Ehepaar soll taubes Kind brutal misshandelt haben

Bielefeld. Die Mimik der Angeklagten verrät nicht, was in ihnen vorgehen mag: Mit unbewegten Gesichtern verfolgen Mitko und Gerarda S. (Namen aller Betroffenen geändert) die Verhandlung, lediglich während der Vernehmung einer Zeugin scheint dann und wann ein süffisantes Lächeln auf dem Gesicht der angeklagten Frau zu liegen. Ein Ehepaar aus Bad Salzuflen muss sich derzeit vor dem Bielefelder Landgericht verantworten, weil es 2017 in der damaligen Wohnung der Familie in Bielefeld eines ihrer Kinder brutal misshandelt und gequält haben soll. Misshandeltes Kind stammt aus früherer Beziehung der Mutter Die Bielefelder Staatsanwaltschaft geht von folgendem Geschehen aus: Die beiden bulgarischstämmigen Angeklagten lebten 2017 gemeinsam mit ihren drei Kindern in einer Wohnung in Bielefeld. Während die beiden Jüngsten gemeinsame Kinder des Paars sind, war der älteste Junge - der seinerzeit achtjährige, von Geburt an gehörlose Stojan - aus einer früheren Beziehung der Frau mit in die Ehe gebracht worden. Im Herbst 2017 kam es sodann mehrfach zu brutalen Misshandlungen seitens beider Elternteile. Bei diesen Gelegenheiten schlugen und traten sie auf das Kind ein, beschimpften und beleidigten den Jungen, zerrten ihn an den Haaren hoch und stießen ihn mit dem Kopf gegen die Wand. Darüber hinaus drückten sie ein Kissen fest in das Gesicht des Jungen, bis dieser zappelte. Als eine ebenfalls anwesende Verwandte von Mitko S. entsetzt aus der Wohnung lief, kam der Mann hinterhergelaufen und sagte: "Das Kind ist noch nicht tot." "Ein Kind eines anderen Manns tut mir nicht leid" So war es auch diese Verwandte, die 42 Jahre alte Adrina J., die schließlich Anzeige erstattete und das Verfahren ins Rollen brachte. In ihrer Zeugenvernehmung vor der XX. Großen Strafkammer des Landgerichts schilderte sie nun, was sich in den Herbsttagen vor drei Jahren in der Wohnung der Familie S. zugetragen haben soll. Die Zeugin hatte nach ihrem Umzug von Belgien nach Deutschland eine zeitlang bei der Familie S. gelebt. Dabei habe sie mehrfach miterleben müssen, wie die Eltern mit dem achtjährigen Jungen umgingen: "Sie haben ihn nicht geliebt, das habe ich von Anfang an gemerkt." Das Kind habe schon Schläge erhalten, wenn es aus der Schule nach Hause gekommen und noch nicht einmal ganz in der Wohnung gewesen sei. Die Angeklagten hätten Stojan geschlagen, getreten und ein Kissen auf dessen Gesicht gedrückt: "Er konnte nicht atmen und hat geschrien. Währenddessen hat Mitko auf ihn eingetreten." Unter Tränen berichtete die Zeugin: "Stojan hat aus Nase und Mund geblutet. Einmal hat ihn seine Mutter sogar mit einem Messer bedroht. Wie kann eine Mutter so etwas machen?" Ihr gegenüber habe Gerarda S. gesagt: "Ich mag den Jungen nicht, er ist wie sein Vater. So etwas Peinliches." Mitko S. habe hingegen lediglich gesagt, das Kind eines anderen Manns tue ihm nicht leid. Zeugin der Vorfälle brachte diese schließlich zur Anzeige Adrina J. wendete sich zunächst ans Jugendamt, doch "hat da zunächst niemand so recht reagiert", so die Zeugin. Schließlich habe sie Anzeige bei der Polizei erstattet, um den Jungen zu schützten. "Ich bin im Anschluss auch in eine eigene Wohnung gezogen und hatte seither keinen Kontakt mehr zu den beiden". Der Fall war zunächst zum Amtsgericht angeklagt gewesen, wurde von diesem jedoch an die nächsthöhere Instanz verwiesen. Die nunmehr zuständige Kammer ließ das sich bis dahin auf freiem Fuß befindende Ehepaar S. in Haft nehmen. Im Eröffnungsbeschluss wies die Kammer darauf hin, dass nunmehr auch eine Verurteilung wegen versuchten Mords in Frage komme. In der Verhandlung teilten die Verteidigerinnen Franziska Janßen und Susanne Renner nun mit, dass sich ihre Mandanten derzeit nicht zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen äußern würden. Der Prozess wird am 14. Dezember fortgesetzt.

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