Coming home for Christmas: Geschichten vom Bielefelder Hauptbahnhof

Bielefeld. Das Publikum im Hauptbahnhof ist am Montagvormittag wie ausgewechselt. Das bevorstehende Weihnachtsfest scheint die meisten Reisenden zu entschleunigen. Statt in letzter Sekunde, mit Aktentasche, Butterbrot und Kaffeebecher bewaffnet, noch den Zug Richtung Arbeitsstätte zu erwischen, stehen die Menschen schon lange vor Abfahrt ihres Zugs geduldig auf dem Bahnsteig. Dick bepackte Rucksäcke, Tragetaschen, Koffer mit Aufklebern aus aller Welt – mit viel Gepäck geht es Richtung Weihnachtsfest. Und nicht immer werden die Verwandten in der Ferne besucht. Die wohl weiteste Reise geht nach Südafrika Die wohl weiteste Reise an diesem Vormittag hat vermutlich der 17-jährige Maksimilian Pöschel vor sich. Es geht nach Südafrika, genauer gesagt nach Jeffreys Bay, einem Küstenort nahe der Stadt Port Elizabeth. Vor der Küste von Jeffreys Bay befindet sich einer der besten Surfgebiete der Welt. &bdquo;Mich erwartet der Sommer und Weihnachten am Strand", schwärmt der Schüler des Oberstufenkollegs. Im Rahmen eines Schüleraustausches wird er für einen Monat in Südafrika bleiben, nicht nur bei seiner Gastfamilie relaxen, sondern auch noch ein Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei machen. Seine Eltern und Geschwister, Katarina und Filip, verabschieden ihn jetzt auf Bahnsteig 4. Einerseits sind sie ein wenig traurig, dass die Familien zum Weihnachtsfest nicht komplett ist. Andererseits könnten sie sich ebenso gut vorstellen, Weihnachten am Strand und bei sommerlichen Temperaturen verbringen zu können. Mit dem Flieger geht es für Maksimilian von Düsseldorf über Dubai, Johannesburg und Port Elizabeth ans Ziel. Fast 24 Stunden wird er für die Reise brauchen, pünktlich zum Heiligabend will er Südafrika erreichen. Überpünktlich erreicht der ICE aus Berlin den Bielefelder Hauptbahnhof. Der 17-jährige Schüler verschwindet im Gewusel des proppenvollen Fernzugs Richtung Ruhrgebiet. "Schön, mal die Beine unter einem gedeckten Essenstisch auszustrecken" Wolfgang und Angelika Dittmers warten gemeinsam mit ihrem Vierbeiner Ole auf den IC nach Berlin. Zum Fest wollen sie zuhause keinerlei Strapazen und Stress auf sich nehmen. &bdquo;Wir wollen mal von Luft holen und uns von der Arbeit entspannen. In Berlin wartet unser Sohn und unsere Enkel. Schön, mal die Beine unter einem gedeckten Essenstisch auszustrecken", erzählt Angelika Dittmers. Einen Wermuthstropfen gibt es trotzdem. Die Weihnachtsgeschenke hatte das Ehepaar, um sie nicht schleppen zu müssen, mit der Post vorgeschickt. Das Paket ist bis heute nicht in Berlin angekommen. Es scheint verloren gegangen zu sein. Für Sebastian, 41 Jahre alt, ist es Tradition, zum Weihnachtsfest seine Eltern und seinen Bruder in Bielefeld zu besuchen. Sehr früh hat er am Morgen den Zug von Berlin in Richtung Teuto bestiegen. &bdquo;Es ist immer schön, für ein paar Tage die hektische Hauptstadt Berlin zu verlassen und seine Ruhe in Bielefeld mit seiner schönen Wäldern zu finden", erzählt Sebastian. Er kann es nicht erwarten, die selbst gebackenen Plätzchen seiner Mutter zu kosten. Was es als Festessen gebe, könne er nur raten. Sein Vater liebe Gänsebraten, und vermutlich würde es darauf hinauslaufen. Tradition für Sebastian ist es schon, ohne Geschenke zu Hause aufzulaufen. Ihm gehe der ganze Geschenkewahnsinn auf den Wecker. Obwohl abgemacht, dass keiner dem anderen etwas schenke, würde sich nicht alle an die Absprache halten. Nicht jeder hat eine große Reise vor sich Ganz anders sieht es da bei Dirk Paul Stephan und seiner Frau Anja aus. Mit einem Riesenpaket stehen sie auf dem Bahnsteig 2 und warten auf den Zug der sie Richtung Hannover und dann weiter in den Norden von Hamburg bringt. Ihre Eltern sind Mitte 80, nicht mehr so ganz mobil. Sie haben sich zum Weihnachtsfest einen Drucker für ihren Computer gewünscht. Die Schlepperei nimmt er gerne in Kauf, weiß er doch, dass er seinen Eltern damit eine große Freude macht. &bdquo;Zum Ausgleich gibt es an Heiligabend Rouladen mit Rotkohl und Klößen", ruft der brave Sohn noch aus dem IC 2255 Richtung Hannover. Nicht jeder, der an diesem Tag auf den Bahnsteigen des Hauptbahnhofs zu finden ist, hat eine große Reise vor sich. Cedric Lange kommt aus Münster und steigt in Bielefeld Richtung Dörentrup im Kreis Lippe um. Die Eltern des 26-Jährigen leben getrennt. Am Heiligabend kocht er gemeinsam mit seiner Mutter Rinderfilet, am Sonntag geht es zum Vater. Für ihn hat er als Weihnachtsgeschenk einen Gutschein für einen Brauereibesuch besorgt. Es trifft sich die gesamte Familie Eva Eppert, 18 Jahre, ist auf dem Weg zu ihren Großeltern in Münster. Dort trifft sich die gesamte Familie. &bdquo;Es ist zu schön, gemeinsam das Weihnachtsfest zu feiern. Höhepunkt ist immer das gemeinsame Singen unter dem Weihnachtsbaum", erzählt die Jurastudentin. Und dabei funkeln ihre Augen wie kleine Weihnachtssterne.

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