Bielefeld Der mutmaßliche Bielefelder Amok-Täter kündigte im Video ein "Massaker" an

Bielefeld. Großer Schrecken, aber auch große Erleichterung über den Verlauf der Amoktat am Berufskolleg Senne am Freitag, die einen gewaltigen Polizeieinsatz nach sich zog. Wie berichtet, war ein 20-jähriger Bielefelder am späten Vormittag (gegen 12 Uhr) mit zwei Schreckschusswaffen, einem Dolch und einem Messer sowie mehreren einsatzbereiten Molotowcocktails durch das Schulzentrum gezogen und hatte dort Angst und Schrecken verbreitet. Nach etwa 15 Minuten, in denen er auf Menschen und Gegenstände schoss, wurde der Mann auf dem Flachdach der Mensa von schwer bewaffneten Polizisten gestellt. Am Samstag führte die Polizei den mutmaßlichen Täter dem Haftrichter vor, anschließend wurde eine Unterbringung in der forensischen Psychiatrie der Klinik Eickelborn (Lippstadt) veranlasst. Schon früh am Samstag, so Polizeisprecher Stefan Bökenkamp, hätten sich deutliche Hinweise auf eine "psychiatrische Problemlage" bei dem jungen Mann ergeben, der sich bislang nicht zur Tat äußert. Noch am Freitagabend ist auch das Zimmer des jungen Mannes, der in einer Betreuungseinrichtung wohnt, durchsucht und einiges Material sichergestellt worden. Dies muss nun weiter untersucht werden. Laut Laboranalyse stand der 20-Jährige nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Auch steht fest, dass er kein Schüler einer der Schulen war, die sich auf dem Gelände an der Rosenhöhe befinden. Fest steht auch, dass der Mann sein Vorhaben unmittelbar vor der Tat mit einem Video im Internet angekündigt hatte. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, war darin eine Gestalt mit Kopfbedeckung, einer Maske mit einem grinsenden Schädel und einer Waffe in der Hand zu sehen, dazu ist Metalmusik zu hören. Eingeblendet wird ein Luftbild des Schulzentrums Senne, zudem erscheine der Vermerk, dass hier am 24. Juni 2022 &bdquo;ein Massaker“ verübt werde. Suche nach möglichen Mittätern dauerte Stunden Stundenlang, so Bökenkamp, habe die Polizei am Freitag und bis in den Abend hinein das komplette Schulzentrum mit allen Gebäuden durchsucht, um eventuelle Mittäter aufzuspüren: &bdquo;Hier wurde die letzte Besenkammer umgedreht“, sagt der Polizeisprecher. Es blieb bei dem mutmaßlichen Einzeltäter. Vermutungen einzelner Schüler, dass die Polizei hier den Falschen erwischt habe, teilt die Polizei nicht. Am Wochenende stand bei den Betroffenen - rund 100 Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Senne, ihren LehrerInnen und Eltern - eine erste Verarbeitung der erschreckenden Geschehnisse des letzten Schultags vor den Sommerferien an. Die Leiterin des Berufskollegs Senne, Christina Ewers, zeigte sich trotz des Schreckens erleichtert: "Ich bin froh, dass es glimpflich ausgegangen ist." Schüler und Lehrer hätten sehr "verantwortungsvoll" gehandelt. Denn der junge Mann sei "sehr planvoll" vorgegangen, habe noch einen Kollegen nach dem Weg zur Toilette gefragt. Dort habe er sich offenbar sein weißes Oberteil ausgezogen, schwarze Kleidung angelegt und die Waffen aus dem Rucksack genommen. Dabei müsse er laute Musik gehört haben. Sie habe dann wenig später einen ersten Schuss gehört. Als der zweite fiel, sei sie mit dem Hausmeister auf den Flur geeilt, wo sie den Täter stehen sah. Hilfsangebote für Schüler unter Schock Man habe sofort kehrt gemacht, ihr Stellvertreter habe die Lautsprecherdurchsage gemacht, die Klassen gewarnt. Die Polizei wurde verständigt. "Alle haben vorbildlich gehandelt und den Notfallplan, der für solche Fälle an allen Schulen vorliegt, umgesetzt. Als sich die Betroffenen nach der Festnahme des Täters und Stunden danach die Klassen verlassen und sich versammeln durften, habe man diese gute Vernetzung gespürt. Die Polizei lobt ausdrücklich das &bdquo;routinierte Abspulen des Notfallplans“ durch die Beteiligten, die &bdquo;Vieles richtig gemacht“ hätten. So sei die Flucht in die Klassen, das Verriegeln der Türen der richtige Impuls gewesen. &bdquo;Zugleich haben uns einige glückliche Umstände zugespielt“, so Polizeisprecher Bökenkamp: Durch den Ferienbeginn seien von den und 4.000 Schülern des großen Komplexes nur 300 bis 400 im Gesamtkomplex, rund 110 im Berufskolleg Senne gewesen, das der Täter gezielt aufgesucht hatte. Alle Schüler seien 17 Jahre und älter gewesen. Die Schulleitung habe sehr &bdquo;besonnen“ gehandelt. Und, das ist Bökenkamp sehr wichtig: Es habe nicht, wie sonst oft üblich bei solchen Vorfällen, eine Flut von Handyvideos gegeben, die flugs ins Netz gestellt werden und &bdquo;die gesamte Umgebung verrückt“ machten. &bdquo;So etwas bekommt man meist nicht mehr eingefangen, es behindert die Polizeiarbeit teils erheblich“, so der Polizeisprecher. So hatten sich alle Beteiligten auf das Kernthema, nämlich sich in Sicherheit zu bringen, konzentriert. Inzwischen hat die Schule auf ihrer Homepage ein Angebot zur Krisenbewältigung für Betroffene – Schüler, Lehrer, Ausbilder und Eltern – eingestellt. Das Krisenhandy der Schulpsychologie ist unter (0151) 51 02 05 01 jederzeit erreichbar. Die Polizei bittet zudem die Ausbildungsbetriebe, in die diejenigen SchülerInnen am Montag zurückkehren, die keine Sommerferien haben, &bdquo;sensibel mit den Betroffenen umzugehen“, die unter Schock stehen könnten. Schulleiterin Ewers weist darauf hin, dass das Schulbüro auch während der Ferien besetzt und für Schüler und Betriebe erreichbar ist. "Zeuginnen und Zeugen werden gebeten, insbesondere Bild- und Videomaterial zu den Geschehnissen an der Schule der Polizei über das geschaltete Hinweisportal unter https://nrw.hinweisportal.de/ für die Ermittlungen zur Verfügung zu stellen", sagt Bökenkamp.

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