Clubs und Discos fühlen sich "an den Pranger gestellt"

Bielefeld. Geschlossene Clubs und Diskotheken - mal wieder. Doch jetzt wird die Kritik massiver. Zwar gibt es auch Akteure wie Maximilian Hampel von "Nummer zum Platz", die vorsorglich von sich aus schon im November schlossen, doch die meisten sind stinksauer über den neuerlichen Club-Lockdown seit dem Wochenende. Sascha Berg vom Lokschuppen packt sich erst einmal darüber an den Kopf, dass "der Ministerpräsident von Montag an Zeit hatte, und es dann am Freitag acht Stunden vorher mitteilt". Da fehlten ihm die Worte. Personal, Einkauf, Planung - alles erfolgt, alles im Eimer. Dass Clubs und Diskos wieder zu sind, findet er nicht korrekt. "Wir hatten 2Gplus und haben das sehr ordentlich gemacht - und genau uns knipsen sie jetzt aus?" Das findet er ungerecht, wie auch die meisten seiner Kollegen. "Bin fassungslos" Nico Thebille vom Café Europa (und zwei weiteren Clubs): "Ich bin fassungslos. Wir hatten seit August bis jetzt in unseren drei Clubs 75.000 Gäste. Darunter waren nur vier Infizierte, von denen unklar ist, ob sie sich überhaupt bei uns angesteckt haben." An den Pranger gestellt fühlen er und viele Kollegen sich. Berg: "Mir fehlt dafür die wissenschaftliche Evidenz." Also: Beweise. Vor allem Beweise dafür, dass es zielführend ist, Clubs zu schließen. Berg: "Bei mir im Viertel höre ich jetzt laute Partymusik bis früh morgens, da wird nun gefeiert." Thebille: "Es wird jetzt statt im öffentlich kontrollierten Raum wieder vermehrt privat gefeiert werden. Ohne Tests und natürlich ohne Kontrollen." Es entstünden gerade quasi Clubs im Privaten, so Berg. "Und da glaubt ja wohl keiner an 2Gplus." "Impfungen nahmen zu" Wichtiger Nebenaspekt: Auch für das Impfverhalten sei es gut gewesen, dass Tests Geld gekostet hätten. Berg: "Da haben die Impfungen bei unserer Klientel spürbar zugenommen, wir hatten plötzlich fast nur noch Geimpfte bei uns." Impfung für Freiheit - das zieht bei jungen Leuten. Erst, als die Test wieder gratis waren, seien wieder Menschen nur mit Test zum Feiern gekommen, bis das dann nicht mehr möglich war, dank 2Gplus. Ähnlich wie sein Kollege Thebille sorgt auch er sich nun um viel Unsicherheit und einen langen Club-Lockdown. Thebille fürchtet, bis Ostern aus dem Rennen zu sein. Berg sagt das so konkret nicht, er fordert aber klare Perspektiven. "Ich will auch wissen, wie es mit Konzerten weitergeht, das ist wichtig für uns". Berg: "Wir brauchen Klarheit." So manches Konzert sei schon vier Mal verlegt worden. Spontane Clubs in Bars Was Berg auch ärgert, ist, dass nun in Bars weitergefeiert werden kann. Junge Leute berichten schon jetzt, dass teilweise in den Bars einfach zur Musik getanzt werde, dass quasi Clubs spontan in Bars entstünden. Ein Club, der zur Bar geworden ist, genauer zur Lounge, ist das ehemalige "Max Raebel": Hier heißt es nun auf Facebook: "Wir gehen zurück auf unser Lounge-Konzept - also Musik ja, Tanzfläche nein, feste Sitzplätze und alles unter 2Gplus." Der Blick auf die Clubs und Diskos fällt auch Krisenstabsleiter und Sozialdezernent Ingo Nürnberger nicht leicht. Er betont: "Für die Besitzer ist die erneute Schließung eine schlimme Sache." Er wisse, "dass man Gerechtigkeit in dieser Situation nicht hinbekommt". Es müsse schnell finanziell entschädigt werden. Es sei aber auch eine Tatsache, "dass Clubs und Diskos natürlich ein Ort sind, an dem sich die Leute nahe kommen und die Kontakte wild durcheinander gehen". Gerechtigkeit nicht möglich Wie passen dazu Karnevalssitzungen und offene Kneipen? "Das kann man natürlich kritisieren", sagt er - Stichwort: unmögliche Gerechtigkeit. Das gelte auch für einheitliche Ge- und Verbote. Motto: Zu vielschichtig ist das Leben, als das alles in einer Pandemie in Perfektion gerecht zu gestalten ist. Nürnberger zur Landespolitik: "Ich interpretiere die neue Coronaschutzverordnung als Versuch der Landesregierung, einerseits die Kontakte deutlich zu verringern, gleichzeitig aber einen totalen Lockdown zu verhindern." Für Thebille ist das, was nun aus Düsseldorf gekommen ist, dennoch ein Schlag ins Gesicht, denn: "Wir haben uns an Impfaktionen beteiligt und die Politik unterstützt, wir sind nicht der Grund für steigende Infektionszahlen", so seine Meinung.

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