, die jetzt ein Jahr gedauert haben soll?“, fragen Niklas Meyer vom Rockcafé und Ezgi Kozan vom Luttergrill unisono und sprechen damit das aus ihrer Sicht größte Problem an: &bdquo;Wir bekommen keine Informationen.“ Dafür sei die Hausverwaltung verantwortlich, doch Haus & Grund (H&G) würde sie komplett ignorieren. Obwohl die Büros am Alten Markt nur 300 Meter entfernt seien, habe sich seit dem Brand niemand blicken lassen vor Ort. Dabei hätten sie alles versucht: angerufen und E-Mails geschrieben, um zu erfahren, wie es denn mit der Immobilie weitergeht, welche Gutachter und Sachverständige von welchen Versicherungen die Schäden aufnehmen, um auf der Basis die nötigen Kostenvoranschläge einzuholen, damit anschließend zügig saniert werden kann. Doch offenbar zeigte die Hausverwaltung kein Interesse an der Situation der Familien-Unternehmen. Das sei so nicht richtig, erklärt H&G-Geschäftsführer Christoph Krieg. Zum einen bestehe gegenüber Mietern keine Auskunftspflicht und zum anderen gäbe es den im April an die WEGE verschickten Brief. &bdquo;Auch wir sind mit dem aktuellen Sachstand nicht zufrieden. Der Wiederaufbau liegt jedoch ausschließlich in der Verantwortung des Sondereigentümers. Dieser muss die entsprechenden Schritte veranlassen“, erklärt Krieg. Die Problematik der Gewerbe-Immobilie: Es soll in zwei Eigentümergemeinschaften an die 35 Eigentümer geben. Dazu zählt die Hotel-Kette, und dazu gehören auch Heike Miculins und Aman Khan mit ihrem indischen Restaurant Kohinoor. Und auch sie hadern mit Haus & Grund: &bdquo;Die gehen gar nicht mehr ans Telefon, wenn wir anrufen“, sagt Miculins. Anfangs habe es immer geheißen, der eine Mitarbeiter sei im Urlaub oder gerade nicht erreichbar, doch jetzt hebe nicht einmal mehr jemand ab. Eigentümerversammlung nach Sommerferien Auch könne sie sich seit dem Brand an keine Eigentümerversammlung erinnern. &bdquo;Die letzte Versammlung fand vor Weihnachten statt. Wir bereiten aktuell eine weitere Versammlung vor, zu der wir nach den Sommerferien einladen werden“, teilt Krieg mit und geht auf den kolportierten Konflikt der Versicherer untereinander ein: &bdquo;In dem Brandschadenereignis sind mehrere Versicherer involviert. Dass ein Versicherer die Regulierung abgelehnt haben soll, ist uns nicht bekannt. Allerdings vergeht deutlich mehr Zeit bei Entscheidungen der Versicherer, als wir es gewohnt sind.“ Ein Architekturbüro plant die Arbeiten im Auftrag der Tulip-Hotel-Kette, die zum französischen Konzern &bdquo;Louvre Hotel“ gehört, der sich unter dem Dach der chinesischen Staatsholding Jin Jiang International befindet – laut Wikipedia der zweitgrößte Hotelier der Welt. Doch obwohl das Feuer im Dachstuhl des Hotels ausbrach, diesen zerstörte sowie die darunterliegende Etage, habe es von den Verantwortlichen gegenüber den Gastronomen bislang keine Reaktion gegeben. &bdquo;Keine Entschädigung und nicht einmal eine Entschuldigung“, sagt Ezgi Kozan. &bdquo;Ich bin fassungslos, wie da mit den Existenzen umgegangen wird“, sagt City-Managerin Desiée Lukowski: Zum einen seien da die Familienbetriebe und die beschäftigen ja wiederum noch Mitarbeiter. Baustellen-Ambiente für Restaurant-Gäste Die Chefs vom Kohinoor würden gerne renovieren, zögern aber noch, weil sie den Restaurant-Gästen kein Baustellen-Ambiente zumuten möchten. Zur Sicherung der Existenz trage gegenwärtig das Kohinoor junior im Harms Markt bei. Niklas Meyer will sein Rockcafé jetzt auf eigene Rechnung aufräumen und die Kultkneipe zum Spätsommer wieder eröffnen. Zwischenzeitlich investierte er zum Überleben in ein Lokal am Gänsemarkt in Herford. Familie Kozan bleibt nur der Imbiss.

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