Moderner Bankraub - Unbekannte sprengen Bielefelder Geldautomat

Bielefeld-Milse. Unbekannte haben am frühen Montagmorgen einen Geldautomaten in Bielefeld gesprengt. Obwohl ein Zeuge die Täter bereits vor der Explosion der Polizei meldete, konnten sie nach Angaben der Polizei Beute machen und mit einem Fahrzeug die Flucht ergreifen. Wie Polizeisprecherin Sarah Siedschlag berichtet, wurde einer der Geldautomaten in der Sparkassenfiliale an der Elverdisser Straße um 3.38 Uhr am Montagmorgen zur Explosion gebracht. Noch während der Zeuge mit der Leitstelle telefonierte und mehrere Verdächtige an den Automaten meldete, hörten die Beamten die Detonation. Sparkasse schließt SB-Bereiche nachts Die zumeist überregional agierenden Täter füllten bisher ein explosives Gasgemisch in den Innenraum der Geldautomaten und zündeten dieses dann aus der Entfernung. Mit der technischen Verbesserung der Bankautomaten sind viele Täter inzwischen dazu übergegangen, sogar Sprengstoff einzusetzen. Das sei so gefährlich, dass das Landeskriminalamt eine dringende Warnung an die Geldinstitute herausgab. Die Sparkasse Bielefeld schloss daraufhin im Juni 15 Selbstbedienungsstandorte vorsorglich für die Nachtstunden, weil unmittelbar darüber Wohnungen liegen. "Das haben wir zum Schutz unserer Nachbarn veranlasst", sagt Sparkassensprecher Christoph Kaleschke. Erstaunlich: Vergleichsweise geringer Schaden Im Fall des Milser Automaten verlief die Sprengung aus Sicht der Täter erfolgreich, so Siedschlag. "Die Täter konnten den Automaten aufsprengen und Bargeld entwenden." Wie viel, ist noch unbekannt. Auf welche Weise die Täter in Milse die Sprengung verursacht haben, wollte die Bielefelder Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Interessant: Der Schaden beschränkt sich diesmal fast nur auf den eigentlichen Geldautomaten und das unmittelbar daneben stehende Gerät. Fensterscheiben gingen nicht zu Bruch. Trotzdem meldete die Polizei, dass auch Teile des Gebäudes bei der Detonation Schaden nahmen. Bei früheren Automatensprengungen in Bielefeld hatten die Explosionen sehr viel höheren Schaden unter anderem auch am Gebäude verursacht. "Ich war geschockt" Über der Bankfiliale befinden sich mehrere Wohnungen. Die Bewohner wurden mitten in der Nacht durch einen ohrenbetäubenden Knall aus dem Schlaf gerissen. "Das ganze Gebäude wurde erschüttert. Ich war völlig geschockt", sagt eine Ohrenzeugin. "Ich wusste erst gar nicht, was da unten passiert sein könnte." Dann hörten die Zeugen, wie sich die Täter lautstark miteinander unterhielten, während sie sich mit Werkzeug an die Arbeit machten, um in den Trümmern des Gerätes an die Geldbomben mit dem Bargeld zu kommen. Kurz darauf fuhren sie mit quietschenden Reifen und deutlich überhöhter Geschwindigkeit davon. Fahndung nach falschem Fluchtfahrzeug Die schnelle Fahndung der Polizei nach dem Fluchtwagen und ihren Insassen blieb dennoch ohne Erfolg, so Siedschlag. Ein durch Zeugen in den Fokus der Ermittler geratener Wagen stellte sich als falsche Spur heraus. Siedschlag: "Bei der Kontrolle stellte sich heraus, dass das Fahrzeug nicht im Zusammenhang mit der Tat stand." Filiale muss geschlossen werden Wie Christoph Kaleschke, Sprecher der Sparkasse, mitteilte, kann noch keine Auskunft über den entstandenen Schaden gegeben werden. Es sei aber nicht unwahrscheinlich, dass der unmittelbar betroffene Automat einen Totalschaden erlitt. Die Analyse des Schadens am Gebäude habe noch gar nicht begonnen. Sicher ist: Der Selbstbedienungsbereich der Filiale muss bis auf Weiteres geschlossen bleiben. "Aufgrund der Corona-Pandemie hatten wir den Kundenbereich der Filiale ohnehin aktuell nicht geöffnet", erklärt Kaleschke. Die Mitarbeiter, die dennoch an der Elverdisser Straße arbeiteten, wurden umgehend auf andere Filialen verteilt. Das Landeskriminalamt ermittelt gegen Tätergruppen aus den Niederlanden Laut Kaleschke war es der erste Sprengungsversuch bei einer Bielefelder Sparkassenfiliale, der für die Täter zum Erfolg führte. Bisher seien die Täter bei den übrigen Bielefelder Filialen gescheitert. Der moderne Bankraub, der längst nicht mehr mit Pistole am Schalter, sondern mit Gas oder Sprengstoff in der Nacht verübt wird, greift seit Jahren in NRW um sich. Das Landeskriminalamt ermittelt gegen überregionale agierende Tätergruppen, die zu großen Teil aus den Niederlanden operieren. Sie kommen über die Grenze, um in NRW oder den umliegenden Bundesländern Geldautomaten zu sprengen. Nicht selten schlüpfen sie nach rasanter, aber kurzer Flucht ganz in der Nähe in einem Verschlag oder Keller unter. Erst wenn die Luft wieder rein sei, so die Ermittler, trauten sich die Täter wieder ins Freie. Andere Tätergruppen machten sich mit hochmotorisierten Fahrzeugen auf die Flucht und rasten direkt zurück über die Grenze. 2019 wurden 15 Millionen Euro freigesprengt - 27.000 Euro pro Tat Im vergangenen Jahr erbeuteten die verschiedenen Tätergruppen mit dieser Art des Bankraubs 15 Millionen Euro, heißt es vom Bundeskriminalamt. Bei 549 registrierten Vorfällen liegt die Beute pro Tat bei gut 27.000 Euro im Schnitt. In NRW endeten allerdings mindestens 50 Prozent der Taten erfolglos. Immer wieder waren in der Vergangenheit auch Filialen in Bielefeld betroffen. So etwa zwei Commerzbank-Filialen im März 2019 in Sieker und im April 2019 an der Stapenhorststraße. Im August 2018 war eine Filiale der Deutschen Bank in Heepen betroffen. Den jüngsten Versuch, einen Automaten in die Luft zu jagen, brachen die Täter im Bielefelder Süden ab. In allen Fällen war der Sachschaden beträchtlich. Die Zerstörung war so groß, dass eine Sanierung unwirtschaftlich war Die Filiale an der Stapenhorststraße wurde durch die Explosion so stark beschädigt, dass die Commerzbank den Standort inzwischen aufgeben musste. Eine Sanierung des Gebäudes wäre nicht wirtschaftlich gewesen. Die Polizei bittet im aktuellen Fall alle Zeugen um Hinweise zu der Geldautomatensprengung. Hinweise an das Kriminalkommissariat 12 unter Tel. (05 21) 54 50.

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