Kein Platz für Rollstuhlfahrer? Gütersloherin kritisiert Tattoo-Messe

Bielefeld/Gütersloh. Rollstuhlfahrer hatten es auf der Tattoo-Convention am vergangenen Wochenende in Bielefeld nicht leicht. Nur wenig Stände in den Räumen der Ravensberger Spinnerei waren barrierefrei zu erreichen. Betroffene kritisieren jetzt den Veranstalter der Messe, "Tattoo Tattaa" aus Koblenz. Der wehrt sich gegen die Vorwürfe - und löscht kurzehand einfach alle kritischen Kommentare in den sozialen Netzwerken. Die Gütersloherin Jacqueline Millin-Tschirner (34) hatte sich im Vorfeld beim Veranstalter informiert, ob es überhaupt möglich sei, die Tattoo-Messe mit dem Rollstuhl zu besuchen. Als Antwort habe sie vom Veranstalter einen "Daumen hoch" erhalten. Zweimal unfreundlich abgewimmelt Vor Ort hätten die Probleme dann allerdings schon an der Kasse begonnen, sagt Millin-Tschirner. Sie sollte sich gemeinsam mit einer Freundin, die auch im Rollstuhl sitzt, an dier Kasse melden, da die beiden Frauen die Karten gewonnen hatten. "Wir standen dann aber erstmal vor der Hürde, überhaupt mt dem Rollstuhl zur Kasse zu kommen. Eine andere Besucherin habe sich bereit erklärt, an der Kasse nachzufragen. Zweimal habe man sie dort "unfreundlich abgewimmelt", sagt Millin-Tschirner und gesagt, der Veranstalter wäre nicht zu sprechen. Mehrmals habe die Besucherin noch nachgefragt, bis man die beiden Rollstuhlfahrerin schließlich durch einen barrierefreien Hintereingang hineingelassen habe. Nur sieben Stände sind barrierefrei Es hieß dann, lediglich zwei bis drei Stände könnten mit dem Rollstuhl nicht erreicht werden. Tatsächlich konnte Millin-Tschirner laut eigenen Aussagen aber nur zu sieben Ständen fahren: "Der Rest war nur über Treppen zu erreichen", sagt sie, "wir waren einfach nur enttäuscht. Zuhause kommentiert die Rollstuhlfahrerin ihren Besuch auf der Facebook-Seite des Veranstalters. Sie schildert ihre Geschichte und schreibt noch dazu: "Entweder vorher darauf hinweisen, dass es nicht Rollstuhl geeignet ist oder eine andere Location." Mit ihrer Kritik bleibt sie nicht allein. Auch andere Nutzer beschweren sich über zu enge Räume und fehlende Barrierefreiheit. "Menschen mit Handicap mussten vor der Tür bleiben", schreibt eine Nutzerin. Rollstuhlfahrerin: "Mein Beitrag wurde gelöscht und ich für weitere Kommentare blockiert" Doch die kritischen Kommentare bleiben nicht lange im Netz. Schon kurz nach Veröffentlichung werden sie entfernt. "Mein Beitrag wurde gelöscht und ich für weitere Kommentare blockiert", beschwert sich Jacqueline Millin-Tschirner. Auf private Nachrichten habe der Veranstalter auch nicht mehr geantwortet. Nutzerin "Gi Ni" pflichtet Millin-Tschirner bei und kommentiert auf Facebook: "Alle Beiträge, die kritisch waren, wurden gelöscht. Frechheit." Der Veranstalter der Tattoo-Messe, "Tattoo Tattaa, weist die Vorwürfe auf Nachfrage der NW zurück. Auf Anfragen von Menschen mit Behinderungen habe man offen kommuniziert, "dass es in der Halle Schwierigkeiten gibt, wir aber bereit sind, gerne vor Ort Menschen, die an einen Rollstuhl gebunden sind, entgegen zu kommen und gegebenfalls da, wo Stufen vorhanden sind, zu helfen." Veranstalter: "Wir sind sehr kritikfähig" Dass Kommentare in sozialen Netzwerken gelöscht würden stimme, aber ausschließlich, wenn es um persönliche Beleidigungen geht. "Wir sind eine sehr offene und junge Community. Wir sind sehr kritikfähig und Verbesserungsvorschläge nehmen wir jederzeit an. Was wir aber nicht wünschenswert finden, sind persönliche Beleidigungen über das soziale Netzwerk", heißt es von "Tattoo Tattaa". Diese Kommentare würden "selbstverständlich gelöscht." Jacqueline Millin-Tschirner kann das nicht verstehen. Sie empfand ihren Kommentar als sachlich und definitiv "nicht unfreundlich" - und schon gar nicht als persönliche Beleidigung. Wenn sie vorher gewusst habe, worauf sie sich einlassen, dann hätte sie sich gar nicht erst auf die "doch auch beschwerliche Anreise" gemacht, sagt die 34-Jährige im Nachhinein.

Meistgelesen