Bielefelder Familien zahlen Geld für Hinweise auf bezahlbares Zuhause

Bielefeld. Ahmet Birol* will raus: Aus dem Plattenbau in Baumheide, aus der viel zu kleinen Wohnung für seine fünfköpfige Familie, aus dem Mietvertrag, da die Miete bald viel teurer wird. Doch in Bielefeld ein Haus zu finden, ist für ihn fast unmöglich. Seit drei Jahren sucht er ununterbrochen. Seine Hoffnung ist nun das Portal Ebay-Kleinanzeigen. Für einen erfolgreichen Tipp, der seiner Familie ein neues Zuhause ermöglicht, bietet er mehrere tausend Euro. Anfangs träumte die Familie Birol von einem großen Garten mit einem freistehenden Haus. Mittlerweile wäre dem Paar fast jedes Haus recht, solange es nicht mehr als 350.000 Euro kostet. Doch ein Blick bei Ebay-Kleinanzeigen zeigt: Unter dem Stichwort "Haus zum Kauf" und "Bielefeld" finden sich mittlerweile mehr Gesuche als tatsächliche Angebote. Und die Angebote, die zu finden sind, liegen meist deutlich über der Summe, die Ahmet Birol finanzieren kann. Auch die Häuser im Immobilienteil der NW sind außer Reichweite, eine Neubau-Doppelhaushälfte mit vier Zimmern in Dornberg wird gar für 529.000 Euro angeboten. Kredite passen nicht zu Kaufsummen Den Trend zu immer weiter ansteigenden Preisen bestätigt auch das Statistische Bundesamt: Nicht nur die Preise für Wohnimmobilien liegen derzeit auf einem Rekordhoch, sondern auch Bauland hat noch nie so viel gekostet wie derzeit. In Nordrhein-Westfalen liegt der Durchschnitt mittlerweile bei mehr als 140 Euro pro Quadratmeter. Doch für einen Kaufpreis, der 350.000 Euro übersteigt und für Bielefeld eher die Regel ist, bekommt Ahmet Birol keinen Kredit. Das haben ihm bereits mehrere Kreditinstitute mitgeteilt. Für ihn eine Ungerechtigkeit, denn: Für seine 73-Quadratmeter-Wohnung, in der er derzeit mit fünf Personen leben muss, zahlt er eine Warmmiete von etwas mehr als 700 Euro. Doch das Haus wird derzeit von der Wohnungsvermietungsagentur Vonovia modernisiert. Sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, steigt die Warmmiete auf 900 Euro an. "Für diese Summe kann ich ein Haus abbezahlen", beschreibt Ahmet Birol. Doch die Bank sage ihm, dass er für entsprechende Raten ein zu geringes Gehalt habe. "Die Banken sehen nicht, dass ich so oder so 900 Euro zahlen muss, egal, wie viel ich verdiene. Wir müssen ja irgendwo wohnen." Deshalb hat er schon jetzt neben seinem regulären Job einen 450-Euro-Job angenommen. Ebay-Kleinanzeigen als letzte Rettung Die ganze Situation setzt ihn erheblich unter Druck. Die Wohnverhältnisse seien schon lange viel zu beengt, erzählt er. Niemand aus der Familie könne sich in einem der Räume wirklich zurückziehen. "Meine Große geht mittlerweile in die zweite Klasse. Ihre Hausaufgaben kann sie nur am Esstisch machen, weil wir in das Kinderzimmer gar keinen Schreibtisch mehr stellen können." Um der Mieterhöhung und dem wenigen Platz zu entfliehen, hat er nun Anfang September auf Ebay-Kleinanzeigen die Initiative ergriffen. 5.000 Euro bietet der Bielefelder für einen erfolgreichen Tipp bei der Haussuche. Aus Frustration, dass seine dreijährige Suche bislang zu keinem Ergebnis geführt hat. Seine Hoffnung: Angebote zu bekommen, die dann ohne einen Makler abgewickelt werden können. Denn Maklergebühren würden den Hauskauf noch einmal zusätzlich finanziell für ihn erschweren. "Aber wir haben unseren Suchradius auch erheblich erweitert. Mittlerweile schauen wir uns schon in Kirchlengern um." Doch ein derartiger Umzug würde das gesamte Leben der Familie aus den Angeln heben: "Ich müsste den Job wechseln, meine Tochter die Schule, wir würden damit unser ganzes Umfeld verlieren." Kein Einzelfall Ähnlich hat es auch Sarp Yilmaz* versucht: Er bietet 1.000 Euro für einen erfolgreichen Tipp. Auch er möchte unbedingt aus seiner Mietwohnung ausziehen. Nicht nur der Nachwuchs ist der Grund, sondern auch Konflikte mit den Vermietern spielen eine Rolle. Anders als bei Familie Birol ist das Problem jedoch nicht die mögliche Finanzierung, sondern die Schnelligkeit der Verkaufs: "Es gibt zwei Kategorien von Immobilien: Die einen stehen ewig im Internet, weil damit etwas nicht stimmt, und die anderen sind manchmal nach zwei Stunden schon wieder offline, weil sich so viele Interessenten melden." Habe man das Glück und werde zu einem Besichtigungstermin eingeladen, seien Bietverfahren die Regel. "Da muss man spätestens am nächsten Tag ein Gebot abgeben." Schwierig werde es jedoch, wenn der Wert der Immobilie viel niedriger ist als der tatsächliche Verkaufspreis. Dann lehne die Bank eine Finanzierung ab. Bislang habe auf die Angebote der Familie noch niemand reagiert. Doch sie wollen nicht aufgeben. (* Namen geändert)

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