Radfahren macht in Bielefeld einfach zu wenig Spaß

Bielefeld. Im Umfeld der Frankfurter Ausstellung "Fahr Rad!" in Frankfurt am Main gibt es viele Positionsbeschreibungen zum Radverkehr in Deutschland, und damit auch indirekt in Bielefeld. Im zweiten Teil unserer Serie zur Mobilitäts-Ausstellung hier ein Überblick der Meinungen führender Experten: Till Rehwaldt, Präsident des Bundes deutscher Landschaftsarchitekten, wirbt für eine grüne Infrastruktur - und stellt fest: "Eingebettet in derartige Systeme erlangt der Radverkehr eine neue Bedeutung - und mit der durch Elektroantriebe vergrößerten Reichweite sind auch entferntere Freiräume nutzbar; ein Argument für den Ausbau der Stadt-Umland-Verbindungen." Zu dieser gehörten auch Rastplätze, Toiletten, Stromtankstellen. Rehwaldt: "Genauso zielstrebig und beharrlich, wie wir über Jahrzehnte das Straßennetz entwickelt haben, müssen wir nun den Ausbau der Grünen Infrastruktur vorantreiben." In Bielefeld könnte diese These auf die Vision des Schnellradwegenetzes zwischen Herford, Bielefeld und Gütersloh angewandt werden. »Pilot- und Referenzstrecken sind wichtig « Dazu passt, was Städtebau-Professor (Bauhaus-Universität Weimar) Steffen de Rudder erkannt hat: "Pilot- und Referenzstrecken sind wichtig, weil die Praxis des Radfahrens das wahrscheinlich stärkste Argument für die Abkehr von der automobilen Stadt darstellt." Also: Der Einstieg ins Radeln muss gut sein, um das Radfahren als ernsthafte Alternative verankern zu können. "Für das Auto spricht vor allem das Gefühl, dem ist mit klimatologischer und städtebaulicher Vernunft nicht beizukommen - deshalb spielt die Erlebnisqualität des Radfahrens in der Stadt eine herausragende Rolle." De Rudder: "Als Strategie empfiehlt sich die Idee des Pilotprojekts, das auf einer Achse in der Stadt musterhaft vorführt, wie Fahrradfahren funktionieren kann." Eine neue Fahrradinfrastruktur müsse "aus sich selbst heraus" die besten Argumente liefern - werde eine Planung vor allem als "das Beschneiden persönlicher Freiheiten" erlebt, habe sie keine Chance. Bedient werden müsse, was Befragte bei Studien immer wieder herausstellten: Es werde Rad gefahren, weil es schnell und einfach sei. Mit demselben Aufwand, mit dem Städte für das Autofahren ertüchtigt worden seien, müssten sie nun fürs Rad und den ÖPNV ertüchtigt werden. "Die Einführung von multimodaler Mobilität ist ohne einen Abschied vom alten System der automobilen Stadt nicht zu haben." Straßen und Trassen müssten umgebaut werden, Gewohnheiten und Rituale verändert werden. Fakt sei: Das Auto verbrauche immense Flächen, aber durch den steten Zuzug in Städte werde der Raum immer knapper. In verdichteten Städten sei das Fahrrad wesentlich effizienter, was den beanspruchten Raum und parallel die Verkehrsleitung angehe. Daran würden auch mehr E-Autos nichts ändern. Auch Ludger Koopmann aus dem Bundesvorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) sieht das Rad als Schlüssel der Verkehrswende. Zudem könne es den Autofahrern helfen. Klingt absurd? Koopmann: "Radfahrer sind die Einzigen, die Autofahrverbote in den Städten verhindern können." Locke der Radverkehr - sicher und attraktiv - Menschen vom Auto aufs Rad, profitiere der verbleibende Autoverkehr von besserer Luft und weniger Fahrverboten. Da laut Studien 60 Prozent der Menschen interessiert am Radeln sind, aber auch besorgt seien, führe der einzige Weg zu mehr Radfahrern über die Sicherheit. Also: abgetrennte Radspuren. »Straßenprofile als evolutionäre Rahmen entwickeln« Stadtplaner Kees Christia-anse, der als Professor an der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) lehrt, erlebt in Städten mit ausgeprägtem Radwegenetz einen Wandel: "Seit der Einführung des E-Bikes stelle ich eine auffällige Zunahme von Radfahrern und Älteren auf E-Bikes fest, sie sind Vorboten einer echten Veränderung im Mobilitätsverhalten." Aber: "Ich sage voraus, dass man E-Bikes in Zukunft zwingen wird, auf der Straße oder auf separaten E-Bike-Wegen zu fahren." Daraus folgert Christiaanse: "Wir müssen Straßenprofile als evolutionäre Rahmen entwickeln." Sie müssten anpassbar sein an die Veränderungen, die kommen würden - aber auch funktionieren in einer längeren Zeit, "in der alte und neue Verkehrsmittel auf den Straßen miteinander auskommen müssen".

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