Tagesmütter - mehr als nur Ersatz-Mamis

Bielefeld. Kita-Plätze sind heiß begehrt: Aber nicht nur Kitas, auch Tageseltern können sich vor Anfragen kaum retten. Der Bedarf ist da, dementsprechend ist auch die Anzahl der Plätze in den vergangenen Jahren gestiegen. Waren es zum Kita-Jahr 2016/17 noch 820 Plätze bei Bielefelder Tageseltern, werden es zum 1. August laut Sozialdezernent Ingo Nürnberger (SPD) rund 905 sein. Freie Plätze gibt's bei den meisten schon nicht mehr. Der Run auf die begehrten Plätze freut die Tageseltern. Sonja Petrusch-Roebers (38), 1. Vorsitzende von Tamubi, ein Zusammenschluss von Tagesmüttern in Bielefeld, sagt aber auch: "Wir sind kein Notnagel." Sie und ihre Kolleginnen wollen Kinder, deren Eltern sich bewusst für die Betreuung bei Tageseltern entschieden haben. Knapp 200 Tagesmütter und -väter gibt es in Bielefeld - auf Dauer nicht genug. "Wir suchen fieberhaft nach weiteren geeigneten Personen", sagt Barbara Busch-Viet, Teamleiterin Tagesbetreuung beim Jugendamt. "Der Markt ist abgegrast." Eine Tagesmutter alleine darf maximal fünf Kinder betreuen, in einer Großtagespflege mit zwei Tageseltern sind es neun. Petrusch-Roebers betreut zusammen mit ihrer Schwester neun Kinder in der Großtagespflege "Klara und Paul" an der August-Bebel-Straße. Die Tagespflege ist professioneller geworden, sagt sie. Früher, so Petrusch-Roebers, hätten häufig Hausfrauen den Job gemacht, um die Haushaltskasse aufzubessern. "Heute ist es ein Beruf." Ute Borm (51) etwa kümmert sich gemeinsam mit Barbara Wattenberg (53) um neun Kinder in der Tageseinrichtung "Schneckenhäuschen" in Jöllenbeck. Die beiden haben Räume angemietet, sind professionell aufgestellt. "Die meisten Eltern buchen einen 35-Stunden-Platz bei mir", sagt Borm. Sie ist da aber flexibel. Auch, was die Bring- und Abholzeiten betrifft. "Wir stellen uns auf die Eltern ein." Die können ihre Kinder über das Platzvergabe-Portal "Little Bird" anmelden, aber auch den Weg über die von-Laer-Stiftung oder die AWO gehen, die vermitteln. "Viel läuft auch über Mund-zu-Mund-Propaganda", weiß Borm. Sie hat seit 2007 die Pflegeerlaubnis der Stadt. Vorher war sie als Arzthelferin tätig. Wer als Tagesmutter oder -vater arbeiten will, braucht die Erlaubnis vom Jugendamt, sagt Ingo Nürnberger. 300 Stunden müssen die Tagesmütter in Kita und Tagespflege geleistet haben, um überhaupt Kinder betreuen zu dürfen. Und: Sie müssen alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kursus am Kind besuchen. "Die Pflegeperson braucht zusätzlich auch ein polizeiliches Führungszeugnis, aber auch diejenigen, die im Haushalt mit leben, wenn die Kinder in der Wohnung der Tageseltern betreut werden", sagt Barbara Busch-Viet. "Wir wollen nicht, dass die Kinder in Gefahr sind." Einmal im Jahr kommt das Jugendamt vorbei, schaut, ob die Hygienevorschriften eingehalten werden und wie die Tageseltern mit den Kindern umgehen. Ute Borm: "Die Stadt kontrolliert jede Steckdose." Das finden Tagesmütter wie sie aber auch genau richtig. Borm und Wattenberg würden sich sogar wünschen, dass die Kontrollen unangemeldet sind. Denn nur so könnte die Wirklichkeit abgebildet werden. Unangemeldeten Besuch gebe es aber nur dann, wenn Gefahr im Verzug sei, sagt Nürnberger. "Einen Schlendrian könnte man ohnehin nicht innerhalb von ein paar Tagen abstellen, das würde auffallen." Zusätzlich zum Jugendamt kommt entweder die AWO oder die von-Laer-Stiftung. Die Mitarbeiter schreiben anschließend Berichte ans Jugendamt. "Die größte Kontrollinstanz sind aber die Eltern, die genau schauen, wie es in der Einrichtung läuft", sagt Nürnberger.

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