Christina Kampmann kann sich weiter vorstellen, einmal SPD-Chefin zu werden

Bielefeld. Als Christina Kampmann Hunderte rote Briefumschläge in ihrem Arm hält und vor 95 Kisten mit 300.000 SPD-Umschlägen steht, sind zwei Gedanken naheliegend: Symbole einer Niederlage im Kampf um den SPD-Parteivorsitz – oder Symbole eines Achtungserfolges. Danach gefragt, muss die 39-Jährige kurz nachdenken; beides stimmt für sie. &bdquo;Am Tag der Entscheidung war ich dann doch erst enttäuscht.“ Denn: Wenn zwei Spitzen-Duos in die Kampfabstimmung gehen und der Drittplatzierte ausscheidet, &bdquo;dann fühlt sich Platz drei so an wie sonst Platz zwei“. Das sei schon &bdquo;ein bisschen ärgerlich gewesen“. Parteichefin? Es war möglich Denn Kampmann ahnt, dass Platz zwei in der ersten Abstimmung für sie und Michael Roth nach der Kampfabstimmung durchaus Platz eins hätte bedeuten können. Denn auch sie wird eher dem linken Flügel zugerechnet, so, wie das am Ende siegreiche Duo Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans. Und die waren vor der Kampfabstimmung mit Olaf Scholz/Klara Geywitz zweitplatziert gewesen. Rechnerisch ist es dann so, dass Kampmann letztlich die knapp 5 Prozent Rückstand auf Esken/Walter-Borjans gefehlt haben dürften zum Parteivorsitz. Etwa 10.000 Stimmen von gut 200.000 aus der ersten Wahl. Mehr nicht. &bdquo;SPD-Parteivorsitzende – das wäre mich so ziemlich das Größte gewesen, was ich mir in meinem Leben vorstellen hätte können“, sagt Kampmann. "Sehr spannend" Sie, frühere NRW-Familienministerin und nun Landtagsabgeordnete, ist aber auf der anderen Seite stolz auf das Erreichte; und auf das Erlebte. Von 23 Regionalkonferenzen mit oft bis zu 1.000 Gästen absolvierte sie 21, zweimal war sie krank. &bdquo;Das war eine unheimlich aufregende Zeit, sehr spannend.“ Richtig sei gewesen, gleich als erstes Duo in den Ring der Kandidatur zu steigen, &bdquo;wir mussten uns ja bekannt machen, anders als es bei Scholz zum Beispiel war“. Und ihr habe eben auch die &bdquo;Juso-Struktur im Hintergrund“ gefehlt; wie auch die Unterstützung aus der Bielefelder Heimat, was kein Geheimnis ist. Jüngere angezogen Viel Rückenwind habe sie dennoch erfahren: "Vor allem Menschen mit Behinderung haben sich oft an uns gewandt; und auch sehr viele Jüngere“. Das habe ihr immer wieder Mut gemacht. Zwischenzeitlich galt sie gar als Geheimfavoritin. Sehr erfüllend sei gewesen, sich immer wieder neu überlegen zu können und zu müssen, was die SPD ausmacht, wo sie hin gehöre, welche Ideen das Land und die SPD voranbringen könnten. Die Regionalkonferenzen waren quasi ein permanentes Neu-Erfinden und Bestätigen der Sozialdemokratie. &bdquo;Wie werden wir wieder die linke Volkspartei?“; das habe sie umgetrieben und immer wieder nach vorne in den Ring der Konferenzen getragen, so Kampmann. Das Format, wie die SPD ihre Vorsitzenden gefunden hat, findet sie nach den gemachten Erfahrungen gut. Keine Nabelschau &bdquo;Das hat mich ab der ersten Runde begeistert - und es hat gut funktioniert.“ Nie habe sie den Prozess als Nabelschau oder reine Selbstbeschäftigung der SPD mit sich als Partei empfunden. Denn: &bdquo;Die Arbeit wurde ja fortgesetzt, was jetzt auf dem Parteitag beschlossen worden ist, wurde ja lange im Vorfeld erarbeitet.“ Kampmann: &bdquo;Wir wollen für die Menschen da draußen gute Politik machen, 13 Prozent wie zurzeit sind der SPD nicht würdig“. Nun hoffe sie, dass auch das Scholz-Geywitz-Lager sich hinter die Linie der neuen Parteiführung stelle, denn eines brauche die SPD nun mal länger nicht mehr: Ständige Wechsel an der Spitze. "Chance geben" Das sagt sie auch mit Blick &bdquo;auf den nicht gerade leichten Start unserer neuen Vorsitzenden“. Kampmann: &bdquo;Ich würde mir sehr wünschen, dass den Neuen eine Chance gegeben wird.“ Der jetzt thematisierte mögliche Skandal Eskens müsse möglichst schnell aufgeklärt werden, &bdquo;wenn es denn überhaupt etwas Rechtswidriges gibt – aber es gibt da ja auch schon Gegendarstellungen“. Sie findet wichtig, dass jetzt endlich wieder Ruhe einkehrt in die Debatte um SPD-Parteivorsitzende. Und die stünden nun ja fest. &bdquo;Aber die Unterstützung hat uns beiden gezeigt, dass wir professionell unterwegs waren und in der richtigen Richtung“, sagt sie. &bdquo;Jetzt aber hat die SPD erst einmal genug Parteivorsitzende in sehr kurzer Zeit gehabt.“ Sie schließt jedoch für sich nicht aus, auch in Zukunft Verantwortung zu übernehmen. Ohne Angst Angst habe sie nie davor gehabt, Parteivorsitzende zu werden. &bdquo;Wäre ich gewählt worden, hätte ich mich vorbehaltlos gefreut.“ Es wäre eine große Aufgabe gewesen, vor der sie Respekt gehabt hätte, aber keinen Zweifel, es nicht zu schaffen. Und vor Häme oder Spott, was der SPD ja zurzeit an der einen oder anderen Stelle entgegenschlägt, habe sie nie Angst gehabt. Mut mache ihr, dass die Jüngeren sie stützten. So in Kamen, wo ein 13-Jähriger zur ihr und Roth sagte: &bdquo;Ich bin noch nicht in der SPD, überlege aber einzutreten – und das würde ich für Leute wie Sie beide machen.“

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