Notfall: Bielefelder Tierheim beschlagnahmt sechs gequälte Hundewelpen

Bielefeld. Kaum sind die 14 kleinen Shi Tzus plus zwei Hündinnen aus Osteuropa, die im Februar sichergestellt worden waren, vermittelt, muss das Bielefelder Tierheim schon wieder sechs völlig verwahrloste Junghunde - Labradore sowie vermutlich Cocker Spaniel und ein Vizsla-Mix - in der Quarantäne unterbringen. Sie wurden in der vergangenen Woche beschlagnahmt. Weitere Details wollten die Tierschützer noch nicht sagen, nur so viel: Ihr Zustand ist erbärmlich, sie hatten bei ihrer Ankunft Fliegeneier im mit Kot verklebten Fell, Ohrmilben, und sie sind alle traumatisiert. Tierheimleiterin Anja Langer appelliert eindringlich an alle Bürger: "Bitte passen Sie gut auf, wenn Sie einen Welpen kaufen. Ein Tier ist keine Ware, die von jetzt auf gleich bestellt wird." Zahl der illegal gehandelten Hunde hat sich fast verdreifacht Die Nachfrage nach süßen und unkomplizierten Haustieren habe den illegalen Welpenhandel im Corona-Jahr 2020 dramatisch angekurbelt, berichtet der Deutsche Tierschutzbund. Die Zahl der vom illegalen Handel betroffenen Hunde habe sich im Vergleich zu 2019 fast verdreifacht, die Zahl der gehandelten Katzen sogar versechsfacht - die Gewinnmargen sind enorm. Insgesamt wurden 172 Fälle bekannt, und das, so die Tierschützer, sei nur die "Spitze des Eisbergs". Der Ausblick auf 2021 lasse Schlimmes erahnen: "Allein von Januar bis Ende März wurden mit 112 Fällen und fast 800 betroffenen Tieren schon knapp zwei Drittel der Fälle des gesamten Vorjahres verzeichnet." Quarantäneplätze im Bielefelder Tierheim seit Monaten dauerbesetzt Im Tierheim Bielefeld sind die Unterbringungsplätze für beschlagnahmte Welpen seit Monaten dauerbesetzt. Das einzig Tröstliche für die Tierschützer ist die große Welle der Anteilnahme, die sie übers Telefon oder Internet erfahren. Und das riesige Interesse von Menschen, die den kleinen "Wühltisch-Vierbeinern" ein gutes und artgerechtes Zuhause bieten wollen. So hatte es über 100 Interessierte für die 14 Shih-Tzu-Welpen und zwei Hündinnen, die nicht die Mütter der Welpen waren, gegeben. Sicherstellung dank eines Tipps von aufmerksamem Bürger Die verwahrloste Rassehunde-Truppe war dank eines aufmerksamen Bürgers auf verschiedenen Internetportalen aufgefallen, berichtet das Bielefelder Veterinäramt. So gelang es, die neun Rüden und fünf Hündinnen sowie zwei weitere vier- bzw. fünfjährige Shih-Tzu-Hündinnen mit polnischen Papieren aus einem illegalen Transport sicherzustellen. Die ersten acht Welpen kamen am 22. Februar ins Tierheim, weitere sechs plus die zwei Hündinnen vier Tage später. Dort mussten die Kleinen erst einmal alt genug werden, damit sie, wie gesetzlich vorgeschrieben, gegen Tollwut geimpft werden konnten. Weitere Wochen gingen ins Land, bis die Impfung wirksam wurde. So dauerte es insgesamt rund dreieinhalb drei Monate, bis die illegal gehandelte Hundeschar schließlich vermittelt werden durfte. Durch die lange Zeit der Unterbringung im Tierheim hatten sich neben dem Geld für die Impfung weitere immense Kosten aufgestaut - für jeden Unterbringungstag werden 20 Euro berechnet. Angesichts der hohen Ausgaben seien die Hündchen dann "über einen Anwalt freigegeben worden", sagt Langer. Detailreiche Bewerbungen für Shih-Tzu-Welpen Unter den vielen beeindruckenden Bewerbungen für die Shih Tzus die neuen Besitzer auszuwählen, das sei "extrem schwierig" gewesen, sagt die Leiterin. "Die Leute haben ganz tolle Sachen geschrieben" - komplette, detailreiche Bewerbungen inklusive Bilder. "Da geht einem das Herz auf." Viele hätten regelmäßig angerufen und sich erkundigt, wie es den Kleinen geht. Die meisten Hündchen wurden dann an Menschen aus der Region vermittelt, ein Shih Tzu nach Berlin und einer nach Niedersachsen. Hohe Nachfrage nach "kleinen, lieben Familienhunden" Doch auch wenn alle Mitarbeiter froh sind, dass dieser Fall gut ausgegangen ist - der illegale Handel hat sich damit noch lange noch erledigt, im Gegenteil: Er boomt, angetrieben von der hohen Nachfrage nach "kleinen, lieben Familienhunden" (Langer), auch in Bielefeld. "Am liebsten Hunde, die nicht haaren, die anschlagen, aber nicht kläffen, die gut im Auto mitfahren und allein zu Hause bleiben können - da haben wir enorm viele Anfragen. Die können wir gar nicht abdecken." Mahnwache der Tierschützer an der Hundewiese Um auf das Geschäft mit den Online-Welpen - das, so der Deutsche Tierschutzbund, gepflastert sei mit Profitgier, Tierleid und nicht selten dem Tod" - aufmerksam zu machen, haben Tierschutzverbände, Tierschutzvereine und Tierheime die Kampagne "Süße Ware, schneller Tod: Welpenhandel stoppen" ins Leben gerufen. Am kommenden Samstag, 29. Mai, findet dazu bundesweit eine Mahnwache statt. Auch das Bielefelder Tierheim ist dabei: von 13 bis 15 Uhr an der Hundewiese zwischen Brands Busch und Sparrenburg.

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