Zum Ramschpreis: Bielefelder Fabrikanten-Villa unterm Hammer

Bielefeld. Die Zwangsversteigerung eines Fabrikanten-Domizils aus der Schüco-Dynastie am Dienstagmorgen am Amtsgericht Bielefeld war der Hammer: Nicht nur, weil es bloß ein einziges Gebot gab für die Immobilie, die dadurch für die Hälfte des vom Gutachter errechneten Verkehrswerts bei drei unter den Hammer kam. Den Wert des Hauses hatte der Fachmann auf 455.000 Euro taxiert – die beiden Erbin- nen müssen sich jetzt mit 227.500 Euro zufriedengeben. Das sei schon okay, sagte ein Enkel am Ende des ausgebliebenen Spektakels, der namentlich nicht genannt werden möchte. Noch vor einem Jahr wäre bei dem Objekt wesentlich mehr drin gewesen, darin waren sich alle Anwesenden einig, doch am Dienstagmorgen besaß niemand die Absicht, das erst kurz vor Schluss der Sitzung gemachte Gebot noch zu toppen. Auch nicht der Enkel und dessen Onkel, der ebenfalls als Zuschauer mit im Saal saß. Von Familienseite bestehe kein Interesse an dem Haus in Baumheide, hieß es. Firma aus Hamm bei Zwangsversteigerung Das wird demnächst wahrscheinlich wieder in den einschlägigen Online-Immobilienportalen auftauchen. Denn ersteigert hat die Immobile der Makler Nicolas Rausch aus Hamm. Er favorisiere die Variante, das Haus im Originalzustand anzubieten, damit sich die zukünftige Familie dort selbst verwirklichen könne. Und noch zwei weitere Hammer saßen im Saal: Rudolf Brauner von der Firma &bdquo;ZV max“ sowie sein Kollege Michael Winter. Während die beiden am Dienstag gleich drei Zwangsversteigerungen besuchten und beobachteten, standen draußen zwei weitere Mitarbeiter am sogenannten Infos-Bus für die Direkt-Akquise. Denn das noch junge Unternehmen versteht sich als professioneller Dienstleister für Interessierte an Zwangsversteigerungen. Brauner und sein Team wollen ihre Kunden aufklären über den Ablauf und die Regeln, über Chancen und Risiken informieren, sowie bei Bedarf die Kunden zum Termin bei Gericht begleiten. Erhält der Kandidat dann tatsächlich den Zuschlag, bekommen die Coaches ihre Provision. Und nur dann, sagt Brauner. Deren Höhe betrage ein zuvor vereinbarter Prozentsatz vom Verkehrswert. Bleibt das Gebot darunter, profitieren die Hammer; liegt das Gebot darüber, freut sich der Kunde und Käufer. Doch an diesem Dienstag zeichnet sich ab, worüber die Branche schon länger stöhnt: Es fehlt an Interessenten für die Objekte. Wobei die erste Immobilie des Tages, eine 50 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Heepen mit so vielen Hypotheken ins Rennen geht, dass am Ende niemand ein Gebot abgibt. Zwar liegt der Verkehrswert bei glatt 100.000 Euro, doch konkurriert er mit eingetragenen Grundschulden von drei Gläubigern in Höhe von rund 117.000 Euro. Das Mindestgebot müsste bei 10.000 Euro liegen, um wenigstens die Verfahrenskosten zu decken. Wäre es zugleich das Höchstgebot, hätte der Käufer das Objekt für 127.000 Euro erstanden. &bdquo;Um selbst darin zu wohnen, ist das kein schlechter Preis – als Renditeobjekt jedoch zu teuer“, sagt Brauner. Und kommt zu einer Kernkompetenz seines Geschäfts: dem Blick ins Grundbuch. Darin steht zum Beispiel, dass die Stadt Bielefeld die kleine Wohnung einst mit einer Sicherungshypothek in Höhe von 1,38 Millionen Euro versah. Das Insiderwissen sei ein Benefit für die Kunden, so Brauner. Zudem versuche die Agentur, mit den Eigentümern in Kontakt zu treten, um vielleicht doch eine individuelle Besichtigung für Interessenten zu ermöglichen. Denn das sei bei Zwangsversteigerungen immer noch das größte Risiko, dass Käufer erst im Nachhinein erfahren, in welchem Zustand sich Zimmer samt Ausstattung befinden. Pool mit pittoreskem Fliesen-Mosaik Das lief transparenter beim Schüco-Haus, das einst der Halbbruder des Firmengründers in Baumheide für seine Familie errichtete – natürlich gespickt mit reichlich Alu-Profilen. Das vom Amt bestellte Gutachten versorgte Interessenten bereits mit etlichen Einblicken zu den kritischen Punkten der Immobilie, wie kleine Schäden am Mauerwerk, einem installierten Treppenlift, und dem veralteten Pool mit seinem pittoresken Fliesen-Mosaik. Zwar würde die Renovierung rund 80.000 bis 100.000 Euro kosten, doch bei dem gegenwärtigen Bodenrichtwert in Höhe von 310 Euro pro Quadratmeter habe allein das fast 900 Quadratmeter große Grundstück einen Wert von knapp 270.000 Euro, rechnen die Profis von &bdquo;ZV max“ vor. Allerdings fand sich am Morgen am Niederwall spontan kein Kunde, den die Hammer auf die Schnelle hätten überzeugen können, mit ihnen bei der betreuten Zwangsversteigerung die Immobilie seines Lebens zu erlangen. &bdquo;Als junges Team verbuchen wir den Besuch unter Erfahrungen sammeln“, sagte Brauner. Das Quartett packte sein Banner wieder in den Bus und machte sich ohne Deal auf die Heimreise – aber immerhin gehört das alte Schüco-Haus in Baumheide jetzt einem Hammer.

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