Party, Gastro, Ordnungsamt: Reizstimmung am Bielefelder Emil-Groß-Platz

Bielefeld. Der Emil-Groß-Platz ist eine Attraktion. Cafés und Restaurants locken vor allem am Wochenende Hunderte Menschen bis tief in die Nacht dorthin. Die Lust am Feiern produziert jedoch einen Konflikt, der mitunter eine Reizstimmung vor allem zwischen Gastronomen und Ordnungsamt erzeugt. Während die einen nach Monaten der Zwangsschließung um das wirtschaftliche Überleben kämpfen müssen, versuchen die anderen, die Ausschankbegrenzung für Gäste ab 0 Uhr so zu kontrollieren, dass sie eingehalten wird - wegen des Lärmschutzes für Anwohner. Das Problem an der Stelle ist aber: Der Partylärm entsteht vor allem um die Gastronomie herum, nicht in oder von ihr ausgehend. Mensudin Demirovic betreibt seit fast 20 Jahren das Mellow Gold am Emil-Groß-Platz. Der Gastronom hat erlebt, wie sich der Ort zum bevorzugten Ausgehstandort entwickelt hat. Das Mellow Gold hat davon einerseits profitiert, andererseits sorgt das Partymeilendasein für Ärger. "Auch wenn wir die Außengastronomie beenden, bleiben die Leute ja trotzdem, sie versorgen sich dann mit Getränken unter anderem bei einem Kiosk", beschreibt er die Lage, ohne den Kioskbetreiber oder die Feiernden kritisieren zu wollen. Dutzende der Straßen-Feierer begehren an einem lauen Abend dann auch nach Mitternacht Einlass bei ihm, um auf die Toilette gehen zu können - oft ungefragt. Das macht Arbeit und kostet Geld. Manche setzen sich an seine Tische vor dem Lokal und konsumieren ihre mitgebrachten Getränke. "Ich muss ständig rausgehen und sagen, dass sie das so nicht machen können", berichtet Demirovic. "Die haben einen unmöglichen Ton gewählt" Zwei Tage nach Ende des Lockdowns kam es wegen der aus Sicht des Gastwirtes unmöglichen Trennung von öffentlichem Raum und Gastronomie zum Disput. Demirovic erhielt vom Ordnungsamt eine Geldbußen-Androhung, gegen die er nun vorgeht. Auch die Art der Kommunikation der Ordnungsamtsmitarbeiter habe ihm nicht gefallen. "Die haben einen unmöglichen Ton gewählt", sagt er. Andere Wirte seien ebenfalls verschnupft über Art und Weise der Kontrolleure. Die Wirte haben den Eindruck, sie seien die Sündenböcke für eine unlösbare Lage. Denn gegen die vielen Menschen im öffentlichen Raum könne das Ordnungsamt nicht einschreiten, deswegen würden sie zur Verantwortung gezogen. Dieser Sichtweise widerspricht Friedhelm Feldmann, Leiter des Bielefelder Ordnungsamtes. Zwar stimme es, dass gegen die auf der Straße feiernden Menschen, die sich an Kiosken versorgen, es keine Handhabe gäbe, deswegen gehe man aber nicht härter gegen die Gastronomen vor. Feldmann verweist auf das Landesimmissionsschutzgesetz, dass die Rahmenbedingungen für die Außengastronomie festlege. Das Amt habe den Auftrag, es zur Geltung zu bringen. "Die Anwohner, die es dort reichlich gibt, wollen ihre Nachruhe", sagt er. "Wenn wenig Bereitschaft da ist, haben wir keine andere Wahl" Laut Feldmann weisen die Mitarbeiter die Wirte zunächst auf Verstöße hin. Dann werde ihnen ausreichend Zeit gegeben, darauf zu reagieren. Nur wenn nichts passiere, würden die Ansprachen deutlicher. "Wenn wenig Bereitschaft da ist, darauf einzugehen, haben wir keine andere Wahl. Ein Aushandlungsprozess ist nicht möglich", verdeutlicht Feldmann die Sichtweise des Ordnungsamtes. Das sei unabhängig davon, ob noch Hunderte Menschen auf den Straßen stehen würden, direkt neben den dann nicht mehr zur Verfügung stehenden Plätzen der Außengastronomie. Sollte sich dort jemand hinsetzen, habe der Wirt sein Hausrecht durchzusetzen. Regine Tönsing vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga ist der Konflikt vertraut. "Denn gibt es unter anderem auch an anderen Stellen wie dem Neuen Bahnhofsviertel", sagt sie. Die Geschäftsführerin sieht die Bedürfnisse und Zwänge dahinter. "Ich kann die Wirte sehr gut verstehen, viele stehen mit dem Rücken zur Wand, sie müssen nach dem Lockdown Geld verdienen für sich und ihre Mitarbeiter", sagt Tönsing. Entsprechend gereizt werde manchmal auf das Ordnungsamt reagiert, für dass sie jedoch auch Verständnis aufbringen könne. Schließlich vertrete es die Bestimmungen und die Interessen anderer Beteiligter. Ein Innenstadt-Treffpunkt wie am Emil-Groß-Platz gehört zum lebendigen Stadtleben. Wohl niemand will das ändern, im Gegenteil. Die Gastronomen an der Stelle wünschen sich sogar eine Aufwertung des Ortes durch eine Verkehrsberuhigung, also vor allem dem Ausschluss des abendlichen und nächtlichen Angeberverkehrs, der die Menschen auf der Straße nervt und gefährdet. Berechtigte Interessen haben außerdem Nachbarn, Feiernde und Behörden. Regine Tönsing würde gerne alle Seiten an einen Tisch bekommen - für eine friedliche und entspannte Zusammenarbeit, die sich alle wünschen. Bisher ist das noch nicht gelungen.

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