100.000 Euro Gehalt für Betriebsrat: Ex-Stadtwerke-Chef vor Gericht

Bielefeld Wegen Betrugs und Untreue müssen sich seit Dienstag der Ex-Stadtwerke-Chef Wolfgang Brinkmann (77) und der frühere Betriebsratsvorsitzende des Unternehmens, Wolfgang Gottschlich (68), vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Sie sollen 2014 gegenüber dem Aufsichtsrat des Unternehmens falsche Angaben gemacht haben, damit dieser auf eine Überprüfung des Gehalts des Betriebsratsvorsitzenden verzichtet. Im Prozess geht es nur noch um eine verhältnismäßig kleine Schadenssumme von 38.634 Euro. So viel hatte noch zurückgefordert werden können. Doch die Gehaltsaffäre hat auch eine politische Dimension, weil die Stadtwerke eine hundertprozentige Tochter der Stadt Bielefeld sind. Einstellung denkbar Im Raum stand schon am ersten Prozesstag eine Einstellung des Verfahrens, auch weil die zugrunde liegenden Ereignisse teils bereits 20 Jahre zurückliegen und die Angeklagten fünf Jahre auf den Prozessbeginn warten mussten. Doch darüber wollte Staatsanwalt Thomas Funke zu diesem frühen Zeitpunkt nicht mit sich reden lassen, zumal ihm von Seiten der Angeklagten jede Einsicht fehlte: &bdquo;Sie bewegen sich keinen Millimeter.“ Brinkmann hatte in seiner Einlassung zwar erklärt, er würde die bereits 2002 getroffene Entscheidung, den Betriebsratsvorsitzenden wie den Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft zu bezahlen, nicht wieder so treffen. Er bedaure die Entwicklung, die die Angelegenheit genommen habe. Eine Täuschung des Aufsichtsrates sah er jedoch nicht. Und auch Gottschlichs Anwalt Fred Heidemann erklärte im Namen seines Mandanten, dass sich dieser keiner Schuld bewusst sei. Brinkmanns Verteidiger Holger Rostek sah bei seinem Mandanten &bdquo;ein gewisses Unrechtsgefühl“. Er hob vor allem darauf ab, dass Brinkmann, vor seiner Berufung zum Geschäftsführer langjähriger SPD-Kommunalpolitiker und Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, durch die erhobenen Vorwürfe bereits &bdquo;öffentlich demontiert“ sei, er in Folge dessen ehrenamtliche Funktionen habe abgeben müssen, die er in seinem Ruhestand eigentlich hätte wahrnehmen wollen. &bdquo;Das Verfahren ist für den Angeklagten eine einzige Katastrophe.“ Auch angesichts eines zu erwartenden geringen Strafmaßes stelle sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Indizien-Puzzle Richter Tim Riesenbeck ging es in seiner Befragung darum, aus zahlreichen Indizien ein Gesamtbild zu entwerfen. Die Vorwürfe gehen zurück auf das Jahr 2002. Damals hatte Gottschlich eine deutliche Gehaltserhöhung bekommen. Die Bezüge erhöhten sich im Lauf der Zeit auf rund 100.000 Euro jährlich. Im September 2013 war die Gehaltshöhe Inhalt eines anonymen Briefs, den der CDU-Kommunalpolitiker und das Stadtwerke-Aufsichtsratsmitglied Detlef Helling erhalten hatte. Anfang 2014 wurden die Vorwürfe dann auch öffentlich. In der Aufsichtsratssitzung im März des Jahres hatte Brinkmann zur Begründung erklärt, Gottschlichs Bezüge seien erhöht worden, weil er ursprünglich Geschäftsführer der 2002 neue gegründeten Mobiel-Servicegesellschaft werden sollte, in der die Fahrer der Verkehrstochter beschäftigt werden sollten. Dies habe Gottschlich mit dem Hinweis abgelehnt, seine Betriebsratsarbeit fortsetzen zu wollen. Weil Betriebsräte aber gegenüber anderen Arbeitnehmern, die im Unternehmen eine &bdquo;normale Karriere“ machen könnten, finanziell nicht schlechter gestellt werden dürften, habe er der Gehaltserhöhung zugestimmt. Laut Anklage war dies die Unwahrheit. Gottschlich sitzt auf der Anklagebank, weil er gegenüber dem Aufsichtsrat Brinkmanns Ausführungen gestützt haben soll. Nachdem die Partei &bdquo;Die Linke“ Anzeige erstattet und die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen aufgenommen hatte, beauftragte der Aufsichtsrat 2015 ein Gutachten zu Gottschlichs Gehalt. Das Ergebnis: Er hatte zu viel bekommen. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich weitere Punkte anklagen wollen, das Landgericht hatte dies abgelehnt. Befragt wurde am Montag auch Brinkmanns langjähriger Co-Geschäftsführer Friedhelm Rieke, der Gottschlichs Gehalt schon 2007 als &bdquo;ordentlich“ befand. Am Donnerstag muss der frühere Stadtwerke-Personalchef und heutige Stadtsportbund-Präsident Volker Wilde in den Zeugenstand. Auch der jetzige Geschäftsführer Martin Uekmann wird noch gehört.

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