Feng-Shui für den Jahnplatz

Bielefeld. Wir sind im Tunnel, im Jahnplatztunnel, und unser Blick bleibt an den großformatigen Fotos hängen, die den Jahnplatz im Laufe des letzten Jahrhunderts dokumentieren. Die Bilder zeigen Verkehr aus und in alle Richtungen. Bahnen, Busse, natürlich Autos und dazwischen, wie kleine Ameisen, Fußgänger, die sich einen Weg durch die Blechlawine suchen. Die Bilder zeigen aber auch den Tunnelblick der Bielefelder Städte- und Verkehrsplaner, immer darauf fokussiert, diesen Individualverkehr möglichst ungebremst und frei von Hindernissen fließen zu lassen. Tunnelblick der Bielefelder Städte- und Verkehrsplaner &bdquo;Der Kopf ist rund, damit man in alle Richtungen denken kann", dachte sich wohl das Theaterlabor, das einen &bdquo;Audiowalk um den Jahnplatz ins Leben rief. Ein &bdquo;partizipatives Format", gesagt, getan! Unterstützt werden sie dabei vom Syndikat &bdquo;Gefährliche Liebschaften", ein multimediales Team aus Quakenbrück, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, Geschichten sichtbar zu machen, die zum Perspektivwechsel einladen. &bdquo;Begeben Sie sich zum Aufgang Niederwall", regt die Stimme des &bdquo;Planungsbüros der Träume" via Handy und Kopfhörer an. Es duftet, auch noch am frühen Abend, nach frischen Brötchen vom Bäcker Pollmeier oben auf dem Jahnplatz, und gleich um die Ecke zieht der Geruch von gebratenen Nudeln des China-Imbisses in die Nase. Aber es riecht nicht nach Abgasen – ein gutes Zeichen! &bdquo;Etwa alle fünfzig Jahre wird der Jahnplatz umgebaut", hat das Planungsbüro herausgefunden – jetzt ist es wieder so weit. &bdquo;Suchen Sie sich die gefühlte Mitte des Platzes und gehen Sie direkt dorthin", der Knopf im Ohr macht klare Ansagen: &bdquo;Beobachten Sie die Passanten, Radfahrer, Autos, Busse." Nun, die wenigen Radler, die zu sehen sind, schieben ihr Gefährt über den Platz, anders ist es auch kaum möglich, Bauzäune an jeder Ecke versperren die Wege. &bdquo;Suchen Sie sich die gefühlte Mitte des Platzes und gehen Sie direkt dorthin" Gefühlt sind mehr Busse als Autos unterwegs – ein gutes Zeichen! Aber die armen Busfahrer müssen ganz schön herumkurven. &bdquo;Schwärmen Sie aus, ohne Ziel." Bewusstes Schlendern, den Blicke schweifen lassen. &bdquo;Aus wie vielen Perspektiven kann man den Platz betrachten?", fragt das Planungsbüro. Das partizipative Moment bricht sich Bahn. Die Teilnehmer des ersten Jahnplatz-Audiowalks brabbeln durcheinander in ihre Headsets und teilen mit, wie und ob sie die Atmosphäre auf dem Jahnplatz genießen können zwischen Zäunen, Baggern und auf unbefestigtem Schotter. &bdquo;Ich bin Jahnplatz, sind wir nicht alle ein bisschen Jahnplatz?", fragt einer in die Runde. &bdquo;Ich bin Jahnplatz, sind wir nicht alle ein bisschen Jahnplatz?" &bdquo;Wagen Sie einen Blick von oben und steigen Sie hinauf ins Bernstein", die Stimme aus dem Off ist noch immer nicht müde. Von oben fällt sofort die sich falsch anfühlende Koexistenz der kantigen Haltestellendächer vor McDonald’s und den spielerisch geschwungenen Bauzäunen auf. Diese Perspektive offenbart etwas völlig Neues – es ist wie Feng-Shui, aufräumen mit alten Mustern, sich harmonisieren mit seiner Umgebung, die durch eine besondere Gestaltung der Lebensräume wirksam wird – ein Aha-Erlebnis!Zukunftsvisionen werden über die Kopfhörer dekliniert (&bdquo;ein Whirlpool mitten auf dem Platz, Luftblasen als Fluggeräte, chillen und grillen im Schatten der Alcina-Uhr"), und am Schluss ein Wort der Warnung, auch gerichtet an künftige Verkehrsplaner: &bdquo;Die Stadt reist am Jahnplatz an sich selbst vorbei." WANN? Samstag, 3. Oktober, 18 Uhr, WO? Jahnplatz. TICKETS? Restplätze, unter Tel.: (05 21) 2 70 56 07 (Fortsetzung ist in Planung)

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