Vom Lokal in den Supermarkt: Wohin die Gastro-Mitarbeiter gegangen sind

Bielefeld. Gaststätten, Hotels und Restaurants leiden seit der Pandemie unter verstärktem Personalmangel. In Folge der Lockdowns hat die Gastro-Branche ihren Ruf als sicherer Arbeitsplatz verloren. Fachkräfte und Aushilfen sind abgewandert. Viele kommen nicht zurück. Doch wohin sind Kellnerinnen, Barkeeper, Rezeptionisten, Köche oder Hotelfachleute gewechselt? Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass 2020 bundesweit rund 216.000 Mitarbeiter der Branche den Rücken kehrten. Zum Vergleich: Rund 788.000 Personen waren im Jahresdurchschnitt in der Gastro-Branche sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Neustart an der Kasse Akribisch hat das Institut Daten der Arbeitsagentur ausgewertet. &bdquo;Gestern Theke, heute Supermarkt“ – das gelte bundesweit für viele, die die Branche verlassen haben. Wie das IW ermittelt hat, gingen rund 35.000 Personen aus sozialversicherungspflichtigen Stellen in Hotels, Gaststätten und Tourismusbetrieben 2020 in den Verkauf, etwa an Kassen von Einkaufsmärkten. Je rund 27.000 fanden Beschäftigung in der Logistik oder in Verwaltungsabteilungen von Unternehmen, rund 20.000 unterzeichneten neue Arbeitsverträge in der Lebensmittelindustrie. &bdquo;Auf die lokale Ebene herunter rechnen lassen sich diese Erkenntnisse allerdings nicht“, sagt Anika Jansen vom Institut der Deutschen Wirtschaft. Die Agentur für Arbeit hat dazu für Bielefeld derzeit noch keine statistischen Auswertungen. 6.970 Jobwechsel in Bielefeld Im Dezember 2020 hatte es im Gastgewerbe der Stadt rund 3.900 sozialversicherungspflichtige Stellen gegeben, bei denen Beiträge in die Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung gezahlt werden. Im Dezember 2021 waren es 4.063 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Gastgewerbe. Hinzu kamen tausende von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen etwa Mini- und Aushilfsjobs. Auf Anfrage von nw.de hat die Agentur für Arbeit eigens ermittelt, wie oft 2021 Stellen gewechselt wurden. &bdquo;Personenscharf können wir aktuell aber nicht auswerten, wie viele Menschen aus der Gastronomie in eine andere Branche gewechselt sind und in welche Branche es sie verschlagen hat“, sagt Agentur-Sprecherin Janine Billerbeck. Die Statistik zeigt lediglich, wie häufig die Arbeitsplätze gewechselt wurden. Danach wechselten Menschen, die bisher Voll- oder Teilzeit oder stundenweise in der Bielefelder Gastronomie gearbeitet hatten, im vergangenen Jahr 6.970 Mal ihre Stellen. &bdquo;Wie viele Personen dahinter stehen, lässt sich aber nicht sagen, da nicht erfasst wird, wie viele mehrfach die Stelle gewechselt haben“, so Billerbeck. Außerdem werden auch alle als Jobwechsler gezählt, die nach einer Ausbildung übernommen werden. Viele blieben der Branche treu Daraus lassen sich dennoch Entwicklungen ablesen: Im Einzelhandel, in der Gebäudebetreuung, im Gesundheitswesen, in Heimen, bei Paket- und Kurierdiensten und vor allem bei Zeitarbeitsfirmen fanden ehemalige Gastro-Beschäftigte eine neue Anstellung. 3.521 Jobwechsel fanden innerhalb der Branche statt, die Arbeitnehmer traten erneut eine Stelle im Hotel- oder Gaststättengewerbe an. 3.449 Mal registrierte die Agentur im letzten Jahr Jobwechsel in neue sozialversicherungspflichtige Stellen oder geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in anderen Wirtschaftsbereichen. Eine höhere Bezahlung und günstigere Arbeitszeiten sind nach Einschätzung der Gewerkschaft NGG entscheidende Faktoren für einen Jobwechsel. Während der Pandemie mussten Mitarbeiter von Gastronomie und Hotellerie mit Kurzarbeitergeld auskommen, Aushilfen erhielten keine Bezüge. Heime und Kurierdienste Im Detail: Bei versicherungspflichtig Beschäftigten hielt die Agentur 2021 fest, dass 1.365 Mal Stellen gewechselt wurden. 78 Mal wurde eine Arbeit im Einzelhandel angetreten, 63 Mal eine Beschäftigung in Heimen, 37 Mal eine Tätigkeit im Gesundheitswesen, 35 Mal eine in der Gebäudebetreuung und 286 Mal wurden Zeitarbeitsfirmen als neue Arbeitgeber angegeben. 42 Mal waren Paket- und Kurierdienste die neuen Arbeitgeber. Am häufigsten, nämlich 529 Mal, gab es laut Statistik der Arbeitsagentur erneut eine Beschäftigung in der Gastronomie. Ähnlich verhielt es sich mit Personen, die zuvor geringfügig in der Gastronomie beschäftigt gewesen waren und nun eine sozialversicherungspflichtige Stelle suchten. Dabei kam es zu 1.541 Jobwechseln. Die meisten Personen blieben dem Gastgewerbe treu. Zudem wurden 302 neue Beschäftigungsverhältnisse bei Leiharbeitsfirmen registriert und 104 im Einzelhandel. Neue Mini-Jobs Die Arbeitsagentur hat auch erfasst, dass Menschen, die zuvor in der Bielefelder Gastronomie gearbeitet hatten, im letzten Jahr 4.064 Mal einen neuen Teilzeit-, Aushilfs- oder Mini-Job angenommen haben. Neue Jobs fanden sie in der Mehrzahl (2.573 Mal) erneut in der Gastronomie. Rund 1.500 Mal nahmen frühere Gastro-Mitarbeiter dagegen Jobs in anderen Branchen an. Eine geringfügige Beschäftigung fanden sie unter anderem im Einzelhandel, bei Zeitarbeitsfirmen, im Wohnungswesen, bei Gebäudebetreuern und Gärtnereien, im Dienstleistungsbereich, dem Gesundheitswesen, bei Sport- und Unterhaltungsdienstleistern sowie 81 Mal als Hauspersonal und persönliche Dienstleister. Die Statistik sagt allerdings nicht, wie viele Menschen 2021 zum ersten Mal in Gastronomiebetrieben eine Arbeit aufnahmen und auch nicht, wie viele Beschäftigte ihrer Arbeitsstelle im Gastgewerbe treu blieben.

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