Bielefelder Musikerviertel: Exklusiver Einblick in ein luxuriöses Denkmal

Bielefeld. Hat man die Stiegen zur Haustür an der Furtwänglerstraße 22 erst einmal erklommen und steht in der Diele, drängt es einen geradezu, sich sofort wieder umzudrehen. Der Grund ist ein atemberaubender Blick auf die Bielefelder City dort unten &bdquo;im Tal“ – mit ihren Kirchtürmen, der Altstadt und dem monumentalen Städtischen Klinikum im Vordergrund, der sich beim Blick durch die Scheiben der Haustür spektakulär eröffnet.Allerdings ist der Panoramablick bei weitem nicht das einzige Highlight des ganz oben am Hang des Musikerviertels gelegenen Doppelhauses – der übrigens auch von der offenen Küche und vom Arbeitszimmer im Parterre aus zu haben ist: Das weiß verputzte, klar strukturierte Gebäude ist eines von drei original in den 1920er Jahren im Bauhausstil errichteten Bauwerken Bielefelds. Es steht deswegen unter Denkmalschutz. »Teilweise acht Gewerke gleichzeitig bearbeitet« 1928 errichtete der Architekt Johannes Geist das Flachdachgebäude im Stil des Neuen Bauens, das schon auf den ersten Blick die Verbindung zur Dessauer Bauhausschule erkennen lässt. Geometrisch gestaltete Vor- und Rücksprünge der Fassade, herauskragende waagerechte Fensterabdeckungen, Verzicht auf alles Dekorative und Verspielte. Kein Wunder, dass die Untere Denkmalbehörde am Tag des Offenen Denkmals 2019 den Leerstand nutzte, um es der interessierten Öffentlichkeit als herausragendes Beispiel der Architekturmoderne in Bielefeld zu zeigen. Acht Monate später hat das Haus neue Besitzer: Ein Paar (45 und 35 Jahre alt, das namentlich nicht erwähnt werden möchte) zog 2020 ein, nachdem sich beide &bdquo;spontan in das Haus verliebt hatten“, in die sachliche Anmutung, das geschwungene Geländer im Treppenhaus, die kleinen Finessen wie Einbauschränke und natürlich die großen Holzfenster mit ihren waagerechten Sprossen.&bdquo;Wir wollten im Bielefelder Osten bleiben, suchten ein Haus mit Garten“, erinnert sich die Miteigentümerin. Dass so ein Haus einfach auf einer der einschlägigen Immobilien-Plattformen im Netz zu finden sein würde, hatten sie nicht erwartet. Ihr Partner kannte den Anblick des Gebäudes &bdquo;vom Vorbeijoggen“, hätte sich aber nicht träumen lassen, dass es mal zum Kauf stehen würde. Wie wohnt es sich in einem Denkmal? Bei der ersten Besichtigung im Oktober 2019 habe es eigentlich sofort &bdquo;Klick“ gemacht, so seine Miteigentümerin. Der Vorgänger der neuen Besitzer hatte die rund 150 Quadratmeter große Haushälfte für sich als Ruhesitz vorgesehen und mit ersten fachgerechten Renovierungen 2018 begonnen. Zu seinem Einzug kam es schließlich nicht, so dass die Sanierungen nicht abgeschlossen wurden.Das übernahmen dann die Nachfolger, von denen der männliche Part ein früheres Bauingenieur-Studium aufweisen kann, das ihm bei der Beurteilung des Sanierungsbedarfs gelegen kam. Wie aber wohnt es sich in einem Denkmal? &bdquo;Prima, wenn man die Tatsache einkalkuliert, dass das Denkmalamt oft mitzureden hat“, so der 45-jährige Eigentümer. Heizkörper ausgetauscht, die marode Elektrik ebenfalls Also stand vor dem Einzug erst mal eine aufwendige Sanierung: Die über Eck angebrachten Fenster in der heute hellen Sofaecke mit Blick in den kleinen Garten ließ bereits der Vorbesitzer kostspielig, da bauhausgetreu, von einem Lippischen Fachunternehmen neu bauen. Die neuen Besitzer nahmen sich Schlafzimmer und Bäder vor. Die gusseisernen Heizkörper aus den Zwanzigern wurden jedoch ausgetauscht, ebenso die komplette marode Elektrik. Holzböden wurden geschliffen und geölt, brüchige Mosaikböden gegen dezenten grauen Stein eingetauscht. Draußen schrie das verrostete Eingangstor mit Gegensprechanlage am Hang danach, ersetzt zu werden, ebenfalls stilgerecht.»Wir haben hier eine tolle, hilfsbereite Nachbarschaft« Der Aufgang zum Haus wurde auch saniert. All das in Rekordzeit: &bdquo;Teilweise wurden acht Gewerke gleichzeitig bearbeitet – fertig geworden ist alles in nur drei Monaten“, erinnert sich das Paar. Im Mai 2020, mitten in der Coronakrise war der Einzug, im August kam das Söhnchen zur Welt. Seither passt sich das Interieur mehr und mehr den Bedürfnissen eines kleinen neuen Erdenbürgers an.Spielküche und Werkbank, Plüschtiere und Kriechtunnel liegen in Küche und Wohnraum – hier siegt der Pragmatismus junger Eltern über das stylische Wunschdenken anderer Bauhaus-Fans. Einrichtungsklassiker wie den Stahlrohrstuhl nach Marcel Breuer, die Wagenfeld-Lampe oder vom Bauhaus inspiriertes Geschirr sucht man im Haushalt mit Kleinkind vergebens. Allerdings gab es dann doch noch einen Wermutstropfen: fehlende Einstellplätze für die Autos des berufstätigen Paares. &bdquo;Das war für uns inakzeptabel. Wie sollen wir mit kleinem Kind oder Einkäufen so weite Wege in Kauf nehmen?“, fragt der junge Vater. Im Umfeld des Hauses herrscht Parkverbot, selbst für Anwohner. Inzwischen sind zwei Einstellplätze parallel zum Hang entstanden. Die Neubewohner sind zufrieden, auch wenn ein alter Baum weichen musste, der aber zunehmend die Bausubstanz des Hauses bedrohte: &bdquo;Wenn man so ein Gebäude fachgerecht erhält, muss es ja auch bewohnbar sein“, findet der Hausherr.Die junge Familie ist im Viertel angekommen. Bei einem Straßenfest habe man die &bdquo;tolle“, hilfsbereite Nachbarschaft kennengelernt. &bdquo;Wir fühlen uns sehr wohl und wollen nicht wieder weg“, zeigen sich die beiden zufrieden.

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