"Lichtermeer mit extremen Ausmaßen": Umstrittene Pilgerstätte für Bielefelder Mordopfer

Bielefeld. Mehr als zehn Monate sind seit der tödlichen Bluttat in Brackwede vergangen. Der 31-jährige Teestuben-Betreiber Memo K. war am 8. Dezember des vergangenen Jahres aus einem Auto heraus von vier Schüssen getroffen worden und später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen. Der mutmaßliche Täter Sinan K. stellte sich Tage später der Polizei und steht mittlerweile vor Gericht. An der zentralen Bushaltestelle an der Berliner Straße in Bielefeld-Brackwede ist eine Art Pilgerstätte entstanden, die nicht allen gefällt. Ratsherr Rainer Seifert von der FDP hat als Mitglied der Bezirksvertretung Brackwede in der jüngsten Sitzung angefragt, wann das &bdquo;Problem mit den ungenehmigten und lediglich geduldeten Grablichtern am Standort des Tötungsdeliktes“ gelöst werde. Lichtermeer nimmt "extreme Ausmaße an" Das &bdquo;Lichtermeer aus Grablichtern“ nimmt in seinen Augen &bdquo;inzwischen extreme Ausmaße an“. Seifert ist der Auffassung, dass der zentrale Platz nicht dauerhaft zu einer Art Pilgerstätte ausarten dürfe. &bdquo;Zur Trauer und zum Aufstellen von Grablichtern dienen die Friedhöfe“, schreibt er in seiner Anfrage. Zudem gab es zwischenzeitlich ein rund sechs Quadratmeter großes Graffito (&bdquo;Memo lebt“). Diese Sprüherei ist mittlerweile im Auftrag des städtischen Immobilienservicebetriebs ISB entfernt worden. In der Bezirksvertretung Brackwede wurde über die FDP-Anfrage in der vergangenen Woche öffentlich nicht weiter gesprochen. Aus dem Bezirksamt hieß es lediglich als Stellungnahme: &bdquo;Die nichtöffentlichen Beratungen der Bezirksvertretung Brackwede sind zu diesem sensiblen Thema noch nicht abgeschlossen.“ Höchste Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Bielefeld Die Tat auf offener Straße hatte im Dezember des Vorjahres für großes Entsetzen in Bielefeld gesorgt. Darüber, was am Abend des 8. Dezember auf dem oberen Parkdeck und im Bushaltestellen-Bereich der Berliner Straße geschehen ist, gehen die Schilderung des Angeklagten und der Zeugen weit auseinander. Memo K. soll im Vorfeld Kontakt zu dem 28-Jährigen aufgenommen und ihn zu einer Unterredung einbestellt haben, möglicherweise, um in einem Streit zu schlichten. Der Schütze war nach den Schüssen zunächst mit seinem Auto geflüchtet, hatte sich dann aber zwei Tage später der Polizei gestellt. Der Prozess gegen den 28-jährigen Sinan K. findet seit Anfang Juni unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Bielefeld statt. Sinan K. muss sich wegen Totschlags und vierfachen versuchten Totschlags sowie Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten. Angehörige beider Seiten sind im Bielefelder Gerichtssaal bereits handgreiflich aufeinander losgegangen. Der Vorsitzende Richter musste den Saal räumen lassen. Außerdem waren bei den strengen Zugangskontrollen zwei Messer gefunden worden – bei einem Nebenkläger und einem Prozessbesucher. Die Hintergründe der Tat sollen in einem Streit um Geld und Drogen liegen. --- Kommentar Mehr Mitgefühl wäre wünschenswert "Für Angehörige und Freunde von Verkehrstoten spielen sie eine zentrale Rolle: Unfallkreuze am Straßenrand. Die kleinen Gedenksymbole helfen bei der Bewältigung der Trauer. Oft noch viele Jahre nach dem Unfall zünden Angehörige und Freunde an der Unglücksstelle eine Kerze an oder stellen Blumen ab. Nicht anders verhält es sich mit den Lichtern an der zentralen Bushaltestelle in Brackwede. Die Gedenksymbole geben den Hinterbliebenen Halt, sie helfen beim Trauern, weil sie am Ort des Geschehens oft eine größere Nähe zu den Verstorbenen empfinden. Dass diese Art des Trauerns nun von einem Ratsherren als Problem gesehen wird, darf als unsensibel bezeichnet werden. Die Gedenksymbole als &bdquo;ungenehmigte und lediglich geduldete Grablichter“ zu bezeichnen, die weg sollen, grenzt schon an Pietätlosigkeit. Vor Ort stehen ein Dutzend Blumen, einige Kerzen und Bilder – sie nehmen kaum Platz ein. Das Mitgefühl gebietet es, die Hinterbliebenen respektvoll zu behandeln." Andrea Rolfes

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