Bielefelder „Mona Lisa“: Experte vermutet Diebstahl auf Bestellung

Bielefeld. Die junge Frau, die verdächtigt wird, am Mittwoch ein wertvolles Gemälde aus dem Museum Huelsmann gestohlen zu haben, ist am Freitag offenbar noch einmal in die Nähe des Tatortes zurückgekehrt. Wie die Polizei berichtet, wurde sie von Zeugen gegen 10 Uhr im Ravensberger Park gesehen.Ebenso geheimnisvoll wie die Verdächtige, die als sehr gepflegt beschrieben wird, ist die Frage, wie ihr der Diebstahl gelang. Denn das rund 460 Jahre alte Bild war mit Nägeln und Draht massiv gesichert. Bild war mit Draht gesichert Die 22 bis 28 Jahre alte Frau hat mutmaßlich das &bdquo;Porträt einer jungen Frau“ aus dem Museum entwendet. Nach Polizeiangaben schaffte sie es am Mittwoch in einem unbeobachteten Moment zwischen 15.50 und 17 Uhr, das Bild aus dem hölzernen Rahmen zu trennen, der leer zurückblieb.&bdquo;Wenn es eine elektronische Kontakt- oder Wegnahmesicherung gegeben hat, muss sie über Fachkenntnisse verfügen“, sagt der Bielefelder Kunstsachverständige Frank Petersmann. Ob das Bild mit einer Alarmanlage gesichert war, wollen derzeit weder Stadt noch Polizei mitteilen.&bdquo;Das Gemälde war an exponierter Stelle in einer Stele mittig im Raum platziert. Die Stele war von vorne und hinten zugänglich, das Gemälde selbst war mit Nägeln in einem schweren Rahmen befestigt und von hinten zusätzlich mit Draht und Drahtstiften gesichert“, berichtet Stadtsprecher Daniel Steinmeier. Da das Gemälde bislang nicht in den Leihbetrieb eingegangen sei, bestehe keine Einzel-, sondern eine Gruppenversicherung. In einer Mappe versteckt Bei dem Bild handelt es sich um eine mit Ölfarbe bemalte Tafel aus Eichenholz. Holzplatten, auf die im 16. Jahrhundert gemalt wurde, seien nur circa sieben Millimeter dick, so Petersmann, der seit Jahrzehnten als Gutachter unter anderem für Versicherungen tätig ist. Das Bild dürfte daher nicht allzu viel wiegen.Die Polizei vermutet, dass die Unbekannte das nur 47,6 mal 38,5 Zentimeter große Gemälde in einer dunklen DIN-A3-Mappe versteckt hat. Nach Zeugenangaben trug sie eine solche Mappe unter dem Arm, als sie das Museum betrat und wieder verließ.Verdächtige könnte ihr Aussehen verändert haben Zeugen haben inzwischen berichtetet, die Frau vor der Tat im Bereich Teutoburger Straße, Mühlenstraße und Webereistraße gesehen zu haben. In der Webereistraße sprach sie am Mittwoch gegen 15 Uhr offenbar einen Passanten an und erkundigte sich nach dem Weg zum Ravensberger Park. Zu diesem Zeitpunkt soll sie die DIN-A3-Mappe noch nicht dabei gehabt haben. &bdquo;Es ist nicht auszuschließen, dass die Frau ihr Erscheinungsbild für den Diebstahl des Gemäldes verändert hatte“, so die Polizei. Mit Schminke könne sie dafür gesorgt haben, deutlich jünger zu wirken.Ähnlichkeit zur echten Mona Lisa Eine Frau, die sich zur selben Zeit wie die Verdächtige im Museum Huelsmann aufhielt, wird von der Polizei als Zeugin angesehen. &bdquo;Sie steht nicht mit der Tat in Verbindung“, sagt Polizeisprecher Fabian Rickel.Das gestohlene Bild wird dem flämischen Maler Pieter Aertsen zugeschrieben. Eine Signatur findet sich auf dem Bild allerdings nicht. Wie die berühmte &bdquo;Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci stammt es aus dem 16. Jahrhundert und zeigt eine junge Frau, die den Betrachter aus dem Augenwinkel anblickt.Die Herkunftdes Bildes liegt im Dunkeln In dem 2021 vom städtischen &bdquo;Institut Museum Huelsmann“ herausgegebenen Buch &bdquo;Vermächtnis sucht Herkunft“ wird das Bild ausführlich beschrieben. In dem Buch geht es um die Herkunft etlicher Ausstellungstücke im Museum, die zum Großteil aus der Sammlung des Antiquitätenhändlers Friedrich Huelsmann stammen. Dokumentiert ist, dass ein unbekannter &bdquo;Einlieferer“ das Bild 1955 in Wien versteigern lassen wollte. Da sich für 25.000 Schilling kein Käufer fand, wurde das Gemälde ein Jahr später erneut feilgeboten und für 22.000 Schilling verkauft. &bdquo;Aufgrund der schlechten Quellenlage konnte nicht geklärt werden, ob es sich bei dem Käufer bereits um F.K.A. Huelsmann gehandelt hat, noch welche Wege das Gemälde in der NS-Zeit ging“, heißt es in dem Buch. Ein &bdquo;verfolgungsbedinger Entzug“, also Raub oder Enteignung der Besitzer durch die Nazis, lasse sich &bdquo;nicht ausschließen“. &bdquo;Die Provenienz des Gemäldes bleibt weiter offen“, heißt es. Objektautopsie durchgeführt Das Bild kam 1984 mit dem Nachlass Huelsmanns in den Besitz der Stadt. Zuletzt war es Teil der Ausstellung &bdquo;Vermächtnis sucht Herkunft“, in der Ergebnisse der sogenannten Provenienzforschung dargestellt werden. Diese untersucht die Herkunftsgeschichte von Bildern. Um Hinweise auf die ursprüngliche Herkunft des Bildes zu finden, hatte das Museum auch eine sogenannte Objektautopsie durchführen lassen. Dabei wurde die Rückseite des Bildes untersucht. Darauf fanden sich Aufschriften mit Kreide, Reste von Etiketten, Vermerke eines Auktionshauses und Reste eines Zollstempels. Experte äußert sich zum Wert Welchen Wert das Gemälde hat, lässt sich nur schwer bestimmen. Frank Petersmann verweist auf ein vergleichbares Bild von Pieter Aertsen, das 1989 bei Christies in New York für einen Gesamtpreis von umgerechnet 80.000 Euro versteigert wurde. Ein Aertsen-Bild mit einer Marktszene habe 1993 bei Christies in London für 132.000 Euro den Zuschlag erhalten.Der Diebstahl von Kunstwerken aus kleineren Museen sei eher eine Ausnahme. &bdquo;Den letzten größeren Fall gab es in den 1990er Jahren“, berichtet Petersmann. Ein Pärchen habe in rund 40 Museen in NRW die unterschiedlichsten Gegenstände gestohlen. &bdquo;Sie flogen auf, als ein Kriminalbeamter zufällig durch ihr Wohnzimmerfenster blickte und dabei einen Krug aus dem Freilichtmuseum Detmold erkannte“, erzählt der Kunstexperte.Kaum verkäuflichUnklar ist, was nun mit dem Bielefelder Bild passiert. Es ist wissenschaftlich umfangreich dokumentiert und beschrieben worden. &bdquo;Außerdem werden gestohlene Kunstwerke vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden erfasst“, sagt Petersmann.Er schließt daraus, dass das &bdquo;Porträt einer jungen Frau“ möglicherweise auf Bestellung gestohlen worden ist. &bdquo;Man kann es weder verkaufen noch ausstellen, auf dem Markt hat es keinen Wert.“ Würde man einen legalen Handelswert von 100.000 Euro annehmen, liege der Schwarzmarktpreis nur bei etwa 50.000 Euro. &bdquo;Blick auf das Risiko der Täter ist die Summe gering. Die Tat erscheint merkwürdig. Wir sind da eher im klein karierten Bereich“, so Petersmann. Museum öffnet zu den Nachtansichten Nach dem Diebstahl war das Museum geschlossen worden. Die Polizei untersuchte den Tatort. &bdquo;Die ersten Schritte der Spurensicherung sind bereits abgeschlossenen“, sagt Polizeisprecher Rickel. Aber auch am Sonntag, 1. Mai, bleibt das Haus geschlossen. Ab Mittwoch 4. Mai, ab 14 Uhr gelten wieder die regulären Öffnungszeiten. Zu den &bdquo;Nachtansichten“ am Samstag 30. April ist das Museum Huelsmann allerdings von 18 bis 1 Uhr geöffnet. Die Polizei bittet weiterhin darum, dass sich Zeugen melden, die Angaben zu der Frau, die eine rote Jacke und eine weite schwarzen Hose trug, und dazu, wo sie sich vor und nach der Tat aufgehalten hat, machen können. Hinweise nimmt das Kriminalkommissariat 14 unter Tel. (05 21) 54 50 entgegen.

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