Durchgefallen wegen Verspätung: Bundesverwaltungsgericht erlaubt Bielefelder Studentin neue Prüfung

Bielefeld/Leipzig. Sie war nur fünf Minuten zu spät zum zweiten Teil der mündlichen Prüfung erschienen. Doch da wurde die Studentin der Uni Bielefeld nicht mehr in den Prüfungssaal des Landgerichts gelassen. Damit fiel sie endgültig durchs erste Jura-Staatsexamen. Vier Jahre später hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig diese Entscheidung gekippt. Demnach darf die Studentin aus Rheda-Wiedenbrück ihre Prüfung jetzt doch noch wiederholen. Auslöser für diesen Fall war damals - am 21. Januar 2015 - ein Missverständnis: Der Wachtmeister des Landgerichts sollte den Prüflingen mitteilen, dass das Rechtsgespräch nach einer Pause um 11.30 Uhr beginnen werde. Doch die Studentin hatte 12.30 Uhr verstanden. Sie kehrte deshalb um 11.50 Uhr zum Prüfungssaal zurück. Aus ihrer Sicht 40 Minuten vor Beginn des Gesprächs. Der Prüfungsvorsitzende hingegen hatte bereits 15 Minuten auf die fehlende Studentin gewartet und um 11.45 Uhr die Tür für die Studentin endgültig zugeschlagen. Die Folge: Die Studentin musste nach zwei misslungenen schriftlichen Prüfungen zuvor ihre juristische Ausbildung nun endgültig aufgeben. Vorschrift für Prüfungsverweigerer, Studentin wollte aber teilnehmen Das Bundesverwaltungsgericht bemängelte am Mittwoch, 27. Februar, dass aus der herangezogenen Landesvorschrift die Folgen für die angehende Juristin nicht erkennbar waren. Und genau das verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Denn die Vorschrift bezieht sich eher auf Studenten, die aus eigenem Entschluss an der Prüfung nicht oder nicht bis zum Ende teilnehmen. "Aber meine Mandantin wollte ja teilnehmen", erklärt ihr Anwalt Jan Hochmann. "Die Vorschrift ist eher für Fälle vorgesehen, bei denen Prüflinge nach einem schlecht empfundenen 1. Teil zum Arzt gehen und sich noch krank schreiben lassen." Die Prüfungsordnung sei für einen Fall wie bei seiner Mandantin nicht eindeutig geregelt, so Hochmann. Außerdem bemängelten die höchsten Richter, dass die Sanktion im konkreten Fall nicht verhältnismäßig - also zu streng - war. Warum wurde nicht nur der versäumte Teil mit 0 Punkten gewertet? Denn die gesamte Pflichtfachprüfung wurde vom Justizprüfungsamt als "nicht bestanden" gewertet. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts erklärten die Auslegung der Prüfungssatzung nun als zu schwer. Es hätte auch in Betracht kommen können, nur den "versäumten Prüfungsteil mit 0 Punkten zu bewerten", heißt es in einer Mitteilung des obersten Verwaltungsgerichts. Hochmann: "So ein Rechtsgespräch besteht aus drei Teilen. Als meine Mandantin zu spät erschien, hätte man den verpassten Teil mit Null Punkten bewerten, ihr aber die Teilnahme an Teil 2 und 3 ermöglichen können." Denn die Teile waren durch Pausen voneinander getrennt. Nach dem Verwaltungsgericht Minden im November 2016 argumentierte im Juni 2017 auch das Oberverwaltungsgericht Münster, dass alle drei Teile als Einheit zu sehen seien. Außerdem habe die Studentin nicht beweisen können, dass man ihr tatsächlich eine falsche Uhrzeit gesagt habe. Deshalb bestätigten die Richter jeweils die Entscheidung des Justizprüfungsamtes und ließen zuletzt auch keine Revision in dem Fall zu. Sie arbeitet inzwischen in einer Behörde - trotzdem will sie Prüfung nachholen Rechtsanwalt Hochmann legte dagegen mit Erfolg eine Nichtzulassungsbeschwerde ein und bekam für seine Mandantin nun auch in der Sache endgültig Recht. "Meine Mandantin musste sich in der Zwischenzeit beruflich umorientieren und ist inzwischen in einer Behörde beschäftigt." Trotzdem wolle sie die Chance nutzen und ihre mündliche Prüfung zum 1. Staatsexamen noch einmal absolvieren."

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