"Hoffnung zerplatzt": Entsetzen im Fall des ermordeten Bielefelders Kadir A.

Bielefeld/Hannover. Überraschend verlief der zweite Verhandlungstag im Mordfall Kadir A., dessen mutmaßlichen Mörder, eine junge Frau (25) und ihr Freund (24), sich derzeit am Landgericht Hannover verantworten müssen. Sie sollen den Bielefelder A. in eine Falle gelockt und dann heimtückisch mit mehr als 100 Messerstichen getötet haben. Die Anklage wirft dem Paar aus Hannover Mord aus niederen Beweggründen vor. Am Montag erwartete der Vorsitzende Richter die von der Verteidigung angekündigten Aussagen der Angeklagten. Man hatte dem Gericht in Aussicht gestellt, dass neben der Darstellung der Angeklagten sogar Nachfragen des Gerichts erlaubt sein würden. Der Vorsitzende Richter reagierte spürbar ungehalten Doch am Montag widerrief die Verteidigung ihre Ankündigung. Die Angeklagten machten von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Ein Hinweis auf eine mögliche Aussage zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens blieb aus. Der Vorsitzende Richter reagierte spürbar ungehalten über diese unerwartete Kehrtwende. Denn ohne Geständnis muss das Gericht in die mühevolle und vor allem zeitraubende Beweisaufnahme und Vernehmung zahlreicher Zeugen einsteigen. Angehörige hatten so sehr auf Antworten auf ihre Fragen gehofft Sogar entsetzt reagierten der Vater und die Schwester des Opfers. Wie Rechtsanwalt Pascal Ackermann berichtete, der für die Angehörigen die Nebenklage vertritt, hatten sich beide große Hoffnungen gemacht, nun endlich Antworten auf all ihre Fragen zu bekommen. Sie hatten sich dem psychischen Druck ausgesetzt, ein zweites Mal den Angeklagten gegenüber zu sitzen. Denn der Prozess sollte ihnen die Chance bieten, ihre Trauer hinter sich zu lassen. "Nachdem plötzlich klar wurde, dass ihre Hoffnung möglicherweise für das gesamte Verfahren zerplatzt war, &bdquo;reagierten beide maßlos enttäuscht", erläuterte Ackermann. Wegen einer angeblichen Vergewaltigung - Anklage geht von einem Racheplan aus Die Staatsanwaltschaft geht bisher davon aus, dass die 25-Jährige einen perfiden Racheplan ausgeheckt hat. Sie hatte Kadir A. Anfang 2019 im Internet kennen- und möglicherweise auch lieben gelernt. Doch nach einem intimen Date in Bielefeld trennte sich der Bielefelder Supermarktangestellte von der jungen Frau. Diese zeigte ihn – ohne sein Wissen – daraufhin wegen einer angeblichen Vergewaltigung an. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld stellte die Ermittlungen allerdings schnell wieder ein. Allein aus ihrer Aussage hatte sich kein Anfangsverdacht ergeben, hieß es später. Kadir A. erfuhr nie von der Strafanzeige und reiste deshalb ohne Verdacht am 5. April 2020 nach Hannover, um seine Internetbekanntschaft doch noch wiederzutreffen. Attacke mit einem japanischen Tanto-Schwert In einer Wohnung in Hannover-Kirchrode, in die er der 25-Jährigen gefolgt war, wartete allerdings ihr neuer Freund. Laut Anklage soll dieser dem Opfer dort Pfefferspray in die Augen gesprüht und anschließend immer wieder mit einem japanischen Langdolch (Tanto-Schwert) auf den Bielefelder eingestochen haben. Kadir A. verblutete noch in der Wohnung. Seine Leiche fanden Friedhofsgärtner am 15. April halb verscharrt in einem frischen Grab in der Nähe des Tatorts. Die Angeklagten lebten bis zu ihrer Verhaftung im Mai 2020 in einer Behinderteneinrichtung. Ein psychiatrischer Gutachter soll im Laufe des Verfahrens klären, ob das Paar schuldunfähig war. Für den Mordprozess sind noch 16 weitere Verhandlungstage terminiert. Lesen Sie auch zum Fall Kadir A.: Polizei-Panne: Beamte lassen sich direkt nach dem Mord abwimmeln Die ganze Berichterstattung zum Mordfall

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