Fahrgeschäft Gladiator: Wenn Bielefeld mit 90km/h an einem vorbeifliegt

Bielefeld. 20 Euro haben wir für den Kirmestest im Portemonnaie – was bekommen Besucher dafür wohl geboten? Vier Fahrgeschäfte stehen auf unserem Programm. Das Ziel: möglichst viel Action. Im ersten Karussell fahren noch beide Volontäre mit – trotz Höhenangst von Testerin Larissa. Eiseskälte in 42 Metern Höhe Wieso bin ich hier bloß eingestiegen?, frage ich mich und blicke zu Niklas hinüber. 43 Meter über dem Boden, eiskalter Wind fegt durch die Haare. Ich suche weitere Sicherungen außer der Stange oberhalb der Taille – vergeblich. Es bleibt das permanente Gefühl, gleich aus dem Sitz zu fallen. Die Hände krallen sich an den Metallketten des &bdquo;Sky Dance"-Karussels fest. Niklas neben mir wirkt deutlich entspannter. Je länger wir Runden drehen, desto mehr gewöhne ich mich an das Freiheitsgefühl in schwindelerregender Höhe. Allmählich ist es möglich, die Aussicht zu genießen. &bdquo;Guck mal, die Schrebergärten dort", rufe ich meinem Volontärskollegen zu. Schachbrettartig sind die Parzellen gegenüber der Radrennbahn angeordnet. Der Blick wandert in die Ferne. Parks, kleine Waldstücke, Wiesen: Im Osten ist Bielefeld eine sehr grüne Stadt. Nach ein paar Minuten fährt das Kettenkarussell wieder am Metallgerüst herunter. So schlimm war es nun doch nicht, aber eine Wiederholung für weitere fünf Euro bräuchte ich als Höhenphobikerin nicht. Bielefeld steht Kopf &bdquo;Gladiator" – der zweite Höhepunkt der Herbstkirmes hat einen martialischen Namen. 62 Meter ragen die beiden Arme des Fahrgeschäfts wie eine Windmühle in die Luft. 90 km/h Spitzengeschwindigkeit. Larissa ist trotz größter Überredungsversuche raus, mit gehörigem Respekt nehme ich alleine in der Sitzschale Platz. Der Ventilator springt an, das Loopingkarussell setzt sich in Bewegung. Erst langsam, dann immer schneller. Wie in einer Schaukel schwankt die Gondel in ihrer Aufhängung, am höchsten Punkt überschlägt sie sich. Bielefeld steht Kopf. Dann dreht sich die Gondel auch noch um die eigene Achse. Ich verliere die Orientierung. Blauer Himmel, grüne Bäume, weiße Kirmeswagen. All das taucht im Blickfeld auf und verschwindet sofort wieder. Der Wind bläst ins Gesicht. Ich habe Angst, dass mir die Kontaktlinsen aus den Augen fliegen. Pures Adrenalin fließt durch die Adern. Nach gefühlt nur wenigen Sekunden Fahrt ist alles schon vorbei. Die Gondel bremst ab, kommt zum Stehen. Ich wanke zum Ausgang und habe ein Grinsen im Gesicht. Sieben Euro Eintritt ist viel Geld für nur wenige Minuten, es hat sich trotzdem gelohnt. Larissa hat sich für das Geld gebrannte Mandeln geholt und möchte nun unbedingt in die Raupe. Der Klassiker &bdquo;Und die nächste Runde geht vorwärts" – der typische Kirmes-Klang, vermischt mit Soundeffekten und Chartsongs, ist vom &bdquo;Music Shop" zu hören. Sofort werden Erinnerungen wach, zumindest bei mir. Niklas ist dagegen kein Raupe-Fan. Ich erinnere mich an den steilen Gang zu den Wagen, auf dem ich früher im Winter ausgerutscht bin, die Musikwünsche, die ich vor jeder Fahrt abgegeben habe. Beim Einsteigen ist wieder genau das gleiche Kribbeln da wie damals mit 18 Jahren. Los geht die Fahrt. Erst etwas langsamer, dann schneller und dann: Vollgas. In die Ecke gequetscht singe ich die Lieder, die im Hintergrund gespielt werden, eifrig mit. Hört bei der Geschwindigkeit ja niemand. Niklas, ein Wagen hinter mir, sieht es augenscheinlich anders: Ein angestrengtes Grinsen im Gesicht, er klammert sich an die Stange fest. Die 3,50 Euro hätte er anders investiert. Eine rasante Fahrt Ob das wohl blaue Flecken gibt? Bei jeder Kurve im &bdquo;X-Racer" werden Larissa und ich nach rechts oder links in die Ecken gepresst. Ein Glück, dass die Sitze gut gepolstert sind. Sieht die Achterbahn von außen unspektakulär aus, so ganz ohne Loopings, hat sie es doch in sich. Nun kreischen wir gemeinsam um die Wette, die Fahrt für fünf Euro ist kurzweilig. Schnell sind so die 20 Euro ausgegeben, dafür gab’s aber auch eine ordentliche Portion Adrenalin und eine Menge Spaß.

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