Bielefeld Jetzt beginnt der wahre Stresstest für den Jahnplatz

Bielefeld. Noch knapp zehn Wochen, dann muss der Jahnplatz fertig sein, um die Auszahlung der Fördergelder nicht zu riskieren. Aktuell vermittelt die Stadt Optimismus, dass der der 30. Juni als Stichtermin eingehalten werden kann. Schon jetzt sind deutliche Fortschritte der Bauarbeiten zu erkennen. Baken, Bauzäune, schweres Gerät und Toilettenhäuschen für die Arbeiter versperren noch den Blick. Doch dahinter ist schon viel zu sehen: Die Straße ist asphaltiert, Radwege sind entstanden, große Flächen sind gepflastert, drei Sitzbänke umrunden die Jahnplatzuhr. Auch die neuen Dächer der Haltestellen sind beinahe fertig.Der Stresstest steht ihm aber noch bevor. Denn erst wenn Autos und Busse, Fußgänger und Radfahrer den Platz wieder queren, wird sich herausstellen, ob er den Erwartungen standhält. Und schon vorher wird eine zentrale Frage Stadtgespräch sein. Hat sich der zwei Jahre dauernde, 23,8 Millionen Euro teure Umbau gelohnt? Schon jetzt muss man kein Hellseher sein, um zu wissen, dass die Meinungen zu dieser Frage weit auseinander gehen werden. In einer repräsentativen Umfrage der NW war Ende 2021 das Ergebnis etwa Fifty-fifty. 46 Prozent der 500 Befragten befürworteten den Umbau, 48 waren eher dagegen. Auf die Parteien geschaut: 51 Prozent der SPD-Anhänger votierten für den neuen Jahnplatz, 56 Prozent waren es bei der grünen Klientel. CDU-Anhänger konnten dem nur zu 43 Prozent etwas abgewinnen.Der CDU-Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Ralf Nettelstroth hätte den Umbau zwischenzeitlich am liebsten gestoppt. Seiner Meinung nach waren alle politischen Beschlüsse zum Platz rechtswidrig. Hätte er sich bei der Oberbürgermeisterwahl 2020 als Kandidat durchgesetzt, würde der Platz heute vielleicht anders aussehen. Er gab damals an, eine konsensfähige Lösung finden zu wollen. Das ist allerdings Schnee von gestern. Die heutige rot-grün-rote Rathausmehrheit mit Pit Clausen an der Spitze hat stattdessen an den Plänen festgehalten und den Umbau trotz viel Kritik vorangetrieben. Anfangs ging das Rathaus von Kosten in Höhe von 13,9 Millionen Euro aus. Heute wissen wir, dass der Preis um 60 Prozent höher liegt. War er das wert?Vom Schandfleck zum Kompromiss Der Jahnplatz musste sich verändern. Das ist richtig. Er war ein Schandfleck der Stadt. Aber die ersten Entwürfe, die 2017 vorgestellt wurden, sorgten bei niemanden für echte Euphorie. Nicht einmal bei den Mitgliedern der SPD und der Grünen. Denn ausgehandelt wurde ein Kompromiss. So ist es oft in Bielefeld. Tatsache ist, ein Kompromiss im Städtebau ist meist kein ganz großer Wurf. Jeder gibt ein Stück von dem auf, was er eigentlich wollte. Am Ende dominiert im besten Fall Zufriedenheit, aber keine Begeisterung. Der Jahnplatz ist dafür ein gutes Beispiel. Letztlich wurde nicht weniger als die Quadratur des Kreises versucht: Alle Verkehrsteilnehmer sollten berücksichtigt werden, der Platz sollte funktional und trotzdem schöner werden.Alles in allem wirkt der Platz jetzt moderner, heller und strukturierter. Er verbindet nun optisch die Altstadt mit der Bahnhofstraße und bindet die Friedrich-Verleger-Straße bis hin zur Wilhelmstraße deutlich besser mit ein. Auf der anderen Seite soll der Übergang zum Niederwall ebenfalls einheitlicher gestalten werden. Dort laufen aktuell noch die Pflasterarbeiten. Den Platz überspannen wird ein Netz aus runden Leuchten, teilweise mit imposanten Dimensionen von 2,10 Meter im Durchmesser. Technologisch hat der Platz durchaus etwas zu bieten: Der so genannte Luft reinigende Asphalt soll in Zukunft schädliche Stickoxide aus der Luft filtern. Sollte das funktionieren, wäre es ein absoluter Pluspunkt für den Umbau. Ebenfalls positiv zu bewerten sind die begrünten und deutlich freundlich aussehenden Haltestellendächer. Dennoch hätte der Platz gut noch mehr Bäume und Pflanzen vertragen. Doch gegen die geplanten Hochbeete hatten sich Anlieger gewehrt und mobiles Grün tauchte zuletzt in den Plänen auch nicht mehr auf.Das Fazit fällt trotzdem positiv aus. Unterm Strich hat der Umbau optisch und klimatechnisch Verbesserungen gebracht. Für einen Hauptplatz im Herzen der Innenstadt sind das wichtige Aspekte. Wie der Verkehr fließt, wird sich ab dem 30. Juni zeigen. Wie gefällt Ihnen, liebe Leser, der neue Jahnplatz? Lassen Sie es uns gern wissen unter bielefeld@nw.de

Mehr zum Thema