Das sind die Gefahren beim Zocken, bei WhatsApp, Youtube und Netflix

Bielefeld. &bdquo;Ich bin der beste Scharfschütze der Welt", mit diesen Worten stellte sich vor einigen Jahren ein junger PC-Gamer bei Frank Gauls vor. Er war offensichtlich zu tief in die Welt der Taktik-Shooter eingetaucht, hatte zunächst den Sinn für das reale Leben verloren und erst viel später bemerkt, dass sich genau dort ganz große Probleme aufgetürmt hatten. Er brauchte Hilfe. Wer viel spielt oder ständig Serien guckt, ist nicht automatisch in Gefahr. Trotzdem fliegen einigen von ihnen ihre Schul- und Ausbildungsziele um die Ohren. Viele Eltern sind verunsichert: Was ist noch normal, was ist ungesund? Das sind die Alarmsignale Frank Gauls ist Leiter der Ambulanten Suchthilfe Bethel. Der erfahrene Gesprächspsychotherapeut sieht sich zunehmend mit jungen Leuten konfrontiert, die ein problematisches Mediennutzungsverhalten an den Tag legen. Dabei handele es sich vor allem um Gamer, die durch ihr exzessives Spielverhalten Probleme bekommen. &bdquo;Sie igeln sich ein, verlieren das Interesse an Freunden und schwänzen die Schule oder vernachlässigen Ausbildung oder Studium. Typische Alarmsignale." Die Mediennutzung steigt Gauls, warnt davor, gleich von einer Sucht zu sprechen. Dennoch ist die Zeit, die 14- bis 29-Jährigen im Schnitt im Internet verbringen, während der Pandemie wieder gestiegen – auf täglich 388 Minuten. Das besagt die Online-Studie von ARD und ZDF. &bdquo;Das ist viel Zeit", sagt Gauls. &bdquo;Es wird befürchtet, dass die Zeit nicht auf das Niveau vor Corona zurückkehren wird." Aber er gibt auch zu bedenken, dass &bdquo;Kinder mit dem Internet und Computerspielen groß werden. Das gehört zu ihrer Lebensrealität." Viele Eltern kennen das so nicht. Das Internet gibt es erst seit 1991, das enorm beliebte Smartphone kam erst 2007 auf den Markt. &bdquo;Das heißt, wir haben im Gegensatz zum Alkohol und dessen Folgen gar kein adaptiertes Wissen über die Auswirkungen." Heutzutage hätten nahezu alle Kinder ab 12 Jahren ein Smartphone, sagt er. &bdquo;Ob das zu früh ist, ist immer noch unklar." Wichtig sind Regeln Experte Gauls rät Eltern deshalb dringend dazu, die Nutzung der Smartphones und aller anderen Geräte durch Regeln zeitlich und inhaltlich einzuschränken: &bdquo;Viele Eltern verzichten darauf komplett. Ohne Einschränkungen können selbst Zwölfjährige problemlos Hardcore-Pornos finden. Was das im Gehirn der Jungs auslöst, weiß man noch nicht genau", sagt Gauls. Auch beim Gaming sei es ratsam, die Spiele nicht zu verteufeln, sie aber zu beschränken. Dass er genau das von Eltern einfordere, führe oft dazu, dass ihn manche &bdquo;fast steinigen". Ist das technische Unsicherheit? &bdquo;Zum Teil schon. Dabei gibt es heute für jedes Betriebssystem eine Kindersicherung." Filme oder Games Den größten Teil ihrer Internetzeit verbringen junge Leute laut Gauls mit medialer Unterhaltung wie Youtube-Schauen oder Netflix-Serien streamen. Vor allem Studierende sind für das endlose Konsumieren von Streaming-Serien-anfällig, sagt er. Jungs lassen sich eher fürs Gaming begeistern, sagt er. In der Pandemie wurde das mehr. &bdquo;Die Jungen spielen eher Shooter oder Rollenspiele, Mädchen setzen auf Handygames." Suchtgefahr WhatsApp? Für Jungs wie Mädchen sind zudem noch die Messenger-Dienste attraktiv: 93 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen täglich WhatsApp und Co. Viele Studien erklären diejenigen als suchtkrank, weil sie lange über Messenger kommunizieren. Frank Gauls sieht das anders: &bdquo;Ich persönlich bin der Auffassung, dass Messenger keine große Suchtgefahr beinhalten. Hier geht es ja vor allem um einen Austausch. Bei den jungen Leuten passiert soziales Lernen eben auch über Messenger." Was allerdings gelernt werden müsse, so der Experte, sei dem Druck zu widerstehen, wenn auf dem Handy neue Nachrichten zu erkennen sind. Die rote Zahl der ungelesenen Nachrichten habe eine beeindruckende psychische Wirkung. &bdquo;In solchen Fällen müssen Eltern auch als Vorbild vorangehen und zeigen, wie es geht." Helfen könnten auch Regeln wie: &bdquo;Das Handy gehört nicht an den Esstisch." Verführer Youtube, Instagram und TikTok Youtube, Instagram und Co. sind übrigens auch sehr trickreiche Portale. Ihr Ziel: Den Kunden möglichst lange zu beschäftigen. Die &bdquo;Addictive Designs" der Apps sind so programmiert, dass sie suchtähnliches Verhalten verursachen können. Das automatische Abspielen des nächsten Films auf Youtube (Autoplay) oder das endlose Runterscrollen bei TikTok, Instagram oder Facebook sorgen dafür, dass es kein natürliches Ende gibt. &bdquo;Das ist alles sehr verführerisch und kostet viel Zeit", betont Gauls. Allein dieser Verführung nicht mehr widerstehen zu können, habe teilweise zu so problematischem Verhalten geführt, dass es behandelt werden musste. &bdquo;Die Gefahr besteht darin, sich in dieser Endlosigkeit zu verlieren." Zu spät Schwierig wird es, wenn Regeln zu spät eingeführt wurden. &bdquo;Wenn es vorher keine gab, können sie einem 16-Jährigen keine Regeln mehr beibringen", weiß der erfahrene Therapeut. Schalten die verzweifelten Eltern dann einfach den Router für den Internetzugang im Haus aus, dann führt das zu großen Aggressionen: &bdquo;Mir wurde berichtet, dass einige Jungs danach die ganze Bude auseinandergenommen haben." In der Pubertät tun Menschen alles extrem und exzessiv: &bdquo;Sie saufen und fahren zu schnell. Sie müssen sich ausprobieren." Und dann fügt er augenzwinkernd hinzu: &bdquo;Machen sie das nicht, kriegen sie als Erwachsene ne Macke." Das sei bei den Medien genauso. Eltern haben die wichtige Aufgabe, sich mit ihren Regeln dagegenstellen. Die FSK/USK-Angaben reichen nicht Natürlich sollte kein 14-Jähriger einen Taktik-Shooter für 18-Jährige spielen dürfen. Die Angaben der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) - analog zur FSK bei Filmen - sind wichtig, sie beziehen sich allerdings laut Gauls nur auf die Gewaltdarstellungen. Eltern sollten auch checken, ob In-Game- oder In-App-Käufe möglich sind und in welcher Höhe dies stattfindet. &bdquo;Ein 50-jähriger Gamer hat so innerhalb eines Jahres 11.000 Euro in sein Spiel investiert." Auch Kinder geben innerhalb kürzester Zeit für zusätzliche Ausstattungen oder verführerische Loot-Boxen (zufällige Items) mehrere Hundert Euro aus. Das sollte man wissen. Fortsetzung folgt... Im zweiten Teil der Serie über &bdquo;junge Zocker" berichtet Experte Frank Gauls über typische Belastungen, die viele Betroffene schon verspüren, bevor sie vom Bildschirm nicht mehr wegkommen. Und er nennt die gefährlichsten Genres. Gute Infos und praktische Tipps zum Thema &bdquo;Zocken" unter: www.schau-hin.info, www.klicksafe.de und ajs.nrw. Zum Thema: Streitpunkt Fortnite: Wenn Eltern ihre Kinder an die virtuelle Welt verlieren Wie sexistisch ist die Gaming-Szene?

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