Diese Bielefelder Villa ist von außen wie von innen ein Hingucker

Bielefeld. Ein Hauch von Italien liegt schon seit Wochen über Bielefeld. Zumindest im Hinblick auf das Wetter und die Sommer-Temperaturen. An der Schumannstraße 9 verstärkt ein großes weißes Haus diesen Eindruck. Wobei Haus zu kurz greift, Villa trifft es besser. Und wer sich in der italienischen Renaissance auskennt, wird die deutlichen Anklänge an Villen des berühmten Architekten Andreas Palladio entdecken. Die neoklassizistische Schumann-Villa liegt am Hang des Teutos, unterhalb der Promenade. Und dort fühlt sich seit rund 15 Monaten ein Ehepaar wohl, das Bielefeld eindeutig den Vorzug vor Hamburg gibt. "In Bielefeld lässt es sich sehr schön leben", sagt Regina Kahnau. Durch ein großzügiges Entree mit elfenbein- und verschieden anthrazit-farbenem Mamor sowie einem großen gerahmten Spiegel geht es am Aufzug vorbei - der Tiefgarage und Keller mit den beiden Wohnetagen verbindet -, in die Erdgeschoss-Wohnung von Regina und Reinhard Kahnau. Sie hat eine Größe von 200 Quadratmetern, ebenso wie die drei weiteren Eigentumswohnungen in der Villa. Doch alle vier sind völlig individuell in ihrer Ausgestaltung, wie Kerstin Sosnowski betont. Sie ist Geschäftsführerin der Bielefelder S + R Bauträger GmbH, die die Schumann-Villa errichtet hat. Doch wie kommt man auf die Idee, baulich noch einmal so in die Historienkiste zu greifen? S+R-Mitgeschäftsinhaber Franz-Jürgen Röttger lacht. "Man kann natürlich geteilter Meinung sein, ob einem ein neues Haus gefällt, das so aussieht, als stünde es dort schon mehr als 100 Jahre." Ihm und Architekt Klemens Gabrysch, der in Bielefeld unter anderem den Bielefelder Hof mitrenoviert und andere prägende Bauten in der Stadt errichtet hat, gefiel es. "Wir haben im Umfeld der Schumannstraße sorgfältig recherchiert, und dort stehen etliche Villen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts." Dank der Kinder in Bielefeld verliebt Für die Villa sind zwei schlichte Flachdachbungalows aus den 1960er Jahren verschwunden. 2019 wurde geplant, ab 2020 bis Ende März 2021 gebaut. Da hatten sich Regina und Reinhard Kahnau schon lange für das Haus entschieden. Bei einem Bummel durch die Altstadt entdeckten sie im Aushang eines Maklers das Exposé. Und weil sich die Nordlichter dank ihrer beiden Töchter, die die Laborschule und das Oberstufenkolleg besuchten, später an der Uni studierten, schon Jahre zuvor in Bielefeld verliebt und im Umfeld Freunde und Bekannte hatten, fiel die Entscheidung für die Schumann-Villa ziemlich spontan. Das Gesamtpaket Bielefeld hat uns gefallen", sagt Reinhard Kahnau. Der Wohnort, die Nähe zur Natur und zur Stadt, das studentische Leben, vieles ist fußläufig zu erreichen. "Außerdem sind wir vom gastronomischen und künstlerischen Angebot der Stadt sehr angetan", betont der 77-jährige frühere Unternehmensberater. Zuvor hat die siebenköpfige Patchwork-Familie mit den drei Söhnen in den Nähe von Bad Bramstedt gewohnt - auf mehr als 300 Quadratmetern. Raumhöhe von 2,90 Meter Ihr neues Heim konnten die Kahnaus fast so frei gestalten, als würden sie selbst ein Eigenheim bauen. Herzstück ihrer Wohnung ist das 75 Quadratmeter große Wohnzimmer mit einer Raumhöhe von 2,90 Meter. Man gelangt dorthin durch einen langen Flur, der in seiner Aufgeräumtheit und schlichten Eleganz fast schon Galerie-Charakter hat. Vor den dezent hellblauen Wänden stehen Stelen mit farblich abgestimmten Glasobjekten, gegenüber Einbauschränke, die als solche kaum wahrnehmbar sind. Zumal in ausgesparten Nischen kleine Skulpturen perfekt ausgeleuchtet präsentiert werden. Kunstobjekte und Bilder finden sich überall in der Kahnauschen Wohnung, vieles von Reisen mitgebracht. Im großen Raum mit Fischgrät-Eiche-Parkett, der mit dem englischen Begriff Livingroom am besten beschrieben ist, weil er Wohn- und Esszimmer sowie Küche in einem darstellt, zieht zunächst ein großer Schrank die Blicke auf sich. Nahezu honigfarben hebt sich das Möbel aus seltenem Zuckerkisten-Mahagoni von der dunkelgrauen Wand ab. Das gute Stück mit Empire-Elementen stammt aus dem Jahr 1806 und ist nach Reinhard Kahnaus Worten von einem französischen Offizier einst in Lübeck in Auftrag gegeben worden. "Der erzählt Geschichten", sagt der 77-Jährige. Mehrere Inseln auf 75 Quadratmetern Die offene Küche, durch die Kochinsel mit Tresen zum Raum leicht abgetrennt, changiert in Bronze und Grau. Der Bereich der Spüle ist in den Wandschrank eingelassen, wirkt von Weitem dadurch wie ein gerahmtes Bild. Zumal auch keine Gerätschaften herumstehen, alles ist sehr aufgeräumt. Im alten Haus hatte Regina Kahnau keine offene Küche. Die Umgewöhnung ist ihr leicht gefallen. Jetzt liebt sie es, vor allem, wenn Gäste zu Besuch sind, beim Kochen mittendrin im Geschehen bleiben zu können. Der filigrane Esstisch und sechs Lederstühle bilden auf dem grau-blauen Teppich eine nahe Insel. Alle übrigen Zimmer haben ihre eigene Farbgebung. Safran im Büro, Cappuccino mit viel Milch im Gästezimmer, cremefarben mit schwarzen Streifen im Bad. "Alles soll leicht und licht wirken", erklärt die Hausherrin. "Wir haben uns mit Begeisterung für den Rest unseres Lebens eingerichtet." Die große Fensterfront gibt den Blick frei in den Garten mit Rhododendren, Hortensien und vielen anderen Blumen und in den kleinen anschließenden Park, den alle Bewohner gemeinsam nutzen können. "Wir sind sehr viel im Garten, pflegen und düngen", sagt die 66-Jährige. Eigentlich mehr als sie ursprünglich wollten, doch der Lohn der Mühen ist bereits jetzt erkennbar. Und die Stützmauern, die wegen der Hanglage sein müssen und von Reinhard Kahnau ironischerweise als "Berliner Mauer" bezeichnet werden, verschwinden bereits langsam hinter Grünpflanzen. Bequeme Lounge-Möbel und verschiedenste Sitzplätze im Garten laden zum Verweilen ein. "Wir leben seit April mehr oder weniger draußen in unserer grünen Oase", sagt Regina Kahnau und lacht. "So etwas hatten wir wohl noch nie." Was in Bielefeld dabei fehlt, ist der Wind, der im hohen Norden von See aus landeinwärts bläst. "Doch wir haben den Umzug nicht einen Tag bereut." Strom und Wärme dank Wasserstoff Etwas Besonderes, das auch nicht unerwähnt bleiben soll: Die Schumann-Villa hat ein außergewöhnliches und zugegebenermaßen teures Kraftwerk, das sich hinter einer schlichten weißen Front im Hauswirtschaftsraum verbirgt. Dank der Brennstoffzelle, die in jeder Wohnung steht, kommen Strom und Wärme aus einem Gerät. Kurz erklärt, wird in der 1. Stufe durch einen elektrochemischen Prozess aus Erdgas Wasserstoff gewonnen, der in der 2. Stufe mit Luftsauerstoff reagiert. Die Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle, die sich auf zwei Seiten einer Membran befinden, wandern unentwegt hin und her, erzeugen dabei Strom und Wärme gleichzeitig. 750 Watt Strom können so in der Stunde produziert werden. Was nicht verbraucht wird, geht ins Netz. Die Wärme wird zum Heizen und für die Wassererwärmung eingesetzt. "In Kombination mit der Photovoltaik-Anlage ist man dann weitgehend autark", betont Franz-Jürgen Röttger. Das spart Energiekosten und senkt den CO2-Ausstoß. Trotzdem wird die aufwendige Anlage für S+R ein Solitär bleiben. "Wenn wir ein Leitungssystem hätten, mit dem wir preisgünstig Wasserstoff direkt beziehen könnten, wäre das der absolute Energie-Hit."

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