Selbstversuch: Unruhige Nacht im Tiny House auf dem Kesselbrink in Bielefeld.

Bielefeld. Es ist Freitagabend, 22 Uhr, als ich mein Übernachtungsquartier auf dem Kesselbrink in Beschlag nehme. Probe schlafen für eine Nacht in einem 25 Quadratmeter großen Haus, der Cabin One – eine echte Herausforderung, ein Abenteuer auf dem Platz, der durch Drogenhandel und Alkoholexzesse in Verruf gekommen ist. Security-Mann Niko soll für meine Sicherheit sorgen und während der nächsten Stunden Wache halten. Dass es eine mehr als unruhige Nacht werden wird, ahne ich da noch nicht. Der Sensor in meiner Hosentasche öffnet wie von Geisterhand die Haustür. Im Tiny House des Berliner Start-up-Unternehmens &bdquo;Cabin Spacey" ist einfach alles verbaut, was man sich an smarter, digitaler Technologie im Bereich Wohnen vorstellen kann. Zwei riesige Fernseher, ein Kaffeevollautomat, Fußbodenheizung, Wasch- und Spülmaschine gehören schon zu den Standards. Fast alles lässt sich per Sprache steuern. 60 Prozent der benötigten Energie generiert die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Im Bad mit Dusche und Fußbodenheizung fehlt es an nichts. Bei aller verbauten Technik ist das Tiny House ein echtes Platzwunder. Alles, was man braucht, ist auf kleinstem Platz untergebracht, ohne dass man sich beengt fühlt. Der Toilettenspiegel ist beheizbar Von einem bequemen Holzsessel schaue ich auf den Kesselbrink. Zehn Minuten später steht ein Fremder vor dem Fenster, starrt in das Innere des Hauses und beginnt zu fotografieren. Nur zwei Knopfdrücke, schon senken sich die Rollos und versperren die Einsicht. Vor dem Schlafen will ich noch schnell das Bad ausprobieren, das sich als Hightech-Installation entpuppt. Richtige Armaturen gibt es nicht mehr. Sensoren erkennen, wann Wasser aus dem glänzenden Hahn an dem großen weißen Waschbecken zu fließen hat. Die Wassertemperatur regele ich mit Sprachanweisungen. Der Toilettenspiegel reagiert auf Berührung, wird hell oder dunkel und ist beheizbar. Security-Mann Niko hat ganz andere Probleme Duschen ist leider nicht drin. &bdquo;Aufgrund der Tanks kannst du dich zwischen zehn Minuten duschen oder der Toilette entscheiden", wurde mir als Tipp mit auf den Weg gegeben. Ich entscheide mich für die Toilette und putze mir ganz ohne Technik die Zähne. Eine kleine Holztreppe führt mich in das Schlafzimmer mit einem riesigen Doppelbett. Direkt in Blickrichtung hängt ein großer Flachbildfernseher. Der &bdquo;Heute Show" kann ich nur bedingt folgen, denn immer wieder klopft jemand an die Scheibe. Trotzdem fühle ich mich wie zu Hause, wenn es nur nicht so warm wäre. Vom Bett aus drücke ich einen Knopf, und schon öffnet sich das Dachfenster. Draußen auf dem Kesselbrink ist es ziemlich laut. Flachbildschirm in Gefahr Security-Mann Niko, der mich in der nach schützen soll, hat im Augenblick ganz andere Probleme. Gerade noch rechtzeitig kann er verhindern, dass Kriminelle einen Flachbildschirm, der draußen vor dem Tiny House angebracht ist, abmontieren und mitnehmen. Kurze Zeit später muss Niko auch die aufgestellten Liegestühle vor dem kleinen Wohnhaus verteidigen. Sie waren in das Blickfeld einiger Männer geraten, die sich dann aber ganz schnell aus dem Staub machen. Immer wieder wird versucht, die volle Blase vor der Hauswand zu entleeren. Gegröle und Sprachassistent Kurz vor Sonnenaufgang zieht es mich zur Toilette. Es geht ein gedämpftes Licht an, das mich nicht völlig aus dem Halbschlaf reißt. Die Treppe wird sanft beleuchtet, im Bad geht die Fußbodenheizung an und die WC-Brille wird angewärmt. Als ich wieder im Bett bin, drücke ich den Schalter erneut, alles wird wieder dunkel. Auf dem Kesselbrink wird gegrölt zu lauter Musik, es finden Trinkgelage statt, die noch andauern, als mich mein Wecker um Punkt acht Uhr aus dem Schlaf reißt. Einem digitalen Sprachassistenten erzähle ich von meinem Wunsch, jetzt einen Kaffee trinken zu wollen. Und nur Minuten später duftet es im Tiny House nach dem Muntermacher. &bdquo;War echt ganz schön was los die Nacht", sagt der Wachmann, als ich mein Haus für eine Nacht verlasse. Das Fazit Sehr schön war’s. Bei aller Skepsis im Voraus hatte ich ein echt angenehme und komfortable Nacht. Ich bin froh, dass ich die Chance genutzt habe. Vieles von dem, was ich in einer Nacht getestet habe, könnte ich mir auch gut im privaten Haushalt vorstellen. Bei aller Euphorie bleibt allerdings ein Wermutstropfen. Auch das Wohnen der Zukunft ist nicht ganz günstig. 100.000 Euro kostet die &bdquo;Cabin One" in der Grundausstattung. Ohne die Technik versteht sich. Wäre ja auch zu schön gewesen. Die Skepsis gegenüber der Technik konnte ich ablegen, als ständiger Wohnort käme der Kesselbrink jedoch definitiv nicht infrage. Zum Thema: Warum ein Tiny House auf dem Kesselbrink steht

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