Firma aus Bielefeld schlägt Alarm: Plötzlich 20 Millionen Euro Stromkosten

Bielefeld. Gerade ist ein Waschmaschinenhersteller als Kunde abgesprungen. &bdquo;Wir sind ihm zu teuer“, sagt Clemens Küpper, Sprecher der Geschäftsführung der Eisengießerei Baumgarte. &bdquo;Der Auftrag geht jetzt nach Polen.“ Das Brackweder Traditionsunternehmen mit 300 Beschäftigten hat schwer an der Last der seit dem Ukrainekrieg enorm gestiegenen Energiepreise zu tragen. 20 Millionen Euro im Jahr muss Baumgarte für den Strom bezahlen, um Metall schmelzen und daraus Gussteile fertigen zu können. Die Preise sind von unter fünf Cent pro Kilowattstunde auf jetzt 44 Cent angewachsen. Und das bei einem jährlichen Bedarf von 45 Millionen Kilowattstunden. So viel wie 8.000 Haushalte verbrauchen. Debatte um Industriestrompreis Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke hat sich jetzt zusammen mit dem stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Steve Kuhlmann und Partei-Geschäftsführer Simon Lange bei einem Besuch im Unternehmen über die aktuelle Lage informiert. Eines der Themen: die Forderung nach einem Industriestrompreis, der die deutsche Wirtschaft wieder konkurrenzfähiger machen würde. Die Debatte darüber war schon vor dem Kriegsausbruch geführt worden. &bdquo;Wir brauchen ein neues Strommarktdesign“, sagt auch Radtke. Die Entlastungspakete, die der Bund für die Industrie geschnürt hat, sind aus seiner Sicht nicht ausreichend und zu kompliziert in der Umsetzung. Auch Baumgarte bekommt Entlastungen vom Bund. Zwei Millionen Euro sind sicher, weitere zwei Millionen möglich. Doch die sind an Bedingungen geknüpft. So muss gewährleistet sein, dass 90 Prozent der Beschäftigten auch 2025 &bdquo;noch an Bord sind“, wie es Küpper formuliert. In der Bilanz muss diese Summe aber dann erst einmal zurückgestellt werden. Entlastung durch den Bund reicht bei Weitem nicht Unterm Strich bleiben dem Unternehmen, die Zuschüsse abgerechnet, Mehrkosten von 16 Millionen Euro nur wegen der Energiekosten. Hinzu kommen steigende Personal- und Beschaffungskosten. &bdquo;Bei einem Jahresgewinn von drei bis Millionen Euro ist das nicht zu tragen“, sagt Küpper. Die Folge: Baumgarte musste seine Preise um 25 Prozent erhöhen. Und das machen nicht alle Kunden mit. Viele wechseln zu Gießereien im europäischen Ausland, wie der Waschmaschinenhersteller nach Polen, andere nach Frankreich oder auch in die Türkei. Begegnen kann das Unternehmen dem nur mit weiteren Spezialisierungen und neuer Kundenakquise. Baumgarte fertigt Pumpengehäuse, Bus- und Bahngelenke, Teile für den Getriebebau, Textil- oder Holzbearbeitungsmaschinen, Kompressoren und selbst Klavierrahmen, schaffte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 65 Millionen Euro und strebt dieses Jahr 80 Millionen an. Aber auch diese Zahl ist eigentlich nur den hohen Energiekosten geschuldet. Arbeitskräfte fehlen &bdquo;Wir halten am Standort Deutschland, an Bielefeld fest“, sagt Küpper. &bdquo;Wir können und wollen gar nicht woanders hin.“ Die Rahmenbedingungen, die müssten sich aber deutlich verbessern. Dafür setzt sich Küpper auch als Präsident des Bundesverbandes der deutschen Gießereiindustrie ein. Doch dabei handelt es sich um eine relativ kleine, hoch spezialisierte Branche mit 600 Unternehmen und 70.000 Beschäftigten. Da falle es schwer, sich im Konzert der Großen immer Gehör zu verschaffen. Die Energiekosten sind nur eine der großen Herausforderungen. Es werde immer schwieriger, Arbeitskräfte zu finden, weist Küpper auf ein stetig wachsendes Problem hin. Zustimmung erhält er vom Europaabgeordneten darin, dass der Zugang von ausländischen Arbeitskräften zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtert werden müsse, die Qualifikationen, die etwa auch Geflüchtete mitbrächten, besser genutzt würden.

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