Mehr als ein Neuanfang: Warum sich der Präsident von Arminia Bielefeld auf die 3. Liga freut

Bielefeld. &bdquo;Diese Oldtimer-Bahn ist Baujahr 1962“ erklärt der Fahrer Jeyanthan Vijayakumar zu Beginn der Rundreise auf Schienen durch Bielefeld. &bdquo;Und was sind wir dann? Super-Oldies?“, fragen zwei Fahrgäste verblüfft. Diese Beiden, Jahrgänge 1956 und 1948, sind der Grund für diesen Kurztrip in der sonntäglichen Mittagshitze: Arminia-Präsident Rainer Schütte und sein Vorgänger im Amt, Hans-Jürgen Laufer, luden zu diesen nostalgischen 90 Minuten ihre Fans ein. 90 überaus unterhaltsame Minuten, das war in der Vergangenheit bei den Profis des DSC nicht selbstverständlich – leider! Aber: &bdquo;Wir haben uns im Präsidium letzte Woche darauf geeinigt, nur noch nach vorne zu schauen“, versucht Schütte das Gleis zu wechseln, was ihm freilich nicht so recht gelang. Denn den Mitreisenden brannten Fragen unter den Nägeln, die sich auch auf die zurückliegenden Spielzeiten bezogen. Abfahrt im Mobiel-Betriebshof in Sieker. Beim ersten Ampelstopp rollt die Bahn ein paar Meter in die falsche Richtung: &bdquo;Die nächste Fahrt geht rückwärts“, frotzelt Hans-Jürgen Laufer. Hier, im Bielefelder Osten, sei früher sein &bdquo;Jagdrevier“ gewesen, hier ist Laufer aufgewachsen. Die Oldentruper Straße, die die Oldie-Bahn dann doch noch fand, war Teil von Laufers Schulweg. &bdquo;Ich ging zur Kuhlo-Realschule und die wird jetzt abgerissen, traurig“, gewährt der Ex-Präsident einen kleinen Einblick in sein Seelenleben. &bdquo;Die nächste Fahrt geht rückwärts“ Zurück zum Fußball: So schlecht, wie es in der Außenwirkung scheint, sei die abgelaufene Saison doch gar nicht gelaufen für den Club der Ostwestfalen. Rainer Schütte zeigt Erfolge auf, die wirklich nicht von schlechten Eltern sind: U 17-Meisterschaft (&bdquo;Die haben nur Attacke gespielt, das war schön“), U 19-Aufstieg, die U 17-Damen spielen jetzt Bundesliga und die 1. Damen um den Westfalenpokal – &bdquo;nur die Profis haben nicht mitgehalten“. Schütte nimmt kein Blatt vor dem Mund, gewährt sogar Einblicke ins Innere der Profi-Umkleidekabinen, diese sind aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Super-Oldies tragen ihr Herz auf der Zunge: &bdquo;Das Hinspiel in Wehen Wiesbaden war eine Katastrophe, das Schlimmste, was wir von den Fans je erlebt haben“. Und das bestätigt nicht irgendjemand, sondern ein Hans-Jürgen Laufer, der in seiner erstem Präsidentenjahr die Relegation gegen Darmstadt miterleben musste (2014 gewann der DSC das Hinspiel 3:1, kassierte aber im Rückspiel daheim vier Gegentore und stieg ab). Das alles ist schon ein Weilchen her, sitzt bei vielen Fans aber immer noch tief. Sehr frisch dagegen der letzte Abstieg, Rainer Schütte dazu: &bdquo;Ich hatte das Gefühl, wir sind nie wirklich angekommen in Liga Zwei“. Das Relegations-Desaster gegen Wiesbaden erklärt der amtierende Präsident mit den Worten Heribert Bruchhagens - um die Jahrtausendwende Manager von Arminia Bielefeld: &bdquo;Das ist die Eigendynamik des Misserfolgs“. Laufer bestätigt rustikal und erwidert mit den Worten von Fußball-Weltmeister Andy Brehme: &bdquo;Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“. Jeyanthan muss kurz auf die Bremse treten. &bdquo;Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“ Rainer Schütte berichtet von einem Kurzbesuch in der Umkleide nach dem Abstieg auf dem Alm vor knapp zwei Wochen: &bdquo;Ich habe noch nie so viele Männer heulen sehen, das würden Söldner nicht machen“, reagiert er auf ein Transparent im Fanblock. Er geht durchaus hart ins Gericht gegen einige Profis, aber nicht gegen alle: &bdquo;Der Lasme ist ein feiner Kerl und kein Söldner, Koschinat sieht ihn in ein paar Jahren sehr weit oben“. Klar ist ihm auch, dass der Wind etwas anders weht in der dritten Liga. &bdquo;Die Mannschaft muss sich erst an Liga Drei gewöhnen“, bemerkte jüngst der neuverpflichtete Trainer Mitch Kniat. Was er damit meinen könnte erklärt Rainer Schütte: &bdquo;Mehr Physis als Taktik, mehr lange Bälle oder noch einfacher: &bdquo;Physis wird zur Taktik. Aber um das klarzustellen: Wir sind nicht so arrogant zu sagen, wir rocken das hier mal eben in Liga Drei“. Für Schütte haben die letzten beiden Bundesligajahre dem Verein strukturell (nicht finanziell) eher geschadet als genützt: &bdquo;Sie haben uns vom Weg der Erneuerung abgebracht“. Laufer bestätigt das: &bdquo;Ich bin regelrecht froh, dass wir jetzt von vorne anfangen und jeden Stein umdrehen können. Und über noch etwas bin ich froh: In der 3. Liga gibt es keinen VAR“.

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