Coronavirus: Bielefeld wappnet sich, gründet eine Task Force und streicht Reisen

Bielefeld. Das Coronavirus breitet sich aus. Nicht nur in China. Auch in Deutschland gibt es bereits mehrere Fälle. Darunter das Kind eines infizierten Mannes. Lokale Unternehmen und die Verantwortlichen in der Stadt haben Vorkehrungen getroffen. "Das Gesundheitsamt bekommt seit geraumer Zeit Anrufe von besorgten Ärzten und Reisenden", sagt Daniel Steinmeier, Pressesprecher der Stadt. Doch er kann beruhigen. "Die Krankenhäuser sind gut vorbereitet - und es gibt genügend Isolierbetten. Auch die Rettungsdienste sind informiert." Verdachtsfälle des Coronavirus' würden ähnlich behandelt wie Verdachtsfälle bei anderen Infektionen. Dennoch sei eine "Task Force" aus Hygienekontrolleuren und Ärzten gebildet worden. Diese treffe sich täglich. "Wir rechnen mit Einzelfällen" Im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) bereiten sich die Verantwortlichen seit einer Woche auf mögliche Corona-Fälle vor. Christiane Scherer ist die zuständige Hygienikerin im EvKB und koordiniert die Abläufe. "Wir rechnen mit Einzelfällen. Das Ziel ist, Verdachtsfälle zu identifizieren. Sollte sich bestätigen, dass ein Patient mit grippeähnlichen Symptomen in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet war oder Kontakt mit Corona-Patienten hatte, benachrichtigen wir das Gesundheitsamt." Der Patient werde dann mit Mundschutz und Schutzvisier versorgt und in einem Isolierzimmer untergebracht. Das unterscheide sich kaum von einem normalen Krankenzimmer, müsse aber über eine Schleuse betreten werden. "Dort bleibt der Patient, bis nachgewiesen werden konnte, dass er nicht infiziert ist." Proben werden an die Berliner Charité geschickt. Notaufnahme, Labor und Intensivstation im EvKB sind bereits über die Abläufe informiert, sagt Scherer. Diese orientieren sich an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Eine Schwierigkeit stelle die gerade beginnende Grippewelle dar. Denn Influenza und Coronavirus verursachen anfangs vergleichbare Symptome. "Im Falle des Coronavirus' sind dies vor allem Husten und Fieber", sagt Scherer. Beim Coronavirus könne dann aber eine schwere Lungenentzündung folgen. "Solche Märkte sind wie genetische Schnellkochtöpfe" Zur Einordnung: Laut Steinmeier seien in der Stadt vergangenes Jahr 418 Influenza-Fälle verzeichnet worden. Keiner davon sei tödlich verlaufen. Aus Sorge vor Corona wurde im städtischen Klinikum Mitte sogar eine Arbeitsgruppe gebildet, die von dem Ärztlichen Direktor Wolfgang Schmidt-Barzynski geleitet wird. Mit dabei sind die Leitungen der Abteilungen Pflege, Labor, Hygiene, Notaufnahme und Pneumologie. Auch ein Spezialist für Viruserkrankungen gehört zum Team. "Darüber hinaus wurde eine Station vorbereitet, die bei einem Anstieg von Krankheitsfällen als Isolierstation dienen kann", sagt Schmidt-Barzynski. Dort könnten acht Betten für Corona-Patienten vorgehalten werden. Bislang seien nur die ohnehin vorhandenen Isolierzimmer an den drei Standorten in Mitte, an der Rosenhöhe und in Halle vorgesehen. Derzeit sind im Klinikum Mitte 37 Patienten wegen anderer Erkrankungen isoliert. Das neue Coronavirus hat sich mutmaßlich auf einem chinesischen Tiermarkt in der Provinz Hubei entwickelt. "Das Genom - der genetische Bauplan des Virus' - ist entschlüsselt. Demnach handelt es sich vermutlich um eine Mischung aus Fledermaus- und Schlangen-Coronaviren", sagt Scherer. "Solche Märkte sind wie genetische Schnellkochtöpfe - die Tiere in ihren Käfigen können sich gegenseitig anstecken", so die Medizinerin. Verhalten wie bei Grippewellen Und weiter: "Hinzu kommt der enge Kontakt mit den Menschen; Coronaviren sind sehr wandlungsfähig und können sich vermischen." So habe schließlich eine Variante entstehen können, die auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Der Virus sei bereits ansteckend, bevor sich die ersten Symptome zeigen. Doch Scherer betont: "Das Infektionsgeschehen spielt sich vor allem in China ab. In Deutschland sollten sich die Menschen zunächst verhalten, wie es bei einer normalen Grippewelle üblich ist." Regelmäßiges Händewaschen und das Niesen in die Armbeuge anstatt in die Hand gehörten dazu. Anke Richter-Scheer, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, empfiehlt außerdem, bei Grippeanzeichen zu Hause zu bleiben und per Telefon das weitere Vorgehen mit dem Hausarzt zu besprechen. "Wir haben alle Reisen von und nach China eingestellt" Neben den Gesundheitseinrichtungen haben auch lokale Unternehmen auf die Corona-Epidemie in China reagiert. "Wir haben alle Reisen von und nach China eingestellt", sagt Thomas Lauritzen, Pressesprecher von Schüco. Ausnahmen müssten von Chef Andreas Engelhardt genehmigt werden. In China beschäftigt Schüco 180 Mitarbeiter, die über das ganze Land verteilt sind. Einige der Mitarbeiter befinden sich auch in der Provinz Hubei. "Von unseren Mitarbeitern in China ist aber niemand infiziert." Wegen der chinesischen Neujahrsfeiern seien alle zu Hause. "Darüber sind wir sehr froh." Schüco versorge seine Mitarbeiter vor Ort mit Mundschutz-Masken. "Kein riesiges Thema" ist die Corona-Epidemie für Kompressorenhersteller Boge, sagt Sprecherin Ina Rockmann. Etwa 50 in Produktion und Vertrieb tätige Mitarbeiter seien in Shanghai eingesetzt. Damit befinden sie sich in einiger Entfernung von Hubei und seinem Zentrum Wuhan. "Derzeit sind keine Reisen von oder nach China geplant. Wegen der Flugstreichungen ist eine Reise nach China ohnehin schwierig." Davon abgesehen sei das aus ihrer Sicht auch "fahrlässig".

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