Weihnachtspyramide löst scharfe Debatte über Energieverschwendung aus

Bielefeld. "Die Nachricht ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ich frage mich, wer in der Stadt so rücksichtslos ist”, schreibt eine empörte Leserin. Die Veröffentlichung über die geplante 20 Meter hohe Weihnachtspyramide, die im Dezember mit zahlreichen LED-Lichtern auf dem Jahnplatz erstrahlen soll, sorgte bei der Schildescherin für Verdruss. Eigentlich ist das schade, denn losgelöst von der Energiekrise und Corona, ist die Nachricht über die Weihnachtspyramide zunächst einmal eine, die den Bielefeldern eine Freude machen sollte. Doch bei vielen sorgte sie für Frust. Auf den Weihnachtsmärkten in Bad Salzuflen, Kiel oder Hannover gibt es die Pyramiden bereits. Dort sind sie ein Hingucker mit Bude im Erdgeschoss. In Paderborn war sie zur Premiere im vergangenen Jahr ein beliebtes Fotomotiv, an dem Passanten immer wieder stehen blieben. Doch die Zeit hat sich dramatisch verändert. Putin führt einen Krieg gegen die Ukraine und die drohende GaskriseGaskriseGaskrise in Deutschland sorgt dafür, dass sich Politik und Verwaltung auf einen möglichen Notstand vorbereiten. So löste die Nachricht über die neue Attraktion auf dem Weihnachtsmarkt eine Debatte über einen sinnvollen Umgang mit öffentlichem Geld und Energieverschwendung aus. "Geld wäre besser investiert gewesen für Straßen, Kitas und Schulen" Um es vorwegzunehmen. Die zu Anfang zitierte Leserin aus Schildesche findet, dass das Geld für Straßen, Kitas und Schulen besser eingesetzt gewesen wäre. Das mag eine berechtigte Meinung sein, allerdings muss man wissen, dass es sich um eine Investition eines Schaustellers handelt. Städtisches Geld fließt hier also nicht rein, stellt Marketingchef Martin Knabenreich klar. Viel Kritik gab es dafür, dass die Stadt nahezu zeitgleich zur Pressemitteilung über die Pyramide einen Energie-Notfallplan mit einem umfangreichen Spardiktat auf den Weg gebracht hat. An diesem Punkt stellt sich tatsächlich die Frage: Passt das zusammen? Die Antwort lautet wie so oft “jein”. Natürlich ist es ungeschickt, just in der Woche, in der mit einer breiten politischen Mehrheit der notwendige Energiesparplan vorgestellt und beschlossen wird, eine Pressemitteilung über die Pyramide zu veröffentlichen. Dennoch hat Martin Knabenreich als Verantwortlicher gleich auf die Bremse gedrückt. Angesichts etlicher Corona- und wirtschaftlich bedingter Unwägbarkeiten wie der Energie-Krise sei es zu früh für Gewissheiten. Im Klartext: Ob die Pyramide wirklich aufgestellt wird, ist noch unklar. Abgesehen davon werde man die Stadtfeste den geänderten Rahmenbedingungen anpassen müssen. Das passiert bereits beim Weinmarkt, der eine Stunde früher am Abend schließen wird, um Energie zu sparen. Grundsätzlich müsse der Veranstalter aber Verträge beachten, so Knabenreich, und mit den jeweiligen Akteuren sprechen, bevor die Veränderungen öffentlich kommuniziert werden können. Hier gehe es auch um mögliche Schadensersatzansprüche. "Da ist die Entscheidung, die Sparrenburgbeleuchtung auszuschalten rechtlich deutlich einfacher." Eisbahn ist vielen ein Dorn im Auge Auch zum Vorwurf der Energieverschwendung hat Knabenreich Argumente. So sei die begehbare Weihnachtspyramide, in der es einen Getränkeausschank geben soll, mit neuester Lichttechnik ausgestattet und damit besonders energieeffizient. Moderne LEDs verbrauchen 80 bis 90 Prozent weniger Strom als Glühbirnen. Nichtsdestotrotz ist es eine Frage der Angemessenheit. Es erscheint vielen unangebracht in einer Zeit, in der alle aufgerufen sind, Energie zu sparen, eine 20 Meter hohe Lichterpyramide aufzustellen. Auch die Eisbahn auf dem Weihnachtsmarkt, deren Kühlaggregate Strom verbrauchen, ist bereits einigen ein Dorn im Auge. Doch wie würde das Weglassen der Weihnachtsmarkt-Attraktionen auf das Energiesparziel einzahlen? Es hätte eher nur eine Symbolwirkung. Eine Eisbahn verbraucht in fünf Wochen zwischen 15.000 und 20.000 Kilowattstunden. Somit benötigt die Eisbahn in dieser Zeit so viel Strom wie etwa 3,7 Privathaushalte innerhalb eines Jahres. Sparrenburg verbraucht 5.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr Die Sparrenburgbeleuchtung gehört ebenso ins Spektrum der Symbolpolitik. Beim Verzicht auf die Beleuchtung könnte ein Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden eingespart werden. Das entspricht in etwa einem Stromverbrauch eines Privathaushaltes im Jahr. Trotzdem sei die Wirkung solcher symbolpolitischen Maßnahmen nicht zu unterschätzen, meinen Umweltökonomen. Ob Einsparungen tatsächlich einen relevanten Effekt haben, sei nicht immer entscheidend. &bdquo;Rathäuser oder andere städtische Wahrzeichen nicht mehr anzuleuchten, kann wichtige Botschaften setzen“, so der Experte. Sollte es also zu einem Gasnotstand kommen, müssten Politik und Verwaltung sehr genau überlegen, welche Symbolik sinnvoll ist. Im Wesentlichen muss aber natürlich dort eingespart werden, wo es am effektivsten wirkt. Der Bielefelder Energiesparplan setzt genau an dieser Stelle an und das ist gut so.

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