Pandemie lässt Fußballschuhe zur Mangelware werden

Bielefeld. Eltern kennen das: Das kickende Kind ist mal wieder gewachsen, neue Fußballschuhe müssen her. Also ab ins Fachgeschäft, schön die ganze Palette von Nike, Adidas, Puma und Co durchprobieren. Durchprobieren? Von wegen. Fußballschuhe sind Mangelware. Andre Darr von Soccer Base: "Von der letzten Order aus 2021 wurden 80 bis 90 Prozent storniert." Zum Januar kamen statt 800 nur 80 Paare. Täglich jage er Restposten hinterher, um die Kunden, vor allem die kleinen, doch noch ausstatten zu können. Nicht immer klappt das. "In Größe 32 haben ich gerade kein einziges Paar, in Größe 41 nur fünf statt sonst etwa 20 Paaren." Bei Erwachsenen seien 41 bis 43 kritische Größen. Es sei bitter, jeden Tag zwei, drei Kunden traurig nach Hause schicken zu müssen. Längst bietet er den Service, sich auf Listen setzen zu lassen (0521-2526715 oder WhatsApp: 0176-83057551): Sowie ein passendes Paar eintrifft, gibt es einen Anruf. Vergriffen, "nicht lieferbar" Ähnlich sieht es bei anderen Händlern aus. Bei Sportscheck ist der Nike Phantom Pro in 42 vergriffen, in Bielefeld und auch an allen anderen Standorten. Eine Verkäuferin: "Fußballschuhe? Das ist echt schlimm zurzeit." Auch bei Karstadt sieht es eher dünn aus, und bei Decathlon ist der Adidas-"Kaiser"-Nockenschuh von Größe 40 bis 47 laut Homepage "momentan nicht lieferbar". Schuld sind Corona und gestörte Lieferketten, so Schuh-Experte Darr. Fast alles kommt aus Asien. Strengere Corona-Regeln in den Firmen und riesige Containerschiff-Häfen, die gesperrt sind, ja, sogar Personalmangel beim Zoll - am Ende stehen Lieferketten, die den Namen nicht mehr verdienen und der Handel im Regen. Für Darr ist es besonders bitter, Kinder ohne Schuhe gehen lassen zu müssen, denn: "Gerade bei ihnen können wir mit guter Beratung und einem guten Schuh Kunden für Jahre gewinnen." Darr: "Die zu enttäuschen tut doppelt weh." Dabei freue er sich gerade so sehr darüber, dass es seit Monaten in der Pandemie deutlich spürbar einen Trend zurück zum regionalen Fachhandel gebe. "Die Leute denken um, sie setzen wieder auf uns." Seine Sorge: Wenn nun aber der Fachhandel nicht liefern könne, drohe der Trend einzubrechen und stehe am Ende doch wieder der Klick im Internet. "Der Effekt könnte verpuffen." Ringen um jeden Schuh Deshalb ringt er um jeden Schuh. "Aber du stehst natürlich nicht alleine da mit diesem Problem", weiß er. Für das vierte Quartal hat er längst die dreifache Menge bestellt, ab Oktober hofft er auf die angekündigte Entspannung des Marktes. Davor droht das Spiel immer weiter zu gehen: Stornierung, Hoffnung, Stornierung, Hoffnung - und das alles oft sehr kurzfristig. "Ich sage den Kunden, in zwei Wochen müsste was kommen - und dann ist es wieder nichts mit der Bestellung", schildert er das zurzeit anstrengende Geschäft mit Schuhen. Die Kunden reagierten meistens mit viel Verständnis. Kinder, die empört feststellen, dass Lieblingsmarke und Lieblingsfarbe nicht da sind, werden oft von den Eltern beruhigt. "Die erklären den Kindern dann, was das Problem ist." Und so probiert so mancher Nike-Fan plötzlich auch mal Puma an, werden zähneknirschend auch mal andere Farben akzeptiert. Oder es wird mal ein Lederschuh. Darr jedenfalls ist längst egal, was er geliefert bekommt, Hauptsache, es kommt etwas an. "Farbe? Altes oder neues Modell? Ich brauche Schuhe!" In normalen Jahren verkauft er fast 2.500 Paar Pötten. Bis zu zehn am Tag. Jetzt einen Bruchteil davon. Täglich fehlten 200 bis 300 Euro Umsatz. "Zum Glück habe ich den Teamsport als Hauptbereich", sagt er. Also: Die Ausstattung von Mannschaften mit Trikots und anderem. "Da hakt die Lieferkette auch, aber es wird nichts storniert." Fußballchef: "Gerade erst erlebt" Zurück zu den Schuhen: Viele Eltern kennen das Problem, so auch Jörg Steinbrück, Kicker-Vater und Fußballchef des SV Gadderbaum. "Ich habe es gerade erst bei meinem eigenen Sohn erlebt." Aber, immerhin: Offenbar funktioniert der Zusammenhalt unter den Eltern so gut, dass viel getauscht und ausgeholfen wird. Denn, so Steinbrück in seiner Rolle als Abteilungsleiter: "Aus den Mannschaften habe ich das Schuhthema noch nicht offiziell als Problem gemeldet bekommen." Vielleicht retten sich also alle bis in den Oktober, dem Monat, in dem Händler wie Andre Darr von Soccer Base wieder auf volle Regale hoffen.

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