Verkehrschaos nach Unfall: Bielefelder Lkw-Fahrerin schrottet Brücke und flüchtet

Bielefeld/Kaufungen. Als die Polizei in Kassel von dem Unfall berichtete, machten sie der Fahrerin des Sattelzugs keinen Vorwurf wegen des folgenreichen Dilemmas mit der Brücke. Ganz im Gegenteil. Die Beamten attestierten ihr im Bericht sofort, dass auf der Seite, auf der die 63-jährige Lkw-Fahrerin aus Bielefeld die enge Unterführung passieren wollte, kein Warnschild hing. Auf der anderen Seite schon. Und dort steht, dass die Unterführung maximal eine Durchfahrtshöhe von 3,70 Meter erlaube. Der Container auf dem Auflieger aber war höher. Es kam zum folgenschweren Unfall, der zum Verkehrschaos führte. Für die anschließende Flucht der Truckerin zeigten die Einsatzkräfte jedoch kein Verständnis. Doch der Reihe nach: Am vergangenen Donnerstag geschah der Frau das Malheur auf ihrer Fahrt zur A 7 bei Kassel. Aus der Richtung der kleinen Nachbargemeinde Kaufungen kommend, wollte sie laut Polizeibericht unter einer Straßenbahnbrücke hindurch und dann weiter auf eine große Ausfallstraße, die zur Autobahn führte. Zwar markierten Schilder mit weißen und roten Baken am Beton die enge Einfahrt der Unterführung, doch mangels eines Schildes fehlte eben der konkrete Hinweis auf die maximal zulässige Höhe. Fahrerflucht mit 40-Tonner Augenzeugen zufolge lenkte die Frau ihren Sattelzug in die Unterführung - und blieb dann stecken. Die Wucht der Kollision kann nicht ganz unerheblich gewesen sein, denn laut Polizei bog und schob der Laster die tragende Stahlkonstruktion aus Fundament und Verankerung. Das Kiesbett über dem Fahrzeug muss mächtig geknirscht haben, denn die Schienen sind an der Stelle um 30 Zentimeter verbogen. Die dicke Beule könnte eine Straßenbahn leicht aus der Bahn werfen, zum Glück für alle Beteiligten kam gerade keine. Nach der Fahrt in die Sackgasse habe die Truckerin dann ihren Sattelzug wieder aus der Klemme hinausmanövriert und sei dann einfach davon gefahren. Passanten meldeten den Crash der Polizei, die den Schaden an der Straßenbahn-Brücke begutachtete und sofort reagierte: Für die auf der Strecke verkehrenden Bahnen erließen die Beamten ein Fahrverbot, ebenso für den Verkehr darunter - und die Truckerin schrieben sie zur Fahndung aus. Über den Namen der Spedition gelangte die Polizei an die Daten der Lkw-Fahrerin und machten sich auf die Suche nach ihr. Die währte nur kurz, denn bereits an einer Raststätte an der A 7 bei Kassel traf die Besatzung einer Autobahnstreife auf die wartende Flüchtige. Ihre Fracht, ein Container auf dem Auflieger, wies eindeutige Spuren der Karambolage auf, wie die Polizei mitteilte. Kleiner Container-Schaden verursacht Verkehrs-Chaos Als Folge ihrer Unfallflucht musste die Frau sofort ihren Führerschein abgeben. Die Dellen an dem Container taxierten die Beamten in ihrem Bericht auf rund 5.000 Euro – das Beseitigen der Dellen an der Unterführung würde dagegen mindestens das Zwanzigfache kosten, schätzten die Experten nach der ersten Begutachtung. Ein Spezialist mit Lizenz vom Eisenbahn-Bundesamt reiste extra aus Koblenz an und berechnet ebenfalls Statik und Stabilität des Bauwerks. Die Fachleute von Feuerwehr, Polizei, Stadt sowie den Verkehrsbetrieben sammelten sich seit Donnerstag ziemlich regelmäßig an der Unterführung, die über die kleine Straße "Am Haferbach” führt. Denn sowohl die Durchfahrt wie auch die Überfahrt blieben bis auf Weiteres gesperrt - wegen Einsturzgefahr. Das bedeutete für die Anwohner und Pendler aus den betroffenen Gemeinden am Freitag ein ziemliches Verkehrschaos, wie das Online-Portal der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen berichtete. Denn über die beschädigte Brücke verläuft die Trasse der zwischen Kassel im Westen und Hessisch Lichtenau im Osten verkehrende Lossetalbahn nur einspurig – und seit Donnerstag eben gar nicht mehr. Straßenbahnen im Wartemodus Ungefähr auf der Mitte der Strecke liegt der Bahnhof von Kaufungen, vor dem der Unfall passierte. Auf den Schienen rollen die aus Kassel kommenden Straßenbahnen der Linie 4, und mehrere Züge hängen nun auf dem abgeschnittenen Teil-Stück im Osten fest. Während die Fahrzeuge auf ihre mögliche Abholung per Schwerlast-Transporter warten, übernehmen Busse den Schienenersatzverkehr für die 15 Haltestellen auf der rund 36-minütigen Strecke. Ab Montag berechnen die Sachverständigen der Bahn weiter die Höhe des Schadens und kalkulieren Kosten sowie Dauer einer möglichen Reparatur oder kompletten Sanierung, während die Pendler auf ungewisse Zeit weiter auf die Busse warten.

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