Geisterhaus in Bielefeld: Neubau in Top-Lage steht seit Monaten leer

Bielefeld. Merkwürdig, dass hier niemand einzieht, finden Nachbarn, Passanten und Leser. Das moderne Acht-Parteien-Haus im gefragten Wohngebiet in Hoberge-Uerentrup ist seit Monaten fertiggestellt - und immer noch komplett leer stehend. Das sei äußerst ungewöhnlich, gerade in dieser Lage. Sehr merkwürdig sei auch, dass für das Projekt offenbar andere Regeln gelten als für die umliegenden Häuser. "Für uns ist ein breiter Grünstreifen vor dem Haus vorgeschrieben, und hier darf plötzlich alles mit Parkplätzen zugepflastert sein", sagt eine Anwohnerin. Da werde ihrer Ansicht nach mit zweierlei Maß gemessen. Das große Werbeschild für den Verkauf der acht Wohnungen der Sparkasse Bielefeld als Vermarkter ist seit einigen Wochen vom Grundstück verschwunden. Im Internet bietet sie das Objekt mit insgesamt 661 Quadratmetern Wohnfläche aber noch an. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 56 Quadratmetern Wohnfläche soll 302.000 Euro kosten, umgerechnet also knapp 5.400 Euro pro Quadratmeter, zuzüglich 10.000 Euro für den Pkw-Stellplatz vor dem Haus. Aus Sicht eines Projektentwicklers aus der Nachbarschaft "sehr hoch gegriffen, durchaus vielleicht auch spekulativ". Es könne schon sein, dass sich da jemand verzockt habe, sagt er. Zwar sei Hoberge sehr beliebt, aber das Objekt liege direkt an der Straße, die Architektur sei nicht außergewöhnlich - und "das halbe Grundstück ist zugepflastert". Auf den Terrassen und Balkonen direkt an der Straße säße man doch ziemlich auf dem Präsentierteller. Das sehen auch viele Anwohner so. 302.000 Euro für eine 2-Zimmerwohnung Andererseits sei die Nachfrage aber weiter immens. "Bei unseren Projekten sind durchschnittlich 50 Prozent schon zum Baustart verkauft", ergänzt der erfahrene Bauexperte. Stehe ein Objekt zu lange leer oder im Angebot, könne dadurch schnell ein gewisser Schaden produziert werden. Ob da irgendetwas faul sei mit dem Haus oder der Wohnung, sei dann häufig die Frage. Auch, wenn das überhaupt nicht der Fall sei. "Es wirkt auf uns wie ein Geisterhaus", sagt eine Nachbarin. Ein Jammer sei es, dass allein an der Mönkebergstraße innerhalb weniger Wochen wie hier "all die schönen kleinen alten Häuser abgerissen und überall solche Klötze hingestellt werden". Dass sich nach und nach die Gesamterscheinung des Wohngebiets so komplett ändere und viele Probleme, etwa durch die vielen Autos, mit sich bringe, sei den Verantwortlichen in Verwaltung und Politik offenbar egal. Wohnraum zu schaffen, sei gut und wichtig. Aber auch da werde mit zweierlei Maß gemessen: Dem einen werde der Anbau oder die Dachgaube verwehrt, weil das nicht ins Bild passe. "Und solche Klötze sind dann kein Problem." Zeit des Leerstands dürfte bald vorbei sein Das Baufenster sei auch bei dem leer stehenden Neubau Mönkebergstraße, Ecke Am Linkberg wieder komplett ausgereizt worden. Ursprünglich seien zwei Einzelhäuser mit Tiefgarage geplant gewesen. Dagegen hatten Anwohner geklagt. Denn dann wäre ein 120 Jahre alte Rotbuche, die auf einem Nachbargrundstück und unter Naturschutz steht, in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Krone habe der Bauträger dann allerdings einfach ohne Rücksprache nach eigenem Ermessen gekürzt, berichtet der Nachbar, auf dessen Grundstück der Baum steht. Die Buche habe zwar keinen Schaden genommen, aber trotzdem könne man das doch nicht einfach eigenmächtig machen, ergänzt er. Gute Nachbarschaft funktioniere anders. Die Zeit des Leerstands im Neubau dürfte zumindest bald vorbei sein, so Christoph Kalschke, Pressesprecher der Sparkasse. Fünf der acht Wohnungen mit jeweils zwischen 56 und 101 Quadratmetern Wohnfläche seien bereits verkauft, "die Schlüsselübergaben stehen in Kürze an". Bei den restlichen dreien sei man in Gesprächen. "Wir haben erst nach Fertigstellung mit der Vermarktung begonnen, nicht schon in der Bau- oder Planungsphase", ergänzt Kaleschke. Vorteil dieses Konzepts sei, dass die Interessenten dann nicht nur auf dem Plan sehen könnten, was sie kaufen. Deshalb zöge es sich dann etwas hin, bis alles im Grundbuch eingetragen sei und die Wohnungen bezogen werden. Energietechnisch sei das Objekt aber ganz weit vorne: Das KfW-55-Haus wird über eine moderne Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt. Das sei in der aktuellen Situation von immensem Vorteil.

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