Corona-Krise zermürbt Bielefelds Azubis

Bielefeld. Die Corona-Krise stellt das Schulleben gerade komplett auf den Kopf. Das NRW-Schulministerium hat bereits einen neuen Zeitplan für die zentralen Abiprüfungen festgelegt. Ende Juni sollen die Abiturienten spätestens ihre Zeugnisse bekommen. Aber was ist eigentlich mit den Azubis, die die Berufskollegs in Bielefeld besuchen? Findet im Sommer ihre Abschlussprüfung statt – und gibt’s danach überhaupt Arbeit für sie? Diese Frage stellen sich derzeit vor allem Azubis im Einzelhandel sowie im Gastronomie- und Hotelgewerbe. "Ohne Prüfung kein Gesellengeld" Mike Nolte, Schulleiter des Carl-Severing-Berufskollegs für Handwerk und Technik und zugleich Sprecher der sechs Bielefelder Berufskollegs, hat gerade eine Menge um die Ohren. Laut Nolte sind die Kollegs wesentlich breiter aufgestellt als die allgemeinbildenden Schulen. &bdquo;Hier machen die Schüler Abi, die Fachoberschulreife, die Fachhochschulreife oder einen Berufsabschluss", sagt er. Gerade für letztere sei die Situation jetzt besonders belastend, denn ohne Prüfung gibt’s auch kein Gesellengeld, sagt er. Aber noch ist nicht klar, ob die Prüfungen überhaupt stattfinden können. Laut Schulministerium NRW finden an den Beruflichen Gymnasien der Berufskollegs für etwa 10.000 Abiturienten zentrale Abiturprüfungen statt. Wegen der Berufsspezifik werden allerdings keine Aufgaben aus dem zentralen Aufgabenpool entnommen. 1.100 Azubis wollen Prüfung machen Aber für die Berufskollegs gelte analog wie für die anderen Schulformen: kein Abitur ohne Prüfung. &bdquo;Die Zeitabläufe für das gesamte Abiturprüfungsverfahren sind jedoch nahezu identisch mit denen des Abiturs an den Gymnasien und Gesamtschulen und werden daher auch verschoben", heißt es aus Düsseldorf. Aber auch die Prüfungsverfahren für 60.000 Schüler in anderen Bildungsgängen der Berufskollegs müssen neu terminiert und vor den Sommerferien noch umgesetzt werden, heißt es. Laut Burkhard Hupe, Ausbildungsberater bei der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), gibt es in der Stadt derzeit 3.116 Auszubildende über alle Ausbildungsjahre, die bei der IHK eingetragen sind. Etwa 1.100 wollen in diesem Sommer eine Abschlussprüfung machen. Die für April und Mai geplanten schriftlichen IHK-Abschlussprüfungen in der betrieblichen Ausbildung werden bundesweit einheitlich in den Sommer 2020 verschoben, erklärt er. Am 16. und 17. Juni sollen die industriell-technischen, am 18. und 19. die schriftlichen Abschlussprüfungen im kaufmännischen Bereich stattfinden. &bdquo;Wir hoffen, dass wir die Prüfungen auch so durchführen können", sagt Hupe. Bis Ende Juni sollen dann auch die praktischen Prüfungen durch sein. &bdquo;Ziel ist es, dass die Prüflinge Ende Juli ihr Ergebnis haben." Aber ob das in diesem Jahr zu schaffen ist? Zur Not müsse man sogar in die erste Ferienwoche mit den Prüfungen gehen, sagt Hupe. Schüler sollen keinen Nachteil haben Etwa 14.500 Schüler besuchen die sechs Bielefelder Berufskollegs, 600 Lehrer unterrichten dort, sagt Schulleiter Mike Nolte. Ob sie alle am 20. April wieder in der Schule sind? &bdquo;Ungewiss", sagt er. Wichtig aber sei ihm und seinen Schulleiter-Kollegen, dass den Schülern kein Nachteil durch die Corona-Krise entsteht. Der Unterrichtszeitraum Mitte März bis Ende Juni schiebe sich im Grunde zusammen auf sechs Wochen. &bdquo;Das ist eine sehr kurze Zeit." Im Prüfungsausschuss sollte man da Augenmaß walten lassen. Einfluss darauf haben Nolte und seine Kollegen nicht. &bdquo;Bei der Kammerprüfung sind wir nicht der Herr des Verfahrens", erklärt er. &bdquo;Wir wollen natürlich, dass die Schüler ihren Abschluss bekommen, aber haben es nicht in der Hand." Nolte kann sich auch vorstellen, die Schüler samstags und sonntags zu prüfen, wenn es anders nicht möglich sei. &bdquo;Wichtig ist, dass sie ihren Abschluss bekommen." Sorge bereite ihm, was mit den Azubis passiert, deren Betriebe die Krise nicht überstehen. Gerade in der Gastronomie stelle sich die Frage, ob die Betriebe überleben. &bdquo;Wir tun alles, um die jungen Leute in Lohn und Brot zu bekommen", sagt er. Die Lehrerkollegen würden derzeit viele Gespräche mit den Schülern führen – und in erster Linie beruhigen. Auch Burkhard Hupe von der IHK ist zuversichtlich. &bdquo;Es geht immer weiter", sagt er. &bdquo;Wir werden individuelle Lösungen für Betroffene finden." Handwerkskammer baut Online-Angebot aus Auch andere fragen sich, wie es für sie weitergeht: Wie diejenigen, die neben ihrem Job noch die Schulbank drücken und sich weiterbilden. Das Berufsbildungszentrum (BBZ) der Handwerkskammer OWL baut gerade sein Online-Angebot massiv aus. Ab dem 14. April werden die Meisterkurse in den Gewerken Elektrotechnik, Anlagenmechanik, Metallbau, Feinwerkmechanik, Friseur, Konditor und Kraftfahrzeugtechnik planmäßig online fortgesetzt, sagt Ulrike Wittenbrink, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Das BBZ arbeite daran, dass weitere Kurse digital an den Start gehen können. &bdquo;Unsere Teilnehmer sind froh, dass der Unterricht in dieser Situation weitergeht", erklärt Jacqueline Harmeth, Leiterin des Fachbereichs Kaufmännische Lehrgänge. Alle Artikel zu Corona in Bielefeld im Überblick

Meistgelesen